Porträt - Der aus Speyer stammende Wolfgang Büchner hat im Journalismus fast alle Positionen gehabt – nun spricht er für die Regierung

Wie der Speyerer Wolfgang Büchner Vize-Sprecher der Regierung wurde

Von 
Stephan Alfter
Lesedauer: 
„Unwiderstehliche Herausforderung“: Vize-Regierungssprecher Wolfgang Büchner hatte am Montag seinen ersten Auftritt in der Bundespressekonferenz. © dpa

Speyer/Berlin. Anne Spiegel (Bundesfamilienministerin, Speyer), Volker Wissing (Verkehrsminister, Landau), Christine Lambrecht (Verteidigungsministerin, Viernheim) - die Metropolregion ist im Berliner Kabinett personell stärker vertreten als jede andere Region in Deutschland. Neu in Regierungskreisen ist mit Wolfgang Büchner ein weiteres Gesicht aus dem Rhein-Neckar-Dreieck. Der 55-jährige Journalist, der 2013 und 2014 „Spiegel“-Chef war, hat die Seiten gewechselt und spricht nun für Kanzler Olaf Scholz und dessen Mannschaft. Doch wer ist dieser gebürtige Speyerer, der sich in der deutschen Medienszene auskennt wie nur wenige andere? FDP-Boss Christian Lindner hat ihn vor dem Wahlkampf in sein Beraterteam geholt und Anfang Dezember schließlich als Vize-Regierungssprecher vorgeschlagen.

Premiere bei den Vogelfreunden

Wolfgang Büchner hat vieles erlebt in der Branche, die spätestens seit Mitte der 90er-Jahre einem sich immer rascher vollziehenden Wandel unterliegt. Es ist der 23. Juli 1984, als er einen seiner ersten Artikel in einer Zeitung veröffentlicht sieht. Sie erschienen in der „Speyerer Tagespost“, einst Tochter des „Mannheimer Morgen“. Büchner ist an diesem Tag genau 18 Jahre alt. Erinnern kann er sich, weil er die Artikel, wie er dem Verfasser vor einigen Jahren mal erzählte, in einigen Leitz-Ordnern aufbewahrt. Zum Sommernachtsfest der Naturschutz- und Vogelfreunde in Hanhofen hatte der damalige Redaktionsleiter Peter Schmidt ihn geschickt. Dass aus dem Neuling einer der Top-Journalisten des vereinigten Deutschland werden sollte, ahnt Schmidt damals natürlich nicht. Ein Begleiter in der Speyerer Zeit am Hans-Purrmann-Gymnasium erinnert vor vielen Monaten an den 18-jährigen Abiturienten Wolfgang Büchner, dessen Vater zunächst als Bäckermeister und später bei der Landesversicherungsanstalt arbeitete. Büchner sei damals schon sehr zielstrebig gewesen. Ein überragender Schüler? Das nicht. Aber einer, der wusste,was erwollte. Ein Eishockey-Fan.

Berufliche Stationen

  • Wolfgang Büchner lernt auf der Katholischen Journalistenschule IFP und studiert Politikwissenschaften in Heidelberg und Hamburg.
  • Nach Stationen bei AP, Reuters und der „Financial Times Deutschland“ kommt er 2001 zu Spiegel Online, 2008 übernimmt er die Leitung.
  • 2010 wird Büchner Chefredakteur bei der dpa. 2013 steigt er zum „Spiegel”-Chef auf, geht aber im Dezember 2014 nach internen Auseinandersetzung über die Ausrichtung der Redaktion und inhaltlichen Differenzen.
  • Beim „Blick“ in Zürich findet er für eineinhalb Jahre eine neue Aufgabe.
  • Von 2017 bis Anfang 2019 wirkt Büchner als Inhalte-Chef von Madsacks Redaktionsnetzwerk Deutschland.
  • Seit einer Woche ist er Vize-Regierungssprecher in Berlin

In Büchners sehr erfolgreicher Zeit als Chefredakteur der Deutschen Presse-Agentur (dpa), die er einmal komplett umkrempelt, nennt man ihn den „Herrn der Nachrichten“. Er offenbart Manager-Fähigkeiten. Dem voraus gehen prägende Jahre bei Spiegel Online, wo er 2001 beginnt und 2008 Chef wird. Seinem Ausscheiden als Chefredakteur des größten deutschen Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ Ende 2014 geht ein medialer Kulturkampf voraus. Das Projekt Spiegel 3.0 lässt sich nach internen Streitigkeiten nicht umsetzen. Danach verlässt er Deutschland beruflich für kurze Zeit und geht zur „Blick-Gruppe“ Ringier in die Schweiz. Anschließend holt ihn Madsack, wo er bis 15. März 2019 für den Content beim Redaktionsnetzwerk Deutschland verantwortlich ist.

Über sich selbst in der Öffentlichkeit zu sprechen - das mochte Büchner schon in den vergangenen Jahren nicht so gerne. Seine politische Heimat hat er inzwischen bei der FDP gefunden. Dazu trugen nicht zuletzt seine beruflichen Begegnungen mit Christian Lindner in den vergangenen Jahren bei. Gegenüber dem „Spiegel“ sagte Büchner, das Angebot von Christian Lindner für das Amt des Vize-Regierungssprechers habe er sehr gerne angenommen. Das Projekt der Ampel, diesen politischen Aufbruch in unserem Land kommunikativ zu begleiten, sei eine unwiderstehliche Herausforderung, so Büchner.

Regelmäßig in Speyer

Nun zwingt ihn seine neue Stellung geradezu, quasi noch einen Schritt aus der eigenen Person herauszutreten: Sein Auftrag ist es, fragenden Journalisten Regierungspositionen eindeutig zu vermitteln. Er spricht jetzt für andere und ist dafür verantwortlich, die Arbeit von Kanzler und Kabinett transparent zu erklären. Er muss dafür sorgen, dass nicht er, sondern andere glänzen. Sein erster Auftritt vor der Bundespressekonferenz am Montag ist von einer gewissen Nervosität geprägt. Er trägt den Sachstand zur Omikron-Variante in der Corona-Politik vor. Er liest vom Papier ab, das er sich zurechtgelegt hat.

Büchner wohnt heute in der Hauptstadt - und zwar mittendrin. Den Weg zum Heimat- und Familienbesuch findet er dennoch regelmäßig. Zwei Kinder aus erster Ehe leben noch in der Domstadt.

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen