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Wie eine Katholikin zur Gründerin einer Tantraschule wurde

Regina Heckert aus Hanhofen bei Speyer hat sich der Spiritualität mit Lustgewinn verschrieben und gibt ihre Kenntnisse in Seminaren sowie in einem Buch weiter

Von 
Katja Bauroth
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Regina Heckert lebt ihre Berufung. Ihre Kenntnisse rund um die weibliche Lust und den weiblichen Orgasmus vermittelt sie in Vorträgen und Seminaren sowie in ihrem Buch. © Irmgard Sinnesbichler, www.sinne

Hanhofen / Speyer. Wann haben Sie zuletzt über sexuelle Befriedigung gesprochen oder sich diese gegönnt? Und wie sieht es mit dem Thema Orgasmus aus? Warum tun wir Menschen uns so schwer, über ganz natürliche Bedürfnisse zu reden? Ein bisschen fühle ich mich beim Schreiben der Zeilen an die Figur Carrie Bradshaw erinnert, die in der US-Fernsehserie „Sex and the City“ Anfang der 2000er Jahre regelmäßig eine Zeitungskolumne über derartige und andere zwischenmenschliche Themen schrieb. 

Ich war damals der Partyschreck schlechthin. Ich wollte mit Frauen über deren sexuelle Erfahrungen sprechen, doch sie drehten sich weg.

Sie ist eine wunderbar sympathische, offenherzige Frau mit einer derart ruhigen und vertrauenswürdigen Ausstrahlung, dass man ihr nach kurzer Zeit einfach alles anvertrauen und sämtliche Gedanken mit ihr teilen möchte. Kein Wunder also, dass Regina Heckert seit mehr als drei Jahrzehnten ihrer Berufung nachgeht: Sie leitet die von ihr gegründete und nach ihren Aussagen größte Tantraschule Deutschlands von Hanhofen bei Speyer aus. Und das als erzkatholisch erzogenes Mädel. Gerade hat sie ihr erstes Buch mit dem lustmachenden und vielversprechenden Titel „Frauen im Kommen – der weibliche Weg zu sexuellem Glück“ veröffentlicht.

Größte Tantraschule Deutschlands in Speyer: Plaudern über Lust

Und genau darüber plaudern wir: über die Lust, ein erfüllendes (Sexual-)Leben, den Weg dahin und wie Regina Heckert in ihren Seminaren Frauen sowie Männern dabei hilft. Die studierte Grundschullehrerin gibt dabei ganz persönliche Einblicke, etwa wie sie ihren sicheren Beamtenjob mit 39 Jahren einfach hinter sich ließ, um sich einem spirituellen Lehrer anzuschließen und mit ihm durch die Welt zu reisen. Dafür nahm sie sogar Schulden auf sich.

Hintergrund



Zur Person: Regina Heckert (Jahrgang 1956) leitet seit mehr als 30 Jahren die von ihr gegründete BeFree Tantraschule mit Sitz in Hanhofen bei Speyer. Sie ist spezialisiert auf Forschung, Entwicklung und Verbreitung der wirklichen Lust der Frau und der weiblichen Lustdimension im Mann. Dazu hält sie seit mehr als 35 Jahren bundesweit Vorträge und gibt Seminare. Aufgewachsen ist Regina Heckert in einem damals erzkatholischen Dorf. Als Kind und Jugendliche wurde ihre Sexualität durch Religion und Erziehung bekämpft. Sie absolvierte zuerst ein Studium und eine Ausbildung zur Lehrerin an Grund- und Hauptschulen und wurde Beamtin. Nebenbei beschäftigte sie sich weiter mit dem weiblichen Orgasmus und der weiblichen Lust, um dann mit 39 Jahren als Tantralehrerin neu durchzustarten.

Kontakt: BeFree Tantra, Am Viehtriftweg 17, 67374 Hanhofen/Speyer, Telefon 06344/95 41 60, kontakt@befree-tantra.de, www.befree-tantra.de

Zum Buch: Frauen im Kommen – Der weibliche Weg zu sexuellem Glück, Regina Heckert, Kamphausen Media (ISBN 9783958835993), 248 Seiten (inklusive Test: Bin ich selbstbewusst im Bett?), 22 Euro.

Spiritualität – genau das ist die Basis von Tantra. „Tantra wird in unserer heutigen Gesellschaft oft mit Sex gleichgesetzt und sogar in die Schmuddelecke gesteckt. Dabei ist es etwas viel Umfassenderes“, sagt Regina Heckert und verdeutlicht: „Es umfasst das ganze Leben. Es ist ein Weg, uns in allem, was wir tun, denken und sagen, bewusst zu werden. Es gibt Übungen dazu, dass dies alles mit Bewusstsein passiert.“ Genau hier setzt sie in ihren Seminaren und individuellen Gesprächen in ihrer BeFree-Tantraschule an.

Wann genau hat sie selbst gemerkt, wie sehr sie für dieses prickelnde Thema brennt? „Als noch kleines Mädchen in der Kirche, als die Männer mit ihren kraftvollen Stimmen aus voller Kehle die heiligen Lieder schmetterten. Diese Heiligkeit und Ergriffenheit waren für mich mit prickelnden sexuellen Gefühlen verbunden, die ich so aus Doktorspielchen kannte.“ Doch Kirche und Elternhaus forderten Keuschheit ein. Über die Gefühle und Gedanken zu sprechen, die das damalige Mädchen beschäftigten, war schier unmöglich. „So brach für mich eine Welt zusammen, als ich mit elf Jahren aufgeklärt wurde, wo die Kinder herkommen. Plötzlich war mir klar, dass die Erwachsenen das tun, für das ich – beim bloßen Gedanken daran – heftig bestraft wurde“, sagt Regina Heckert.

Größte Tantraschule Deutschlands in Speyer: erster Geschlechtsverkehr enttäuschte

Sie spricht ganz offen über ihre ersten sexuellen Begegnungen, die sie eher ratlos zurückließen: „Ich kannte Lust und Orgasmus aus der Selbstbefriedigung“, freute sie sich damals als 19-Jährige auf den ersten Geschlechtsverkehr, doch „das schnelle Rein-Raus enttäuschte mich“.

Gerade bei der sexuellen Befriedigung stehen wird Frauen noch ganz am Anfang der Emanzipation.

Sie stellte sich eine Frage, die ihr heute auch immer wieder in Gesprächen mit Frauen begegnet: Was stimmt mit mir nicht? Das versuchte sie erst einmal im Freundeskreis rauszufinden. „Ich war damals der Partyschreck schlechthin. Ich wollte mit Frauen über deren sexuelle Erfahrungen sprechen, doch sie drehten sich weg. Männer waren gesprächsbereiter, aber sie wussten nichts.“

Heute weiß Regina Heckert freilich mehr und ist der festen Überzeugung: „Gerade bei der sexuellen Befriedigung stehen wird Frauen noch ganz am Anfang der Emanzipation.“ Heißt: Wir Frauen müssen verstehen, dass unsere Art der Sexualität und die Bedürfnisse anders sind als die beim Mann. Sie nutzt die Metapher des sexuellen Wettlaufs: „Ein durchschnittlicher Mann braucht zwei bis vier Minuten zum Orgasmus, Frauen 14 bis 20 Minuten. So soll Sex natürlich nicht laufen. Doch die Frau orientiert sich tendenziell am Mann – und da muss sie ja zu kurz kommen. Es folgt ihr Trugschluss: An mir ist was falsch.“ Daher sieht sich Regina Heckert mehr als Anwältin der Frauen, um genau mit diesem Vor- nein: Fehlurteil aufzuräumen. Ihre Botschaft: „Liebe Frauen, wir müssen selbst für uns sorgen.“

Größte Tantraschule Deutschlands in Speyer: körperliche Liebe als Kunst

Als Tantralehrerin sieht die Speyrerin die körperliche Liebe als Kunst. Diese Kunst vermittelt sie jenen, die zu ihr kommen, bei ihr Hilfe suchen oder einfach Inspiration. Das sind Frauen, Männer und Paare jeden Alters. Dem ein oder anderem gibt sie dabei an die Hand, was sie in ihrem Buch niedergeschrieben hat, zum Beispiel, wie Frau die eigenen Bedürfnisse dem Partner vermittelt, aber auch prickelnde Lustmeditationen und entspannende Liebesstellungen („Das kann auch nur miteinander kuscheln und streicheln sein“). Oder den einzig wirkungsvollen Quickie für Frauen. Wer (noch) nicht wissen möchte, was das ist, springt jetzt einfach zum nächsten Absatz. Alle anderen erfahren, dass dieser Quickie mit Meditation zusammenhängt. Und da sind wir wieder beim Ursprünglichen des Tantra: bei sich sein, sich für sich selbst Zeit nehmen, und wenn es nur eine Minute ist.

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Regina Heckert verpackt ihr Tantrawissen humorvoll und praxisorientiert zugleich in Gesprächen und ihren geschrieben Zeilen. Dabei greift sie durchaus auf ihren Erfahrungsschatz zurück, etwa wenn sie im Buch empfiehlt, warum fünf Liebhaber für Singlefrauen besser sind als einer oder keiner. Sie hat zudem zehn Regeln aufgestellt, an was sich Frauen halten sollen, damit ihre sexuellen Erfahrungen toll werden und damit sie nicht in die Falle geraten, nur das zu tun, was der Mann will. „Dazu gehört, nie etwas zu tun, was man nicht will, und wenn ich nicht weiß, was ich will, dann breche ich den Abend ab, auch auf die Gefahr hin, dass der Mann dann weg ist“, setzt Regina Heckert auf emanzipierte Konsequenz. Es sind auch Tipps darunter, wie keinen Alkohol bei einem solchen Date zu trinken oder die Komfortzone zu verlassen.

Was Kieselsteine mit Tantra zu tun haben, wie ein persönliches Rosenkranzprojekt von mit Regina Heckert mit Verflossenen zusammenhängt und welche durchaus bedeutsame Rolle Auberginen bei der Selbstbefriedigung einnehmen können, erfahren die Hörenden in der neuen Folge von Leben.Lieben.Lachen.

Info: Den Podcast Leben.Lieben.Lachen. gibt es bei uns und auf gängigen Streamingplattformen.

Autor Katja Bauroth liebt Begegnungen und Storys - im Lokalen und auf Reisen.

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