ÖPNV

Zwei Tage Unklarheit: Masken-Wirrwarr überm Rhein

Zwischen Ludwigshafen und Mannheim liegt für zwei Tage die Maskengrenze. Die Corona-Regeln enden so uneinheitlich wie sie während der Hochphase der Pandemie teilweise waren. Ein letztes Kopfschütteln

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Stephan Alfter
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S-Bahn-Ausstieg Ludwigshafen Mitte: Hier gilt noch den gesamtem Mittwoch über eine Maskenpflicht. © Stephan Alfter

Mannheim/Ludwigshafen. Mund und Nase müssen plötzlich in Zügen, Straßenbahnen und Bussen bedeckt sein: Als Ende April des Jahres 2020 die Bundesregierung das Tragen von Schutzmasken im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) wegen der Verbreitung des Corona-Virus zur Pflicht macht, da sind in Ermangelung professionellen Materials sogar noch selbstgenähte Tücher, Schals und hochgeschlagene Kragen von Jacken okay.

Drei Jahre ist das jetzt her, dass ein Vlies, das man als Tagesschau-Konsument bis dahin nur in den Straßen Tokios oder Pekings verortet hatte, zum Streitobjekt wurde. Außer über die Echtheit des Turiner Leichentuchs Jesu Christi ist wohl selten in der Weltgeschichte so hart über ein Stück Stoff debattiert worden. Eigentlich ging es seit 2020 aber eher darum, wer die Deutungshoheit über den Freiheitsbegriff hat - die sogenannten Querdenker oder der sogenannte Mainstream?

Neues Bundesland, neue Regel

Seit Dienstag existiert in Mannheimer Trams keine Maskenpflicht mehr. Da sich die Quadratestadt und Ludwigshafen ihre Straßenbahnen jedoch teilen, kommt es zum Ende der Pandemie nun zu ähnlich skurrilen Situationen wie während ihrer Hochphase. Jeweils am Rhein veränderte das Virus damals scheinbar seine Gefahrenstufe. Während etwa im Mannheimer Soccercenter gekickt wurde, herrschte in Ludwigshafen Sportverbot in Turnhallen.

Neue Corona-Verordnung Baden-Württemberg

  • Mit der Änderung der Corona-Verordnung entfällt ab 31. Januar die Maskenpflicht im ÖPNV sowie für Personal in Arztpraxen, psychotherapeutischen Praxen sowie vergleichbaren ambulanten Einrichtungen.
  • Verkehrsminister Winfried Hermann appelliert an die Eigenverantwortung der Menschen. „Wenn sie sich krank oder erkältet fühlen, tragen Sie weiterhin Maske oder bleiben Sie am besten zu Hause.“
  • Die aktuelle Corona-Verordnung hat im Gleichlauf mit der Bundesregierung eine Laufzeit bis zum 7. April.
  • Da, wo nach wie vor eine Maskenpflicht gilt, müssen Menschen FFP2-Masken tragen – in Erstaufnahmeeinrichtungen für Asylbewerber eine medizinische Maske.

In Rheinland-Pfalz und Hessen gilt die Maskenpflicht im ÖPNV noch bis einschließlich Mittwoch. Heißt: Wer heute in Mannheim ohne Maske etwa in die Linie 4 einsteigt, der muss sie rein theoretisch beim Übergang ins andere Bundesland aufziehen. Dasselbe gilt auch für den Zugverkehr. In der Praxis ist den Menschen das weitgehend egal - wie am Dienstagmorgen klar wird. Im pfälzischen Schifferstadt steigt um 9.15 Uhr eine Gruppe von Schülern in die S-Bahn nach Mannheim. Die Teenager tragen erst gar keine Maske. Das erspart ihnen das Absetzen, als sie die über dem Rhein zwischen Ludwigshafen und Mannheim liegende Landesgrenze erreichen.

Komplikationen in Straßenbahnen

Andere VRN-Kunden behalten ihren Mund-Nasen-Schutz auch auf, als der Haltepunkt LU-Mitte hinter ihnen liegt. Ein 66-Jähriger Mann, der auf dem Weg nach Hannover ist, sagt: „Ich schütze mich und andere vor Krankheiten.“ Das Bundesland oder die Gesetzessituation seien ihm dabei inzwischen ziemlich egal.

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Ab heute keine Maskenpflicht mehr in Bussen und Bahnen im Südwesten

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dpa/lsw
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„Die Maskenpflicht wurde schon lange aufgehoben - und zwar von den Menschen selbst“, sagt hingegen Kevin. Der 32-Jährige, der nur seinen Vornamen nennen will, ist Straßenbahnfahrer in Diensten der Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (RNV). Er steht abfahrbereit vor dem Hauptbahnhof. Wenn er als Wagenführer auf die Maskenpflicht aufmerksam gemacht habe, sei es zu Komplikationen gekommen. Kollegen sei Gewalt angedroht worden.

Wegfall der Maskenpflicht - für RNV eine Entlastung

Bei der RNV ist man sich der unterschiedlichen gesetzlichen Regelungen, die auch die Linie 5 ins südhessische Viernheim und nach Weinheim betreffen, bewusst. Pressesprecher Moritz Feier sagt: „Das ist natürlich für uns sehr schwierig zu kontrollieren.“ Die RNV setze da auch auf die Mitarbeit der Fahrgäste. Diese kuriose Situation müsse man noch gemeinsam überstehen und Geduld haben. Grundsätzlich - und daraus macht Feier keinen Hehl - sei der Wegfall der Maskenpflicht für das Verkehrsunternehmen zunächst eine gewisse Entlastung. Die Kontrollen seien „anspruchsvoll“ gewesen, weil es einen „gesellschaftlichen Trend“ gegen das Maskentragen in Bussen und Bahnen gegeben habe.

Der 23-jährige Gianluca, der ebenfalls nur seinen Vornamen nennt, findet es sinnvoll, weiterhin mit Maske im ÖPNV unterwegs zu sein. In den ostasiatischen Ländern sei das normal und weniger ideologisch aufgeladen. Wer krank sei, schütze andere vor Ansteckung. Er persönlich sei weniger krank, seit er eine Maske trage, sagt Gianluca. Damit ist aber nicht die Frage nach der Sinnhaftigkeit solch unterschiedlicher Regelungen beantwortet.

„Weniger krank durch Maske“

Christin Bartel kommt gerade aus Stuttgart. Im ICE mit Maske, in der viel engeren Straßenbahn ohne - sie plädiert für eine Einheitlichkeit.

Der rheinland-pfälzische Gesundheitsminister Clemens Hoch antwortet auf Anfrage dieser Redaktion zur Ungleichzeitigkeit der Rücknahme von Corona-Maßnahmen: „Für uns war immer klar, dass die Grundsatzentscheidung des Bundes gilt und Rheinland-Pfalz diese mitträgt, solange sie Gültigkeit behält. Im Gleichklang mit der Entscheidung der Bundesregierung wird Rheinland-Pfalz nun die Maskenpflicht im ÖPNV zum 2. Februar aufheben.“ Die weiteren Schritte erfolgten auch in enger Abstimmung mit dem hessischen Amtskollegen, so Hoch. Beide wollten, dass einheitliche Regeln gelten. Im Sozialministerium in Stuttgart erklärt man die erneute Abweichung damit, dass die aktuelle Corona-Verordnung am Dienstag abgelaufen sei. Daher hätten die Regelungen hier vor dem 2. Februar in Kraft treten müssen.

Dass die Masken nun komplett aus dem Alltag verschwinden, glauben indessen ohnehin nur wenige.

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

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