Zecken

Vorsicht vor Zecken in Mannheim und der Region: Mehr FSME-Fälle erwartet

Mannheim, Heidelberg und der Rhein-Neckar-Kreis sind Risikogebiet: Das durch Zeckenbisse ausgelöste FSME-Infektionsrisiko ist hier höher. Warum die Gefahr einer Infektion steigt und wer sich impfen lassen sollte

Von 
Michaela Roßner
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Warnung vor Zecken: Wer viel im Freien ist, sollte sich gegen FSME impfen lassen. © Patrick Seeger

Rhein-Neckar. Erste Frühlingsblüten, wärmere Temperaturen und Sonnenstrahlen locken Menschen jetzt in Parks und in den Wald. Doch im Gras und Gebüsch lauert eine Gefahr: Zecken sind längst unterwegs. Experten raten speziell Hundebesitzern und anderen Menschen, die viel draußen sind, zur FSME-Impfung. Zecken sind nämlich offenbar Profiteure des Klimawandels. Warum das so ist und wie man sich schützt.

Die Zahl von Frühsommer-Meningoenzephalitis-Erkrankungen (FSME) ist zwar 2023 leicht zurückgegangen. Doch diese Feststellung trügt. „Im Mittel gehen die Zahlen jährlich kontinuierlich nach oben“, sieht Rainer Oehme keinen Grund für ein Aufatmen. Der Laborleiter des Landesgesundheitsamts im Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg sagt: „Infektionszahlen unterliegen immer jährlichen Schwankungen. Doch der längerfristige Trend zeigt deutlich nach oben.“ Entscheidend sei unter anderem, welches Wetter an Wochenenden und in den Ferien herrschte - weil dann mehr oder weniger Menschen ins Freie gehen.

Fast ganz Baden-Württemberg ist FSME-Risikogebiet

In Baden-Württemberg und Bayern sind nahezu alle Stadt- und Landkreise vom Robert-Koch-Institut zu FSME-Risikogebieten erklärt worden - auch der Rhein-Neckar-Kreis sowie Mannheim und Heidelberg. Den Experten macht Sorgen: Bisher wähnte man sich nördlich der deutschen Mittelgebirge eher nicht gefährdet. Das hat sich verändert: „Im Norden und Osten Deutschlands steigen die Fallzahlen massiv, beispielsweise in Sachsen, Brandenburg, Niedersachsen oder Thüringen. Selbst in Schweden ist ein Rekordwert verzeichnet worden.“ Keine guten Nachrichten nun also auch für Bewohner und Urlauber dieser Regionen.

Wegen des anhaltend milden Wetters sind die Zecken (hier eine Buntzecke) gut durch den Winter gekommen und schon sehr aktiv. © Marijan Murat/dpa

Die FSME-Erreger werden durch europäische Zecken wie den Gemeinen Holzbock, aber auch die Auwaldzecke übertragen. In den Risikogebieten liegt die Wahrscheinlichkeit einer FSME-Infektion nach einem Zeckenstich bei 1 zu 50 bis 1 zu 100. Nach etwa zehn Tagen treten grippeähnliche Symptome auf. Bei rund einem Drittel der Patienten kommt es nach einer vorübergehenden Besserung zu einem erneuten Fieberanstieg und einer zweiten Krankheitsphase.

Nicht alle FSME-Fälle werden entdeckt - das zeigen neue Forschungsergebnisse von Gerhard Dobler, Leiter des Nationalen Konsiliarlabors FSME am Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr in München. Der Professor hat im Ortenaukreis Blutproben von Blutspendern untersucht. Mit einem neuen Testverfahren kann er zwischen Antikörpern aus einer Impfung und aus einer natürlichen Infektion unterscheiden.

Drei Entwicklungsstadien

  • Der gemeine Holzbock ist die häufigste Zeckenart in Deutschland und überträgt Borrelia-Bakterien und des FSME-Virus.
  • Nach dem Schlupf aus dem Ei durchleben Schildzecken wie der Holzbock drei Lebensstadien, die Larve, die Nymphe und das ausgewachsene Tier.
  • Beim Holzbock können alle drei Stadien auch den Menschen befallen und Krankheiten übertragen.
  • Nymphen, aber ganz besonders auch Larven, saugen bevorzugt an Mäusen und anderen kleinen Tieren. Ausgewachsene Zecken bevorzugen größere Wirte wie Rehe sowie Haustiere wie Hunde und Katzen.
  • Die braune Hundezecke – bisher vor allem in der Mittelmeerregion heimisch – kann, anders als alle einheimischen Zecken, problemlos in Gebäuden und Wohnungen überleben.
  • Die tropischen Hyalomma-Zecken sind erst in jüngerer Zeit in Deutschland aufgetaucht. Sie übertragen das Krim-Kongo Hämorrhagische Fieber. 

 

Das Ergebnis: „Wenn man die nicht erkannten Infektionen einbezieht, ist das Risiko einer FSME-Infektion im Vergleich zu 1986 um ein Siebenfaches höher als bisher angenommen“, sagt Dobler. „Das Infektionsgeschehen ist also sehr hoch, auch wenn eine Infektion nicht immer zur Erkrankung führt.“

Welche Rolle der Klimawandel für die Zecken spielt

Im Winter blieb man bislang recht zuverlässig von den lästigen Spinnentieren verschont. Das hat sich mit den Auswirkungen des Klimawandels geändert.

Ute Mackenstedt, Parasitologin an der Universität Hohenheim, beobachtet eine ganzjährige Aktivität von Zecken. Damit steige auch die Gefahr einer Infektion schon früh im Jahr: „Die Zecken überleben den Winter und sind sehr schnell aktiv.“ Dazu kommt, dass Zeckenarten, die sich lange nur in warmen Regionen wohlfühlten, nun auch bei uns häufiger zu finden sind.

FSME stelle „eine reelle Gefahr für Leib und Leben dar“, warb Dobler für eine Impfung. Sie gelte als „gut erforscht, hochwirksam und sehr gut verträglich“, ergänzt er mit Blick auf eine in der Corona-Pandemie begünstigte Impfmüdigkeit.

Redaktion Redakteurin Metropolregion/Heidelberg

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