Ukrainekrieg - Sicherheitspolitische Entwicklungen als Grund für Abschaltung / Panzer rollen von Coleman nach Grafenwöhr

Wegen Panzertransporten: Alle Verkehrskameras vom Netz

Von 
Bernhard Zinke
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Unscheinbar steht die Verkehrskamera an der A 6 bei Mannheim-Sandhofen an der Spitze des Mastes mit drei Solarpanels. © Berno Nix

Rhein-Neckar. Sie stehen an allen neuralgischen Punkten des Fernstraßennetzes - fast an jeder Autobahn-Ausfahrt. Und mit nur zwei oder drei Mausklicks kann sich jeder einen schnellen Blick über die aktuelle Verkehrslage auf den Autobahnen der Region verschaffen - aber nicht aktuell: Die Verkehrskameras des Fernstraßennetzes sind derzeit komplett vom Netz, die Zugänge auf diversen Apps und Internetseiten gekappt. Hintergrund sind die zahlreichen Militärtransporte, die seit einigen Tagen auch über die Autobahnen der Region rollen. Nur: So deutlich sagt das bislang keine Behörde öffentlich.

Seit Donnerstag gesperrt

Wo beispielsweise auf der Internetseite der Straßenverkehrszentale Baden-Württemberg bis vergangene Woche einzelne Bilder die aktuelle Lage des Verkehrsflusses auf der A 5 oder der A 6 in der Metropolregion zeigten, steht heute nur noch ein dürrer Satz. „Aufgrund der aktuellen Sicherheitslage werden derzeit keine Bilder von Verkehrskameras gezeigt. Vielen Dank für Ihr Verständnis“, heißt es lapidar.

Auch beim baden-württembergischen Verkehrsministerium, der übergeordneten Behörde der Straßenverkehrszentrale, verweisen die Sprecher auf das Bundesverkehrsministerium. In der Tat seien die Bilder der Webcams von den Straßen seit dem vergangenen Donnerstag nicht mehr öffentlich zugänglich. Das Stuttgarter Verkehrsministerium ist damit nach eigener Aussage der Bitte des Bundesverkehrsministeriums gefolgt. Dieses habe die Bitte mit der aktuellen sicherheitspolitischen Lage begründet. „Es seien vermehrt Aktivitäten von sicherheitspolitisch relevanten Akteuren im Straßenraum erforderlich“, heißt es in der schriftlichen Antwort auf die Frage dieser Redaktion.

Derzeit liefert die Kamera keine Bilder für die Öffentlichkeit. © Berno Nix

Dass die sicherheitspolitisch relevanten Akteure Militärs sind, diese Aussage vermeiden die Verkehrsministerien - im Gegensatz zum Bundesverteidigungsministerium und der Pressestelle der amerikanischen Streitkräfte. Die US Army hat sogar schon in der vergangenen Woche in einer Pressemitteilung öffentlich verkündet, dass militärisches Material von Mannheim über die Straßen und Schienen nach Grafenwöhr transportiert werde. Es ist hinlänglich bekannt, dass die Coleman-Kaserne in Sandhofen eines der größten Militärlager der US-Streitkräfte außerhalb der Vereinigten Staaten ist.

Noch bis 17. März

Laut Mitteilung der US-Militär-Pressestelle der Streitkräfte für Europa in Wiesbaden finden die Militärtransporte von Coleman noch bis zum 17. März statt. Ziel der Transporte ist Grafenwöhr in der Oberpfalz, knapp 60 Kilometer von der Grenze zur tschechischen Republik entfernt. Dort besitzt die US-Army einen großen Truppenübungsplatz.

Das Material aus Mannheim sei bestimmt für eine Übung des 1st Armored Brigade Combat Team, einer schweren gepanzerten Kampfbrigade der Streitkräfte, so eine Sprecherin. Laut Pressemeldung der Streitkräfte dient die Übung der Zusammenarbeit der Einheiten im Nato-Verbund. Der Materialtransport finde unter großen Sicherheitsvorkehrungen statt und sei mit den deutschen Behörden eng abgestimmt, man sei darauf bedacht, möglichst wenig Störungen im Straßenverkehr zu verursachen.

Deutschland ein Drehkreuz

Im informellen Gespräch bestätigen Sicherheitsexperten, dass die Abschaltung der Kameras natürlich damit zu tun habe, potenziellen militärischen Gegnern keine Aufschlüsse über Material- und Truppenbewegungen quasi auf dem Silbertablett zu bieten. Deutschland sei immerhin ein Drehkreuz. Man müsse in dieser aktuellen Situation sehr vorsichtig sein.

Gleichwohl versichert die Autobahn GmbH, in deren Verantwortungsbereich die Verkehrskameras fallen, dass die Kameras selbstverständlich weiterhin aktiv und eingeschaltet seien. Schließlich seien sie eine wichtige Informationsquelle für die Einschätzung der Verkehrslage in Echtzeit. Deshalb sei die Übertragung in die Lagezentren der Verkehrsleitzentralen nach wie vor gewährleistet. Nur die öffentlichen Zugänge zu Internet-Seiten und der Autobahn App seien unterbrochen.

Ressortleitung Teamleiter der Redaktionen Metropolregion und Südhessen Morgen

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