Warum immer mehr Jugendliche elektrisch rauchen

E-Zigaretten zum Wegwerfen werden gerade bei den Jüngeren immer beliebter. Sozialarbeiter kämpfen gegen den Trend an. Die Müllabfuhr kämpft mit Brandgefahren.

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Gabriel Schwab
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© Gabriel Schwab

Weinheim/Region. Sie sind bunt, sehen aus wie Filzstifte und schmecken nach Wassermelone, Cola oder Minze. Die Einweg E-Zigaretten beziehungsweise E-Shishas sind mittlerweile in jedem Tabakladen und an jeder Tankstelle zu finden. Die sogenannten Vapes (für Vaporisieren/Verdampfen) sind besonders bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen beliebt – auch in Weinheim. Eine besorgniserregende Entwicklung.

„Der Konsum nimmt massiv zu – und zwar über alle Schichten hinweg“, erklärt Martin Wetzel, Geschäftsführer des Stadtjugendrings. Das werde nicht zuletzt bei Veranstaltungen sichtbar, wenn die Müll-Verpackungen der E-Zigaretten überall herumliegen.

In Rap-Videos und auf Tik Tok

Die Vapes seien eine große Modeerscheinung, gehörten bei vielen jungen Menschen dazu, erklärt Wetzel. Die Rap-Szene feiert das Vapen als Lebensstil. Die Gruppe „187 Strassenbande“ hat sogar ihre eigene E-Zigaretten-Reihe. Auch auf der Plattform Tik Tok (Hauptzielgruppe 16- bis 24-Jährige) machen Vape-Videos die Runde. Beispielsweise mit Titeln wie „Was dein Vape-Lieblingsgeschmack über dich aussagt“. Streamer wie „Knossi“ testen die Produkte in ihren Aufnahmen.

Die Sozialarbeiter des Stadtjugendrings suchen immer wieder das klärende Gespräch mit den Jugendlichen: „Spätestens, wenn gedacht wird, dass die E-Zigaretten in den Gebäuden geraucht werden dürfen“, so Wetzel. Auch im privaten Umfeld mache er entsprechende Beobachtungen, dass nicht immer klar sei, wo überhaupt „gedampft“ werden darf. So sei Wetzel erst vor Kurzem eine Gruppe 12- bis 14-Jähriger im Zug begegnet, die im Waggon E-Shisha rauchten. Auch auf Bitten der anderen Passagiere wollten sie das Vapen nicht unterlassen.

Immer mehr Jugendliche rauchen

Laut der regelmäßig durchgeführten Deutschen Befragung zum Rauchverhalten (Debra) stieg der Anteil der Raucher bei den 14- bis 17-Jährigen 2022 auf mehr als 15 Prozent. Der Schnitt der sechs Vorjahre lag bei zehn Prozent. Auch der Konsum von E-Zigaretten und ähnlichen Produkten wuchs der Studie zufolge bei jungen Leuten deutlich. Der Anteil stieg bei den 14- bis 17-Jährigen von 0,5 Prozent (2021) auf 2,5 Prozent (2022), bei den 18- bis 24-Jährigen von 2,4 auf 4,0 Prozent.

E-Zigaretten und ihre Auswirkungen

  • Die Einweg-E-Zigaretten werden per Akku beziehungsweise Batterie betrieben und besitzen einen elektronischen Verdampfer. 
  • Wie bei dem Mehrweg-Produkt wird eine Flüssigkeit vernebelt, die in einem Tank oder einer Kartusche gespeichert ist. 
  • Für den Geschmack sind der Flüssigkeit Aromen beigefügt. Die Auswahl ist groß: Es gibt Früchte wie Kirsche oder Süßigkeiten wie Schokolade
  • Die E-Zigaretten sollen laut aktuellem Stand der Wissenschaft weniger Schadstoffe enthalten – gesundheitsschädigend sind sie aber allemal. Deswegen ist ihr Verkauf erst ab 18 Jahren erlaubt. 
  • Langzeitstudien, die die tatsächlichen Folgen des Konsums untersucht haben, gibt es jedoch nicht.

Einhörner, Palmeninseln und Eiskugeln: Die Einweg E-Zigaretten locken mit einer bunten Aufmachung. Die diversen Geschmacksrichtungen machen sie zur dampfenden Süßigkeit. Und der Prozess der Vaporisierung, also des Verdampfens, lässt bei vielen den Trugschluss entstehen, dass die E-Zigarette eine gesunde Alternative zur Tabak-Kippe ist, wie Katarzyna Wurzbach von der Suchtberatung Weinheim erzählt. Zur farbenfrohen Werbung sagt sie, dass die bunte Gestaltung wie ein Trigger wirken könne: „Das kann man auch bei den Soft-Drinks beobachten, die ja auch alle bunt beworben werden.“

Aroma verlockt

Und die fruchtig-süßen Geschmäcker? Hier fordert der Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Burkhard Blienert (SPD), ein Verbot. Die Aromen machten die E-Zigarette für junge Menschen attraktiver. Dabei seien die Zusatzstoffe selbst gesundheitsschädlich. Australien macht es vor und schränkt den E-Zigaretten-Markt massiv ein, wie vor wenigen Tagen bekannt wurde. Die Wegwerf-E-Zigaretten werden gänzlich verbannt. 

In Deutschland werden die Vapes weiter im offenen Verkaufsraum ausgestellt. Anders als die herkömmliche Zigarette, die nur hinter der Ladentheke zu finden ist. Das ist auch in den Tabakläden und Tankstellen von Weinheim zu beobachten.

Das sagen Tankstellen und Tabakläden

Die WN stieß bei ihrer Anfrage auf eher zurückhaltende Antworten. Der Verkauf laufe sehr gut, war meistens zu hören. Lediglich eine Tankstelle gab es einen Ticken genauer an und sagte, dass täglich eine zweistellige Zahl von E-Zigaretten über die Ladentheke wandere. Weil der Verkauf so gut laufe, habe man das Angebot erst vor Kurzem aufgestockt.

Blaubeer oder Bubblegum? Viele verschiedene Geschmackssorten sind erhältlich. © Gabriel Schwab

Immer mehr Vapes: Das bedeutet aufgrund der verbauten Einmal-Akkus auch immer mehr Elektroschrott. Eigentlich müssen sie deswegen zu einer entsprechenden Sammelstelle gebracht werden. Nur landen die E-Zigaretten oftmals im Hausmüll oder werden einfach auf den Boden geworfen.

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Das ist aufgrund der Litium-Ionen-Batterien nicht nur umweltschädlich. Sondern brandtechnisch höchst bedenklich: „Wir sehen bei der fehlerhaften Entsorgung von Lithium-Ionen-Akkus ein Problem“, sagt Andrea Bender von der Abfallverwertungsgesellschaft des Rhein-Neckar-Kreises. „Möglicherweise kann es sowohl in unseren Sammelfahrzeugen wie auch auf unseren Anlagen zu Bränden kommen.“ 

Brände bei der Müllabfuhr

In der Vergangenheit sei es bereits dazu gekommen: „Allerdings war die Brandursache nicht immer zu eruieren“, so Bender. Sie verweist auf die kostenlosen Annahmestellen, die es nach dem Batteriegesetz in allen Verkaufsstellen von Batterien gibt. Alternativ bietet die AVR ebenfalls Sammelbehälter an – beispielsweise in Hirschberg.

Für Stadtjugendring-Geschäftsführer Martin Wetzel ist klar, dass der Staat eingreifen muss, „so blöd es ist“. Der Verein versuche dem Problem entgegenzuwirken: „Aber was kann soziale Arbeit schon gegen Konzerne und ihr großes Marketing ausmachen? Da herrscht einfach keine Waffengleichheit.“ 

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