Speyer. Was die Nutzung des Hohenfeldschen Hauses in der Maximilianstraße 99 anbelangt, gibt es gute und weniger schöne Nachrichten. Während das Ehepaar Hienzsch zum Bedauern zahlreicher Literaturfreunde ihr Antiquariat Marsilius am 4. Juni aus Altersgründen für immer schließt, wurde am Dienstag die Sophie-La-Roche-Stube im Erdgeschoss des historischen Gebäudes nach monatelanger Renovierung feierlich wiedereröffnet.
Der Bedeutung der musealen Stube und ihrer Namensgeberin angemessen, waren gleich mehrere Repräsentanten aus dem politischen und kulturellen Bereich anwesend. Dazu zählten: Ex-Oberbürgermeister Werner Schineller, der die Umnutzung des Gebäudes in ein Literatenhaus, in dem die Dichterin und Schriftstellerin Sophie La-Roche (1730-1807) zeitweise im Obergeschoss wohnte, vor Jahren maßgeblich beeinflusst hatte. Ebenfalls dabei waren Kulturbereichsleiterin Tanja Binder und Dr. Christiane Pfanz-Sponagel, die Chefin des Stadtarchivs. Kulturdezernentin Monika Kabs konnte zudem Dr. Armin Schlechter vom Landesbibliothekszentrum und den Kurator der Ausstellung Dr. Klaus Haag willkommen heißen.
In ihrer Begrüßungsrede sprach Bürgermeisterin Kabs von einem außerordentlichen Kleinod, das nun endlich wieder für die Öffentlichkeit zugänglich sei. Literaturwissenschaftler Klaus Haag hob hervor, dass in einem Buch über die hundert wichtigsten Museen in Rheinland-Pfalz der Besuch der Sophie-La-Roche-Stube besonders empfohlen wird. In einem historischen Rückblick erinnerte Haag an Leben und Wirken der ersten Berufsschriftstellerin Deutschlands, die von 1780 bis 1786 in Speyer lebte, hier Besuch von berühmten Persönlichkeiten wie Friedrich Schiller erhielt und zu deren bekanntesten Schriftstücken ihr viel beachtetes Erstlingswerk „Geschichte des Fräuleins von Sternheim“ gehört. Ein Buch, das Johann Wolfgang von Goethe und Johann Gottfried Herder in den „Frankfurter Gelehrten Anzeigen“ sehr positiv besprachen.
Linke kritisieren städtische Büros im historischen Haus
Die Linksfraktion im Speyerer Stadtrat kritisiert in einer Pressemitteilung die Pläne der Verwaltung, in den durch die Schließung des Antiquariats freiwerdenden Räume im historischen Gebäude Maximilianstraße 99 zu Büroräumen umzuwandeln:
„Das Gebäude ist eines der bedeutendsten Barockgebäude unserer Stadt. Es ist als eines der wenigen Gebäude in Speyer in weiten Teilen im Originalzustand erhalten und damit ein wichtiges kulturhistorisches Zeugnis. Städtebaulich ist es ein wichtiges Bindeglied zwischen Dom und Innenstadt und somit touristisch ein Baustein zur Überwindung der von Verwaltungsnutzung geprägten Zone neben dem Dom. Diese enorm wichtige Bedeutung des Bauwerks wurde bereits in früheren Jahrzehnten erkannt und eine öffentliche Nutzung intensiv angestrebt, die diesem Ort zum Wohle Speyers genügt. Mit unermüdlichem Einsatz wurde dieses Ziel erreicht, indem eine Galerie, ein Antiquariat, eine Buchbinderei und nicht zuletzt das Sophie La-Roche-Stube eingerichtet wurden. Komplettiert durch die Galerie Kulturraum im Obergeschoss kann der Erfolg nicht hoch genug eingeschätzt werden.
Die Linke befürwortet daher entschieden eine Nutzung, die öffentlich zugänglich ist, die historische Substanz beachtet und ein Leuchtpunkt in der Maximilianstraße bleibt. Daher kann die Linke die Absicht der Verwaltung nicht nachvollziehen, dieses Gebäude wieder als Verwaltungsgebäude für die EDV zu nutzen. Dies widerspricht der Intention, Speyers Innenstadt attraktiver zu gestalten.
Deshalb fordern wir Linke die Verwaltung auf, mögliche Nutzungsabsichten als Verwaltungsgebäude aufzugeben und sich der geschichtlichen Verantwortung zu stellen. Es müssen Nutzungsmöglichkeiten gefunden werden, die diesem Gebäude entsprechen. Die Linke setzt sich entschieden dafür ein, in diesem Gebäude keine Verwaltung unterzubringen“, heißt es in einer Presseerklärung.
Ihre publizistischen Aktivitäten steigerte die Schriftstellerin mit der monatlichen Herausgabe ihrer 1783 und 84 veröffentlichten Frauenzeitschrift „Pomona für Teutschlands Töchter“. Die Zeitschrift erfreute sich großer Beliebtheit und selbst Zarin Katharina II. bestellte 500 Exemplare für den russischen Hof.
Da erzählt Sophie-La-Roche in Speyer persönlich
Eine Überraschung der besonderen Art wartete auf die Besucher der Eröffnungsveranstaltung, als dann Sophie-La-Roche „persönlich“ ihre gute Stube betrat. Im historischen Gewand von Veranstaltungsmanagerin Angela Pfenninger gespielt, erfuhren die Zuhörer bei der Inszenierung Details aus der Speyerer Zeit und dem zuvor erfolgten skandalösen „Rausschmiss“ aus Koblenz.
Rhetorisch geschickt informierte die Schauspielerin über Affären, sie ließ das damalige Salonleben Revue passieren und erzählte von Reisen nach Frankreich, Holland und England. „Überall war ich als Autorin und Vorbild für die Frauen anerkannt“, beendete Sophie La-Roche ihren Ausflug in die Vergangenheit.
Die wegweisende Schriftstellerin starb am 18. Februar 1807 in Offenbach, wo sie begraben wurde. Berühmte Nachfahren von ihr sind Clemens Brentano und Bettina von Arnim. In Speyer erinnert neben dem Museum ein Straßenname an sie.
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