Feuerwehr

Wenn's im Schwetzinger Tunnel brennt

Die Brandkatastrophe von Kaprun hat alles verändert. Auch die Rettungskonzepte. Baden-Württemberger Feuerwehrleute üben in der Schweiz. Die Schwetzinger Wehr probt jetzt erstmals im Straßentunnel auf der B 535

Von 
Bernhard Zinke
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Menschenrettung im Tunnel will geübt sein. © Bernhard Zinke

Metropolregion. Wenn’s im Tunnel nach einem Unfall anfängt zu brennen und zu qualmen, dann geht alles ganz schnell. Dann sieht man binnen 20 Sekunden nicht mehr die Hand vor Augen. Und für diese Fälle müssen Lebensretter ganz besonders geschult sein. Deshalb haben Einsatzkräfte der Feuerwehren in Schwetzingen, Eppelheim, Plankstadt am Freitag im Schwetzinger Tunnel auf der B 535 genau diesen Einsatzfall geübt. Der Tunnel wurde eigens für den Verkehr gesperrt. Am kommenden Freitag wird der Ernstfall noch einmal trainiert.
„Der Einsatz im Tunnel stellt uns vor ganz andere Herausforderungen als ein Wohnungsbrand“, sagt der Schwetzinger Feuerwehrkommandant Walter Leschinski. Der Rauch und die Hitze können nicht abziehen, dadurch entsteht eine ganz eigene Thermik. Zudem verlieren die Menschen, die sich im Tunnel befinden, ganz schnell die Orientierung und laufen im Zweifelsfall panisch genau in die falsche Richtung.

Die Folgen von Kaprun

Die Brandkatastrophe von Kaprun im November 2000, bei der 155 Menschen ums Leben kamen, hat die Rettungsstrategien komplett verändert. Die „International Fire Academy“ in der Schweiz hat sich deshalb auf den Unterricht von Feuerwehr-Einsatzkräften spezialisiert, einen Übungstunnel eingerichtet, der binnen Sekunden komplett verraucht, in dem Autos brennen und in dem Feuerwehrleute unter Ernstfallbedingungen üben können. Der Landesfeuerwehrverband Baden-Württemberg nutzt dieses Angebot und lässt einen Teil seiner Einsatzkräfte dort ausbilden. Rund zehn Feuerwehrleute der Schwetzinger Wehr haben die Kurse bewältigt und führen nun als Multiplikatioren die Kolleginnen und Kollegen in Theorie und Praxis der Brandbekämpfung im Tunnel ein. Für die Wehr aus Schwetzingen ist das ein sehr relevantes Thema. Schließlich ist sie nicht nur für den Brandschutz im Schwetzinger Tunnel zuständig, sondern auch für den Pfingstbergtunnel, die fünf Kilometer lange Eisenbahnröhre zwischen zwischen Mannheim und Schwetzingen-Hirschacker.

Im Ernstfall ist der Tunnel verraucht. Dann müssen Menschen mit dem Stock ertastet werden. © Bernhard Zinke

Am Freitag fand nun die erste Einsatzübung im Schwetzinger Straßentunnel auf der B 535 statt. Es ist keine Alarmübung, der Tunnel wird auch nicht künstlich verraucht. Es geht darum, sich erst einmal mit den Gegebenheiten vertraut zu machen, die Sicherheitseinrichtungen in dem Bauwerk kennenzulernen und mit den speziellen Gerätschaften umgehen zu lernen.
Dazu hat die Berufsfeuerwehr Heidelberg eigens ihren Abrollcontainer „Tunnel/Schiene“ zur Verfügung gestellt. An Bord finden sich Langstöcke, mit denen im dichten Rauch Menschen am Boden oder unter Fahrzeugen leichter gefunden werden können, blinkende Lampen in verschiedenen Farben zur Markierung von wichtigen Stellen. Die blau blinkende Lampe signalisiert einen Hydranten zur Wasserversorgung, eine gelbe Lampe zeigt an, wo Menschen zu bergen sind.

Die Heidelberger Feuerwehr hat für die Übung einen speziellen Container zur Verfügung gestellt. © Bernhard Zinke

Markiert werden die Stellen von dem Suchtrupp, der zuerst in den Tunnel eindringt und die Lage sondiert. Dann folgt der Rettungstrupp, der für die Bergung der Verletzten zuständig ist. Sie haben Schleifkorbtragen dabei, mit denen sie die Verletzten aus dem Gefahrenbereich retten. Ebenso genial wie effektiv: Die neuen Tragen lassen sich mit Rädern ausstatten. So spart das System zwei Einsatzkräfte beim Abtransport. Diese können sich dann um weitere Verletzte kümmern.
Der dritte Trupp kümmert sich um die Brandbekämpfung und die Kühlung der Wände und Decken, um die Struktur des Bauwerks zu sichern. Denn in der Hitze herabstürzende Brocken sind eine weitere ernste Gefahr für Leib und Leben.

Löschen und die Tunnelwände kühlen gehört natürlich auch zur Übung. © Bernhard Zinke

In der Übung steht zuerst eine Begehung des Tunnels an. Einsatzleiter Lars Hoffmann weist auf die neuralgischen Stellen hin, wie sich die Barrieren zwischen den Fahrbahnen am Ein- und Ausgang des Tunnels öffnen lassen, wo die Hydranten sitzen und was es bedeutet, wenn die Lampen an den Rettungskabinen mit dem SOS-Telefon gelb blinken. Dann packen die rund 20 Einsatzkräfte die Gerätschaften aus, machen sich damit vertraut und gehen das Szenario des Fahrzeugbrandes mit Verletzten im Tunnel an.

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Birgit Kritter ist eine der Multiplikatoren, die gleich zwei Kurse in der Schweiz absolviert hat, einmal für den Straßen- und einmal für den Eisenbahntunnel. Das sei schon was ganz anderes als ein normaler Einsatz beim Wohnungsbrand. Man schleppt zwei Pressluftflaschen statt einer mit. „Beim Wohnungsbrand wird nach 20 Minuten das Team gewechselt. Im Tunnel hat man ganz andere Wege zurückzulegen. Da ist man schon mal eine komplette Stunde im Einsatz“, erzählt sie. Und das bringe einen auch schon an den Rand der Kräfte.

Matthias Knörzer vom Straßenbauamt des Rhein-Neckar-Kreises begleitet die Übung. Natürlich sei die Sperrung des Tunnels erst einmal eine Behinderung des Straßenverkehrs. „Aber der Ernstfall muss geübt werden“. Am kommenden Freitag wird dies noch einmal geschehen. Dann ist der Schwetzinger Tunnel erneut von 19 bis 22 Uhr gesperrt – zur Sicherheit.
 

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