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Orgelspaziergang in Speyer: Zukunft für die Königin der Instrumente

Beim 12. Orgelspaziergang wurden 7000 Euro gespendet. Die Veranstaltung zeigt die Wertschätzung für Orgeln, aber auch die Notwendigkeit, historische Instrumente zu erhalten.

Von 
Uwe Rauschelbach
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Speyer. So viel ist bei einem Orgelspaziergang bislang noch nie eingenommen worden: 7000 Euro wurden bei der bislang 12. Auflage dieser beliebten Veranstaltung an diesem Sonntag gespendet. Damit wurde in den vergangenen Jahren ein Erlös von insgesamt 42 000 Euro erzielt. Der Großteil geht mit 37 000 Euro an die Gemeinde der Dreifaltigkeitskirche, die für den Neubau ihrer Orgel 1,2 Millionen Euro aufwenden und noch eine Finanzierungslücke von 300 000 Euro füllen muss.

In fünf Speyerer Kirchen wurde beim Orgelspaziergang insgesamt fast vier Stunden lang Programm geboten. Hunderte von Besuchern pilgerten dabei durch die Innenstadt, was zeigt: Um die Zukunft der Orgel muss man sich offensichtlich keine Sorgen machen. Und doch ist diese beliebte Veranstaltung auch Ausdruck einer Notlage, die sich immer mehr zuspitzt. Denn mit den zurückgehenden Kirchensteuern in Folge der anhaltenden Austritte schwindet die Chance, historische Instrumente erhalten zu können.

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Uwe Rauschelbach
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Einer der Aktivposten des Orgelspaziergangs, Kirchenmusikdirektor Robert Sattelberger, wies die Besucherinnen und Besucher der protestantischen Gedächtniskirche auf die Renovierungsbedürftigkeit der großen Kleuker-Orgel hin. Und auch in der Nachbarschaft, der katholischen Kirche St. Joseph, ist die „Königin der Instrumente“ in die Jahre gekommen, ohne dass konkrete Pläne bekannt sind, wie die wertvolle Wilbrand-Orgel auch in den kommenden Jahrzehnten ihren königlichen Dienst wird versehen können. Aufnahmebereite Ohren scheint es hierfür, auch dies hat der Orgelspaziergang dieses Jahr wieder dokumentiert, durchaus zu geben.

Scherpf-Orgel in Friedenskirche St. Bernhard ist restauriert

Tatsächlich unterstrich Organist Elmar Werel vor allem mit spätromantischen Werken Guilmants und Widors sowie mit Viernes Fantasie über das Westminster-Geläut, dass die Orgel in St. Joseph zu jenen Instrumenten zu zählen ist, die auf keinen Fall aufgegeben werden sollten. Unterdessen ist mit der Scherpf-Orgel in der katholischen Friedenskirche St. Bernhard mit Hilfe des Erlöses aus dem letztjährigen Orgelspaziergangs ein Instrument renoviert worden, das an diesem Sonntag seinen Zuhörerinnen und Zuhörern dank des feinsinnigen Spiels Christoph Keggenhoffs eine enorme Klangvielfalt entbot und dank seiner aparten Disposition an Bläser- und Zungenstimmen besonders dem Genre der französischen Barockmusik zusprach.

Überhaupt ließ sich auch für diesen Orgelspaziergang eine enorme Bandbreite an Spielweisen und Gattungen feststellen, die das kaum zu erschöpfende Repertoire der Orgelmusik charakterisieren. Die Programme der jeweils 45 Minuten währenden Konzerte richteten sich zudem nicht einseitig an ein Fachpublikum, sondern boten auch Unterhaltsames. Beispielsweise Bachs berühmte Toccata mit Fuge in d-Moll, die Robert Sattelberger und Domorganist Markus Eichenlaub in ökumenischer Eintracht an den beiden Domorgeln in wechselnden Einsätzen präsentierten.

Ein spektakuläres Ereignis war auch die Interpretation von Saint-Saëns’ „Bacchanale“ in einer Bearbeitung für Orgel zu vier Händen, die von beiden Organisten an der Kleuker-Orgel der Gedächtniskirche mit großem Spielwitz bedacht wurde. Und selbst in der Dreifaltigkeitskirche, deren barocker Prospekt nach dem Ausbau der alten Orgel leer steht, ließ sich Orgelmusik vernehmen: Sopranistin Eva Landmesser wurde mit lyrischen und einfühlsam vorgetragenen Liedern von Monteverdi, Dvorák oder Purcell von Willem Balk an der Truhenorgel begleitet, auf der er obendrein stil- und spielsicher Stücke von Froberger und Mozart erklingen ließ.

Kein Grund also, vom bisherigen Konzept abzuweichen. Und doch gibt es Überlegungen, aus dem Orgelspaziergang eine Orgelwanderung zu machen und auch andere Speyerer Kirchen mit ihren Instrumenten einzubeziehen. Hunderte Interessierte können nicht irren: Die Königin der Instrumente verdient eine aussichtsreiche Zukunft.

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