Bad Dürkheim. Früher waren es große Namen - heute sind es „Anonyme Giddarischde“. Der kleine Wortwitz sei dem Autor dieser Zeilen verziehen. Es ist schließlich Fasnacht in der Pfalz. Seit dem Jahr 1974 schon verleiht die Karnevalgesellschaft „Derkemer Grawler“ gemeinsam mit der Stadt Bad Dürkheim den Orden „Goldener Winzer“ immer im Januar an Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens. Ihnen gemeinsam ist, dass sie eine irgendwie geartete Verbindung zur Pfalz und ihrem wichtigsten Exportgut haben - dem Wein. Am Anfang der langen Liste der bisher 48 Geehrten steht der damalige rheinland-pfälzische Ministerpräsident und spätere Bundeskanzler Helmut Kohl, der in Speyer begraben liegt.
Gewürdigt wurden seither aber auch Schauspieler und Schauspielerinnen wie Willi Millowitsch, Gert Fröbe und Marie-Luise Marjan, Astronaut Ulf Merbold, die Fußballer Fritz Walter und Andreas Brehme sowie die Sängerin Joy Fleming oder zuletzt Bundesverkehrsminister Volker Wissing.
Mundartgesang ist wieder Trend
Meistens kannte man die Auserkorenen weit über die Grenzen der Pfalz hinaus. Dieses Jahr ist das anders. Mit den „Anonymen Giddarischde“ bekommt erstmals eine Band den Orden, die in Bensheim eher weniger Leuten bekannt sein dürfte. Liedsänger Thomas (Edsel) Merz und seine fünf Bandkollegen Achim Kaul, Roman Nagel, Jochen Magin, Michael Schleifer und Stefan Brod haben es seit ihrer Gründung im Jahr 1995 in Frankenthal mit ihren Mundartsongs (besonders das „Palzlied“) in die Herzen der hier lebenden Menschen geschafft. Selbst Mannheimer feiern die Musiker auf den großen Weinfesten der Region.
Eine besondere Liebe, Edsel nannte es bei der Eintragung ins Goldene Buch der Stadt Bad Dürkheim am Freitagnachmittag sogar Geistes- und Wesensverwandtschaft, ist in den vergangenen Jahren zwischen den Frankenthalern und den Dürkheimern entstanden. Auf dem Wurstmarkt und auf dem Dürkheimer Stadtfest wurde die Band in den vergangenen Jahren meist über drei Stunden lang auf Händen getragen. Fest steht: Da, wo die „Anonyme“, wie sie liebevoll genannt werden, mit ihren modernen Volksliedern auftauchen, da wird Heimatgefühl groß geschrieben. Die Texte kommen zum Teil direkt aus dem Bauch - nicht zuletzt „Der Lewwerworschd-Song“, der Edsel und Co. ebenfalls bekannt gemacht hat.
Mundart ist wieder Trend, wie auch die jüngsten Erfolge des in Mannheim lebenden Ludwigshafeners Gringo Mayer zeigen. Natalie Bauernschmitt (CDU) ist seit 1. Januar neue Bürgermeisterin in der Kurstadt, die gerade dabei ist, das mehr als 40 Millionen Euro teure Thermenprojekt in Nachbarschaft zum Dürkheimer Fass zu beenden. Bauernschmitt bezeichnete die Band wenige Stunden vor der Ordensverleihung am späten Abend im Kurhaus als „Pfalzpatrioten“ im besten Sinne. Edsel sprach umgekehrt von einem „Ritterschlag“. Er nutzte die Gunst der Stunde, um an den ersten ungenehmigten Auftritt auf dem Wurstmarkt zu erinnern, als der damalige Chef des Ordnungsamts aufgrund der herausragenden Stimmung mehrere Augen zugedrückt habe. Die gegenseitigen Liebesbekundungen sollten am Abend ihren Lauf nehmen. Und ein Versprechen gab es auch: Die „Anonyme“ spielen wieder auf dem Stadtfest im Mai.
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