Erneuerbare Energien

Weiter Wirbel um Windräder in der Region Rhein-Neckar

Der Ausbau der Windenergie beschleunigt sich 2025 stark, während die Region Rhein-Neckar um Planungen ringt.

Von 
Bernhard Zinke
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Mit großen Transparenten wie hier an einem Hoftor wettert eine Initiative gegen Windräder in Dirmstein und Obersülzen (Kreis Bad Dürkheim). © Bernhard Zinke

Rhein-Neckar. Im Bundestagswahlkampf hatte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) noch ausgeführt, Windräder seien hässlich und gehörten abgebaut. Diese Einschätzung hat offensichtlich keine Auswirkungen auf den weiteren Ausbau der Windenergie. Ganz im Gegenteil. Am Freitag meldete das Internationale Wirtschaftsforum Regenerative Energien (IWR): Der Ausbau der Windenergie hat sich im ersten Halbjahr 2025 im Vergleich zum Vorjahr deutlich beschleunigt. Dies geht aus einer ersten vorläufigen Auswertung von Daten des Marktstammdatenregisters der Bundesnetzagentur hervor.

Insgesamt sind 405 neue Windräder in Betrieb genommen worden – allesamt an Land. Sie haben eine Leistung von 2157 Megawatt. Im Vorjahr waren es noch 289 neue Anlagen mit einer Leistung von 1685 Megawatt. Windkraft steuert seit einigen Jahren den größten Anteil zum Energiemix in Deutschland bei, sie hat die Kohle als Hauptproduzenten abgelöst. Im vergangenen Jahr lag der Beitrag laut Statistischem Bundesamt bei 31,5 Prozent.

Auch die Region ringt um den Ausbau der Windenergie. Nachfolgend die wichtigsten Fragen und Antworten.

Wie ist der aktuelle Stand der Planungen?

Der Verband Region Rhein-Neckar (VRRN) erarbeitet aktuell den Teilregionalplan Windenergie. Damit sollen die künftigen Standorte der Windräder gebündelt werden. Denn wenn die Region sich nicht verbindlich auf bestimmte Vorrangflächen festlegen, können künftig nahezu überall Windräder entstehen. Der VRRN hat einen ersten Vorschlag für Standorte unterbreitet. Dazu haben Behörden, Verbände und Privatpersonen Stellung genommen. Aktuell werden die Einwendungen abgearbeitet. Der Verband arbeitet daran, dass noch in diesem Jahr eine überarbeitete Fassung des Plans offengelegt werden kann. Wann der Teilregionalplan beschlossen wird, ist derzeit offen.

Wann sollen die Flächen endgültig feststehen?

Am 30. September läuft zumindest in Baden-Württemberg die Frist ab. Das wird der VRRN aber nicht schaffen. Dazu ist die Zahl der Einwendungen zu groß. Diese müssen nämlich erst abgewogen werden. Allerdings ist die Metropolregion Rhein-Neckar nicht die einzige Region, die im Verzug ist. Fast keine Regionalplanung im Südwesten wird den Zeitplan einhalten können. In den anderen Bundesländern ist noch mehr Zeit für die Abgabe. Um dieselbe Arbeit aber nicht mehrmals machen zu müssen, will der VRRN den Plan für die Gebiete in allen drei Bundesländern auf einmal erledigen.

Wie viele Einwendungen hat es bislang gegeben?

Laut der Leitenden Direktorin des VRRN, Petra Schelkmann, sind rund insgesamt 2000 Einwendungen eingegangen, mit etwa 15.000-20.000 Argumenten. Diese wiederholten sich freilich vielfach. Gleichwohl habe jeder Einwender einen Anspruch darauf, dass seine Argumente bewertet und abgewogen werden. Jede Einwendung werde auch dokumentiert. „Die Synopse hat am Ende mehrere 1000 Seiten“, so Schelkmann.

Wo regt sich hauptsächlich Widerstand?

Von Beginn an gibt es Proteste gegen Windräder auf dem Lammerskopf, einem bewaldeten Hügel zwischen Heidelberg und Schönau. Neu ist der Widerstand im Bereich Dirmstein und Obersülzen (Kreis Bad Dürkheim). In Dirmstein haben bei der jüngsten Kommunalwahl die Mehrheitsverhältnisse im Gemeinderat gewechselt. Seitdem wächst der Protest dort, sichtbar auch durch Transparente an Hoftoren und Zäunen. In Meckesheim (Rhein-Neckar-Kreis) hat sich eine Mehrheit der Bürger schon 2023 gegen Windenergie ausgesprochen. In Schriesheim und Dossenheim wird es vermutlich zu einem Bürgerentscheid über Windräder auf dem Höhenzug „Weißer Stein“ kommen. Der Ausgang dieses Entscheides sei jedoch nicht bindend für die Regionalplanung, erläutert Schelkmann. Der Beschluss eines Bürgerentscheides gelte für drei Jahre, die Festlegungen in einem Regionalplan dagegen für zehn bis 15 Jahre.

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Gibt es auch Gemeinden, die sich für den Ausbau der Windkraft ausgesprochen haben?

Ja. Ein Beispiel ist unter anderem die Gemeinde Helmstadt-Bargen (Rhein-Neckar-Kreis). Dort hat sich in einem Bürgerentscheid eine Mehrheit von 62 Prozent für weitere Windräder ausgesprochen. Auch Dielheim macht sich für Windkraft stark. Wiesenbach, eine Gemeinde südlich von Neckargemünd, setzt ebenfalls auf Windenergie. „Wir haben an vielen Standorten eine große Akzeptanz. Aber auch dort müssen wir prüfen, ob die Standorte geeignet sind oder Argumente dagegen sprechen“, sagt Schelkmann.

Wie viele Flächen müssen für die Nutzung von Windenergie bereitgestellt werden?

Das regelt das sogenannte „Wind-an-Land-Gesetz“. Das wurde von der Ampel-Regierung erarbeitet, hat aber nach wie vor Bestand. Das bedeutet: Der Windenergie wird weiterhin ein Vorrang bei der Energieerzeugung eingeräumt. Laut dem Gesetz muss Baden-Württemberg 1,8 Prozent seiner Fläche beisteuern, Rheinland-Pfalz und Hessen jeweils 2,2 Prozent. Es ist jedoch – wieder mal – kompliziert im Drei-Länder-Eck: In Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz müssen die jeweiligen Planungsgemeinschaften die Flächen einzeln beisteuern. Hessen betrachtet dagegen das Land als Ganzes. Wenn also im Norden beispielsweise genug Flächen zusammen kommen, braucht der Kreis Bergstraße im Süden gar nichts mehr einzubringen.

Entstehen dann auf den Vorrangflächen am Ende tatsächlich Windräder?

Nicht automatisch. Der VRRN regelt nur, wo Windräder vorrangig entstehen dürfen. Gebaut werden müssen sie jedoch von Investoren.

Ressortleitung Teamleiter der Redaktionen Metropolregion und Südhessen Morgen

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