Umweltstreit

U-Boot-Transport nach Speyer ohne offizielle Genehmigung der Stadt

Am Tag der Abfahrt des ausgemusterten Marine-U-Bootes in Kiel gibt es offene Fragen und der Spediteur nennt den Grund, warum der Stahlkoloss überhaupt nach Speyer muss. Das hat mit der Deutschen Bahn zu tun

Von 
Stephan Alfter
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Die Speyerer Umweltdezernentin Irmgard Münch-Weinmann vor der Auwaldfläche, die mit ihrer Zustimmung für die U-Boot-Landung kahlgeschlagen wurde. © Klaus Venus

Speyer. Es ist die vorletzte Reise des Unterseeboots U-17, die an diesem Freitag in Kiel beginnt und die am 17. Mai dort endet, wo normalerweise die Rheinhäuser Fähre ihre Passagiere an Bord nimmt, um sie ans badische Ufer zu bringen. Das 500 Tonnen schwere Gerät aus Stahl, um das es in den vergangenen Wochen vor allem in der Domstadt so viele Diskussionen gibt, war in der Zeit des Kalten Krieges seit 1973 in den Weltmeeren unterwegs. Dass es selbst in demilitarisiertem Zustand zu einem Kleinkrieg in Speyer Anlass geben würde, davon war zunächst nicht unbedingt auszugehen. Dann jedoch wurden Ende Februar Bäume geschlagen.

Am Mittwoch kam es nun im Naturhafen zu einem emotionalen Schlagabtausch zwischen den Kontrahenten, der tiefe persönliche Verletzungen sichtbar werden ließ. Versuche, sachlich zu bleiben, misslangen öfter. Hier die Umweltdezernentin Irmgard Münch-Weinmann (Die Grünen) und das Technik Museum, dort Waldrebell Volker Ziesling und die Fraktion der Grünen im Stadtrat. Grün gegen Grün. Im Mittelpunkt die Frage, ob es rechtlich einwandfrei und darüber hinaus überhaupt notwendig war, 0,8 Hektar Auwaldfläche per Kleinkahlschlag zu vernichten, um das U-Boot nach seinem Transport ab Rotterdam über den Rhein nach Speyer zu bringen - und später nach Sinsheim.

Mich schmerzt jeder Baum, der verschwindet
Irmgard Münch-Weinmann Speyerer Umweltdezernentin (Grüne)

Nein, sagen einige Mitglieder des Naturschutzbeirats und Umweltausschusses, die am Mittwochabend vor Ort waren. Die Grünen-Fraktion hat sogar Strafanzeige bei der Kriminaldirektion Ludwigshafen gegen Unbekannt gestellt - wegen „Gefährdung schutzbedürftiger Gebiete“. Das Anlanden des U-Boots sei vom Umweltamt gestattet worden, ohne alle Belange des Natur- und Artenschutzes einer ausführlichen Prüfung unterzogen zu haben. Das Ziel der Gegner, das insbesondere Ziesling als Mitglied des Umweltausschusses immer wieder formulierte: Ein Anlanden des U-Boots muss verhindert werden.

Kahlschläge gab es öfter

Fakt ist auch, dass die nun kahle Fläche in den vergangenen 20 Jahren mehrmals freigeräumt wurde - immer dann, wenn wahlweise eine Boing 747, ein Space Shuttle oder ein Seenotkreuzer über den Rhein Richtung Speyerer Technik Museum gebracht wurden. Manchmal säumten Tausende Schaulustige den Weg. Anschließend wurde versucht, die Fläche wieder der Natur zurückzugeben.

Die U-Boot-Etappen

  • 28. April: Verladung in Kiel
  • 2. Mai: Ankunft in Dordrecht
  • 11. Mai: Nijmegen
  • 12. Mai: Duisburg
  • 13. Mai: Köln
  • 14 Mai: Lahnstein
  • 15. Mai: Mainz
  • 16. Mai: Mannheim
  • 17. Mai: Naturhafen Speyer
  • 21. Mai: Straßentransport ins Technik Museum Speyer

Die Umweltdezernentin ging jetzt nach wochenlanger Zurückhaltung am Mittwoch in die Offensive. „Mich schmerzt jeder Baum, der verschwindet“, sagte sie vor etwa 30 Interessierten. Aber: Ihre Aufgabe als Vertreterin der Stadtverwaltung sei es auch, Interessen aus der Bevölkerung gegeneinander abzuwägen. Der vermeintliche Schaden sei geringer, als er von Ziesling und Co. aufgebauscht werde, so der Tenor. Die Fläche sei auch nicht gerodet worden, wie es in der Anzeige formuliert sei, sondern hier liege ein Kleinkahlschlag vor. Davor habe eine Sichtkontrolle der Lebensstätten von Vögeln und Fledermäusen stattgefunden, verteidigte sich die Umweltdezernentin. Dass das Technik Museum ein Anziehungspunkt für die Stadt sei und hier auch Gewerbesteuer zahle, vergaß sie nicht zu erwähnen.

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Ihre Gegenspieler sind davon überzeugt, dass Münch-Weinmann im FFH-Schutzgebiet vor dem Kleinkahlschlag im Februar eine Vor- und im Anschluss eine Verträglichkeitsprüfung hätte anstrengen müssen. Stattdessen ist die Bewuchsbeseitigung fix vor Beginn der Vegetationsperiode vorgenommen worden, und erst anschließend wird nun ein Gutachten inklusive Vorprüfung verfasst, das bisher nicht vorliegt. Fakt ist ebenfalls, dass es bisher keine offizielle Genehmigung für ein Anlanden des U-Boots gibt. Das Technik Museum ist als Auftraggeber des Gutachtens aber offenbar sicher, dass die Genehmigung durch die Stadt rechtzeitig erteilt wird.

Problem in Bad Rappenau

Heinz Rößler, Chef der Spedition, die den Transport organisiert, sagte gegenüber dieser Redaktion: „Die Genehmigung wurde uns von der Stadt in Aussicht gestellt.“

Wäre es eigentlich nicht möglich gewesen, ohne Zwischenstopp nach Sinsheim zu kommen? Auch diese Frage ging am Mittwoch an Heinz Rößler, der einer der größten Spediteure Deutschlands ist und gleichzeitig im Vorstand des Fördervereins Technik Museums sitzt. Er sagte, dass das Anlanden in Speyer neben der Tatsache, dass das U-Boot gedreht werden müsse, vor allem notwendig ist, um Genehmigungsprozesse bei der Bahn auszusitzen, die einen Übergang bei Bad Rappenau in der Nähe von Sinsheim betreffen. 36 Wochen dauert das. Bei Bahnschienen lässt man sich mit Genehmigungen also deutlich mehr Zeit als im Auwald.

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

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