Speyer. Julian Egeland (35) ist in Speyer geboren und aufgewachsen, hat am Purrmann-Gymnasium Abitur gemacht und in Mainz und Köln Sportwissenschaften studiert. Letztendlich „der Liebe wegen“ hat es ihn nach Köln verschlagen, wo er schon einige Jahre als Sportpädagoge tätig ist. Als bekennender Altstadtfest-Fan hat er das zweite Septemberwochenende fest in seinem Kalender verankert. Es führt ihn alljährlich nach Speyer zurück, denn dieses Wochenende hat nach wie vor große Anziehungskraft für viele, die nicht mehr in der Domstadt leben, aber immer noch ein großes Herz für den Hasenpfuhl haben.
Sie nehmen die Altstadtsause zum Anlass, ihre Familien in Speyer zu besuchen, gewachsene Freundschaften in der alten Heimat zu pflegen und an zwei Abenden gemeinsam durch die Gassen zu ziehen. Verabredungen und Netzwerke von Altstadtfestfans gibt es quer durch die Republik schon weit im Vorfeld des Festes, sagt Egeland.
Freunde aus Berlin, Köln und anderen deutschen Städten verabreden sich zum gemeinsamen Festbesuch, wobei es ausgewählte Treffpunkte sind, an denen man sich gerne trifft – am Nagelklotz, auf der Sonnenbrücke, im Paradiesgarten oder auch in der Retscherruine, die vom Rockmusikerverein bespielt wird. Er spricht von einer speziellen Verbundenheit zum zweitägigen Fest im Hasenpfuhl.
Erinnerungen bis in die Kindheit
Für ihn ist es das liebste Speyerer Fest noch weit vor dem Brezelfest. Schon als Kind sei er gerne mit seinem Vater, der damals in der Margarethengasse wohnte, über das Altstadtfest gestreift. Der Papa könne heute noch viele Anekdoten aus den ersten Jahren erzählen, als noch fast alle Türen offenstanden und man gemeinsam ein großes Nachbarschaftsfest aus der Taufe hob.
Egelands Rundgang beginnt am Freitagabend im Domgarten-Café, das erst vergangene Woche mit neuen Pächtern an den Start ging und –passend zum Altstadtfestwochenende – eine Bier- und Schorle-Bar in Betrieb genommen hat. Der Gast aus Köln hat versprochen, dort Freunden zum Beginn des Festes beim Ausschank zu helfen.
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Nebenan, beim Altstadtrock auf der Domwiese, erstmals vom Team des Flaming Star und den Motorradfreunden organisiert, wird auf der Bühne vor dem Heidentürmchen schon kräftig abgerockt. Ex-Genesis- und Stilskinsänger Ray Wilson begeistert hier als Topact eine riesige Besuchermenge. Bei sommerlichen Temperaturen strömen unter blauem Himmel kontinuierlich Festbesucher in den Veranstaltungsbereich. Der Fahrradparkplatz im unteren Bereich der Maximilianstraße wird intensiv genutzt und auf dem Festplatz ist kaum noch ein Plätzchen für die Karossen zu finden.
Während Stadtchefin Stefanie Seiler um 19 Uhr den traditionellen Fassbieranstich auf dem Fischmarkt zelebriert, ist Julian Egeland schon unterwegs zur Sonnenbrücke zu seiner zweiten Station. Sein Hauptziel an diesem Abend ist der Nagelklotz, dort hat er sich gleich mehrfach mit Freunden verabredet und genießt das angebotene Musikprogramm. Die „Uplifters & the Block Ice Horn Section“ sorgen schon am frühen Abend mit Reggae und Ska-Musik für ausgelassene Stimmung an der Ecke Widdergasse/Hasenpfuhlstraße. Dort trifft er unverhofft einen alten Basketballfreund, der ursprünglich aus Serbien stammt. Die Wiedersehensfreude ist groß und man verabredet sich für den Sonntag, um gemeinsam die Fernsehübertragung des Basketball-Weltmeisterschafts-Finales zwischen Deutschland und Serbien zu erleben.
Gegen 21 Uhr wird es eng in den Speyerer Altstadtgassen. Zu vorgerückter Stunde wird es Zeit für eine Runde über das Altstadtfest. Am Nagelklotz, auf der Sonnenbrücke und im Paradiesgarten ist kaum noch ein Durchkommen. Beim Bauverein der Dreifaltigkeitskirchengemeinde gibt es ein attraktives Musikprogramm mit neuem Bewirtungsteam vom Hockeyclub. Das dichte Gedränge im Garten unterscheidet sich kaum von den Vorgängerjahren. Auch der Rockmusikerverein hat in diesem Jahr wieder live in die Retscherruine eingeladen. Zu den „alten Hasen“ im Veranstaltungsbereich, die seit dem Gründungsjahr 1976 dabei sind, zählen der Fanfarenzug Rot-Weiß Speyer, der Ski-Club Speyer und das Speyerer Altstadthaus.
Natürlich sieht auch der Gast aus Köln, dass sich das Fest über die Jahre verändert hat, dass eine Kommerzialisierung stattgefunden hat, den Anbietern neue Sicherheitskonzepte zu schaffen machen und sich viele Anwohner zurückgezogen haben. Der Charme der frühen Jahre mit zahlreichen geöffneten Höfen und Wohnzimmern ist unwiederbringlich verloren. Das ist kaum zu übersehen.
Es gibt noch charmante Winkel
Aber wenn man genau hinschaut, dann gibt es sie noch, die charmanten Ecken und Winkel des Festes, zum Beispiel im Margarethengässchen, wo ein bekannter Speyerer auf einer Hauseingangstreppe sitzt, eine Schnapsflasche und ein kleines Tischchen mit einer Spülwanne vor sich aufgebaut hat, um dort einen zünftigen Birnenschnaps auszuschenken. Die Früchte dafür hat er im Odenwald zusammengetragen. Ein Freund in Osterburken besitze ein kleines Obstgrundstück, dessen Erträge er zu diesem Birnenschnaps brennen lasse. Wohl bekomms! Das Wässerchen fließt seinen Kunden samtig weich durch die Kehle.
Nach einer etwas längeren Ruhephase stürzt sich Julian Egeland auch am Samstag in den Altstadtfest-Trubel. Vorgenommen hat er sich für den zweiten „Einsatzabend“ den Hof des Klosters St. Magdalena. Dort standen gegen 20 Uhr unter dem Motto „Nie waren sie so wertvoll wie heute“ die „Jimi Hering Klosterfrau Melissengeist Experience“ auf der Bühne.
Zu vorgerückter Stunde muss es die „Schobbe-Tankstell uff de Sunnebrück“ sein, die in diesem Jahr ihr zehnjähriges Jubiläum feierte. Dort hat er auch in den zurückliegenden Jahren am letzten Schorle-Glas des Festes genippt. Wichtig aber ist dem Sportpädagogen aus Köln auch hier, gute alte Freunde zu treffen und das besondere Flair des Festes in sich aufzunehmen. Das sei auch in diesem Jahr eine tolle Erfahrung für ihn gewesen.
Gefragt, ob er auch 2024 wieder zum Altstadtfest nach Speyer kommen werde, antwortet Egeland ohne Umschweife: „Man weiß ja nie, was passiert“, aber das zweite Wochenende im September habe er auch im nächsten Jahr schon wieder fest in seinem Kalender vermerkt.
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