Vogelseuche

Vogelgrippe breitet sich aus – Zoos in der Region wappnen sich

Nach neuen Ausbrüchen im Südwesten erhöhen Zoos ihre Schutzmaßnahmen vor dem H5N1-Virus. Zoos in Heidelberg, Landau und Worms bereiten sich auf mögliche Fälle vor.

Von 
Susanne Merz
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Vor drei Jahren mussten Vögel im Heidelberger Zoo schon einmal wegen der Vogelgrippe umziehen. Noch ist es diesmal allerdings nicht so weit. © Philipp Rothe

Rhein-Neckar. Die Vogelgrippe ist auf dem Vormarsch: Mehr als 400.000 Nutztiere – überwiegend Geflügel in landwirtschaftlichen Betrieben – wurden in Deutschland bereits getötet, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen. Unter den Wildvögeln zeigt sich die Infektion vor allem bei Kranichen in bislang nie dagewesenem Ausmaß, wie das Friedrich-Loeffler-Institut berichtet. Die Tiere wurden in Norddeutschland tot auf Rastplätzen gefunden.

Auch in Baden-Württemberg steigt die Sorge: In einem Geflügelbetrieb bei Ulm wurden rund 15.000 Tiere getötet, nachdem ein Ausbruch bestätigt worden war. Die Lage alarmiert nicht nur Landwirte, sondern auch Zoos der Region, die ihre Vogelbestände besonders schützen müssen. Über den Kot von Wildvögeln könnte das Virus in die Volieren der Zoos gelangen.

Zoo Heidelberg bereitet sich vor

„Wir verfolgen die Lage mit höchster Aufmerksamkeit“, sagt Joshua Förg, Vogelkurator im Zoo Heidelberg. Er prüft mehrmals täglich die Datenbank des Friedrich-Loeffler-Instituts, in der neue Fälle eingetragen werden. Noch gibt es in Heidelberg keine akuten Einschränkungen für Besucher – hinter den Kulissen jedoch laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren.

Vor allen Arbeitsbereichen, in denen Tierpfleger mit Vögeln arbeiten, liegen blaue Desinfektionsmatten, um eine Einschleppung über Schuhsohlen durch Kot von Wildvögeln zu verhindern. „Wir merken, dass die Einschläge näher kommen“, sagt Förg. In enger Abstimmung mit dem Veterinäramt Heidelberg hat der Zoo ein detailliertes Sicherheitskonzept ausgearbeitet, das jährlich aktualisiert wird.

Von einer Aufstallung – dem Einsperren empfindlicher Arten – sieht der Zoo derzeit noch ab. „Das würde für viele Tiere enormen Stress bedeuten“, erklärt Förg. „Das Risiko wird täglich neu bewertet.“ Flamingos und andere Vogelarten bleiben daher weiterhin auf den Außenanlagen.

„Bei einem bestätigten Fall würde entschieden, ob eine Keulung oder eine kontrollierte Durchseuchung erfolgt“, erklärt Förg. „Das hängt von vielen Faktoren ab.“ Generell wolle der Zoo aber eine Tötung von Vögeln nach Möglichkeit vermeiden. Präventiv werden alle Neuzugänge in 30-tägige Quarantäne gesetzt und auf das Virus getestet.

Seuchenwannen sollen im Landauer Zoo die Vogelgrippe fernhalten

Auch der Zoo Landau hat die Entwicklung im Blick: „Wir verfügen über einen Notfallplan mit verschiedenen Schutzmaßnahmen“, sagt Tierärztin Sonja Weber. Bereits jetzt stehen Seuchenwannen bereit, in denen sich Tierpfleger die Schuhe desinfizieren, bevor sie Volieren betreten.

Auf die Besucher habe das Virus aktuell noch keine Auswirkungen – das könne sich jedoch ändern: „Wenn sich die Fälle weiter häufen, müssen begehbare Volieren möglicherweise geschlossen werden.“ Eine flächendeckende Aufstallung sei in Landau kaum möglich, weil die räumlichen Kapazitäten fehlen. „Das wäre für viele Arten nicht artgerecht und könnte sogar lebensgefährlich werden“, so Weber.

Die Tierärztin sieht die Situation in diesem Jahr ernster als zuvor: „Es gibt mehr Fälle auf den Zugrouten in Norddeutschland und sogar Todesfälle bei Kranichen in unserer Region – das hat es so noch nicht gegeben.“

Vogelgrippe – H5N1

  • Was ist H5N1 ? H5N1 ist ein Influenzavirus , das vor allem Vögel infiziert und die Vogelgrippe auslöst.
  • Betroffene Tiere: Nutzgeflügel wie Hühner, Enten und Puten; Wildvögel , besonders Kraniche und Gänse.
  • Übertragung: Direkt über infizierte Tiere oder deren Ausscheidungen; Indirekt über kontaminierte Materialien.
  • Gefährdung für Menschen: Sehr selten, kann aber schwere Infektionen verursachen.
  • Aktuelle Lage: H5N1 breitet sich derzeit in Europa und Deutschland verstärkt aus.

Bei einem möglichen Ausbruch würde der Zoo Landau auch versuchen, eine Keulung zu vermeiden. „Wir würden mit dem Veterinäramt eine Durchseuchung anstreben, wie damals in Karlsruhe“, sagt Weber. Der Zoo Karlsruhe kämpfte im Jahr 2022 mit einem Ausbruch der Vogelgrippe. Der Zoo wählte die Durchseuchung des betroffenen Bestandes, um so viele Vögel wie möglich zu retten. Dennoch starben viele Vögel am Virus. Auswirkungen auf Artenschutzprojekte im Zoo Landau gebe es bisher nicht, doch der Aufwand steige: „Wir müssen alle Nachzuchten testen – das ist für die Tiere stressig und für uns viel Arbeit.“

Zoo Worms bereit für Schutzmaßnahmen gegen H5N1

Während Heidelberg und Landau ihre Schutzmaßnahmen bereits umgesetzt haben, bereitet sich auch der Zoo Worms auf mögliche Auflagen vor. „Wir stehen in den Startlöchern, Auflagen des Veterinäramts sofort umzusetzen“, sagt Tiergartenleiter Marco Mützinger.

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Vor jedem Vogelgehege sind Desinfektionswannen aufgestellt, und die Volieren lassen sich bei Bedarf schnell abdecken. „Unsere Sichleranlage bekommt ein Foliendach, damit kein Kot in die Anlage gelangt“, erklärt Mützinger. Sollten strengere Vorschriften in Kraft treten, würden betroffene Bereiche für Besucher geschlossen.

Einen Verdachtsfall habe es bislang nicht gegeben. „Wir beobachten die Tiere täglich, unser Tierarzt ist regelmäßig vor Ort.“ Die Gefahrenlage könne er schwer einschätzen: „Wir hatten in den vergangenen Jahren Glück und hoffen, dass es so bleibt.“ Mit den umliegenden Zoos und Tiergärten stehe man in engem Austausch, um Erfahrungen zu teilen.

Enge Zusammenarbeit und tägliche Neubewertung

Alle Einrichtungen betonen die enge Abstimmung mit den Veterinärämtern. Tägliche Lagebewertungen, Hygienevorschriften und Notfallpläne bestimmen den Alltag. „Es ist und bleibt ein Lotteriespiel, ob es den Zoo trifft oder nicht“, sagt Förg, da es schwer vorhersehbar ist, wo das Virus sich verbreitet.

Trotz aller Vorsicht teilen die Verantwortlichen der Zoos die Hoffnung, dass die Einrichtungen von einem Ausbruch verschont bleiben. Denn eine Aufstallung wäre nicht nur logistisch herausfordernd, sondern könnte manche Vogelarten auch in Lebensgefahr bringen.

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