Technik Museum

Nadelöhr in Speyer: Wie das U-Boot am Morgen die erste Etappe schaffte

Der letzte Teil der Reise eines ausrangierten U-Boots der Bundesmarine hat begonnen. Wieder sind Hunderte Schaulustige dabei. Welche harten Prüfungen stehen jetzt noch an?

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S. Alfter, W. Jung (dpa)
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Die Engstelle zwischen Heinkelstraße und Industriestraße wenige hundert Meter vom Technik Museum entfernt, ist gemeistert. © Stephan Alfter

Speyer. Als die Spitze des früheren Marine U-Boots am Sonntagmorgen um kurz nach halb zehn Uhr Richtung Speyerer Dom zeigt, da hat Frieder Saam den härtesten Job des Tages bereits hinter sich. Von jetzt an muss der Fahrer des Lkw, der das 350 Tonnen schwere Stahlgerät zieht, fast nur noch geradeaus fahren, um den Ozeanriesen dahin zu bringen, wo er ursprünglich hingehört - zum Wasser. In diesem Falle zum Rhein.

Links der Chef-Spediteur, rechts der Cheflogistiker und Lkw-Künstler: Heinz Rößler und Frieder Saam im Gespräch während des Transports. © Stephan Alfter

Das Publikumsinteresse ist heute deutlich geringer als vor 13 Monaten, als U17 fast schon eine Triumphfahrt von der Nordsee bis nach Speyer auf dem Rhein hinter sich hatte und mitunter Tausende winkende Menschen am Ufer standen. An diesem Morgen nach dem kühlenden Fußballgewitter sind trotzdem Dutzende Interessierte bei einsetzendem Nieselregen in der Speyerer Industriestraße unterwegs. Da, wo der neuralgische Punkt dieser ersten von mehr als 25 Schlussetappen ist, da lassen sich die besten Bild- und Video Aufnahmen machen, weil die Dimensionen so schön klar werden. Hier ein Wohnhaus - und 30 Zentimeter weiter ein U-Boot, das schon dem einen oder anderen Pottwal begegnet sein dürfte. Am 28. Juli soll die Reise in Sinsheim enden. Bis dahin steht noch einiges auf dem Programm.

Wieder verfolgen Hunderte Menschen U-Boot am Straßenrand

Die Logenplätze haben die Frühstücksgäste der hier ansässigen Filiale von Bäckerei Görtz unverhofft ergattert. Zum Rührei gibt es heute Live-Unterhaltung aus der Abteilung Tauchgeräte. Michael Einkörn, der Mann der das Projekt U-Boot-Transport beim Technik Museum an vorderster Stelle leitet, lächelt zufrieden. Ein paar Minuten liegt Transport-Chef Frieder Saam in seinem Lkw hinter dem Zeitplan. Der Mann hat auch schon das Überschallflugzeug Concorde nach Sinsheim navigiert. Der erste Versuch, das 50 Meter lange Gerät aus der Heinkelstraße in die Industriestraße zu schaukeln, misslingt. Er hat das Lenkrad zu früh eingeschlagen und muss weiter ausholen. 30 individuell verstellbare Achsen hinten am langen Auflieger erleichtern das Unterfangen

Technik Museum (mit Karte der Route)

Schlussfahrt nach Sinsheim: U17 macht sich auf den Weg

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Michaela Roßner
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„Fair winds!“, ruft ein U-Boot-Enthusiast am Straßenrand einen Seemannsgruß und schießt Bild um Bild. Dass wieder Hunderte Menschen entlang der Strecke stehen, wundert das frühere U17-Besatzungsmitglied Lars Templin nicht. „Der Transport wird sich so nicht wiederholen“, sagt der Hauptbootsmann. Templin ist Vorsitzender der aus ehemaligen Besatzungsmitgliedern bestehenden Kameradschaft U17, die sich um das rotbraune Boot als Exponat kümmern wird. „Für uns Ehemalige ist es ein schönes Gefühl, dass unser altes Boot ins Museum kommt und wir dort Führungen anbieten können. Dann können Menschen sehen, wie man an Bord lebt.“ „Das U-Boot hatte schon immer einen mystischen Ruf, war immer etwas Geheimnisvolles“, meint auch Ex-Fregattenkapitän Jürgen Weber, der den Transport begleitet. Weber ist eines der Gesichter des Projekts. Kritik, man bejubele ein Kriegsgerät, lässt er nur mit Einschränkung gelten. „Dieses Boot ist eins von 24, das der Bundesrepublik eine lange Friedensphase beschert hat. Verteidigung plus Entspannung gleich Sicherheit war eine Devise, die zu unserer Zeit galt“, erklärt er. „Wir hatten im Kalten Krieg keine Feinde, aber sehr wohl Gegner. Und mit denen waren wir auf Augenhöhe.“
Ein Leierkastenmann läuft unterdessen vor dem Transport her und spielt den Seefahrtsevergreen „La Paloma“.

Jubelstürme für ein Kriegsgerät? Ex-Kapitän widerspricht

Die Liste der Herausforderungen auf der finalen Etappe ist lang. In Heidelberg passiert der Transport eines der Wahrzeichen der Neckarstadt - die Alte Brücke. Um unter das historische Bauwerk zu passen, muss der stählerne Riese auf dem Ponton um etwa 73 Grad gekippt werden. Erstmals werde ein U-Boot so zur Seite gelegt, sagt Michael Einkörn. Mehrfach hat man das in den vergangenen Monaten auf dem Gelände des Technik Museums in Speyer geübt. Nun muss es auch auf dem Wasser gelingen. Ganz billig ist das Unterfangen U-Boot-Transport bisher übrigens nicht. Hatte Museumspräsident Hermann Layher im Frühjahr 2023 gegenüber dieser Redaktion in einem Interview noch von etwa einer Million Euro gesprochen, so sind es am Ende eher zwei Millionen Euro, die in der Bilanz als Kostenpunkt auftauchen. Der Löwenanteil werde aus Spenden finanziert, sagt Layher am Rande des Transports am Sonntag. Er begleitet das Geschehen standesgemäß in einem historischen Fahrzeug. Als U17 am Sonntag bereits um kurz nach 11 Uhr im Speyerer Auwald ankommt, ist man mehr als im Zeitplan. Alle sind zufrieden. Frieder Saams harte Prüfungen kommen noch - spätestens in Bad Rappenau, wenn es durch den engen Ort geht, ist Fingerspitzengefühl im Lkw gefragt. Am Montag soll U17 auf einen mächtigen Schwimmponton gehievt werden, um Richtung Neckar zu schippern.

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