Speyer. Der Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann hat sich für eine Abschaffung des Pflichtzölibats als Bedingung für den Priesterberuf ausgesprochen. „Ich plädiere dafür, den Pflichtzölibat als Bedingung für den Priesterberuf aufzuheben“, sagte der 65-Jährige in einem Interview mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Seiner Ansicht nach sollten künftig also katholische Priester auch dann ihr Amt weiter ausüben können, wenn sie verheiratet sind. „Der Zölibat sollte nicht absolut an die Ausübung des Priesterberufes gekoppelt sein. Ich könnte mir vorstellen, dass einige Ortskirchen, also zum Beispiel die Kirche in Deutschland, einen solchen Weg gehen könnten“, erklärte er. Bereits vor fünf Jahren hatte der Bischof im Interview mit dieser Redaktion erklärt, dass er sich eine erweiterte Regelung für den Zölibat vorstellen könne. „Ich halte beides für möglich, das Priestertum mit und ohne Zölibat“, sagte er damals.
Diesen Vorschlag macht Wiesemann zur Anpassung des Zölibats
Laut Wiesemann müsse die „ausschließliche Verbindung von Priesteramt und Zölibat aufgehoben“ werden, wie er nun gegenüber der KNA bekräftigt. „Damit könnte die Freiwilligkeit der Wahl dieses Lebensstandes und seine geistliche und existenzielle Aussage wieder an Glaubwürdigkeit und Gesellschaft gewinnen.“ Mit Blick auf die „große geistliche Tradition der Orden“ könne die katholische Kirche womöglich lernen, zunächst zeitliche Gelübde abzulegen. Ein ewiges Gelübde könne dann „nach einer gewissen Reifezeit im Leben mit der neuen Wirklichkeit“ erfolgen. „Wir erleben ja, dass die Probleme im priesterlichen Leben häufig erst nach fünf bis zehn Jahren einsetzen“, sagte er.
Wiesemann, seit 2007 Speyerer Bischof, hofft, dass „die Enttabuisierung der ganzen Problematik“ und die Ermöglichung einer definitiven Entscheidung nach einem gewissen Zeitraum die „Zeugniskraft des Zölibats deutlich erhöhen“ könnten.
Diesen Grund führt der Speyerer Bischof für seine Forderung an
Als Hauptgrund für seine Forderung führt der 65-Jährige, der am 10. Oktober sein 40. Priesterjubiläum feiert, im Interview mit der KNA an, dass die Kirche „viele sehr gute Leute“ verliere, die den Zölibat nicht leben können oder wollen. „Und wir verlieren ebenso viele gute Leute, die sich wegen des Zölibats erst gar nicht für den Priesterberuf entscheiden.“
Den Zölibat als solchen stellt Wiesemann indes nicht in Frage. „Wir brauchen weiterhin den Zölibat als wichtige geistliche Lebensform, in der die priesterliche Gesamthingabe in diesem Dienstamt verdeutlicht und verwirklicht wird“, so der Bischof. „Dies bleibt ein wichtiger geistlicher Lebensentwurf für Ordensleute wie für Weltpriester.“
Der Zölibat ist ein historisch gewachsenes Kirchengesetz, das die Ehelosigkeit und sexuelle Enthaltsamkeit für katholische Geistliche verlangt. In den vergangenen Jahren ist auch unter Kirchenleuten eine zunehmende Diskussion über die Abschaffung des Pflichtzölibats entbrannt.
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