Justiz

Versuchter Mord in Kirchheim: „Ich habe mir nicht anders zu helfen gewusst“

Ein Mann soll in Kirchheim (Kreis Bad Dürkheim) seine Ex-Partnerin gewürgt und anschließend seinen Anwalt sowie einen JVA-Mitarbeiter angegriffen haben. Was er zu den Vorwürfen sagt

Von 
Agnes Polewka
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Alexander D. und der Verteidiger des 38-Jährigen, Rechtsanwalt Sven Zill aus Ludwigshafen. © Susanne Merz

Frankenthal/Kirchheim. Deutsche Gerichte stellen immer häufiger fest, dass Beschuldigte schuldunfähig sind. Dies ergab eine Datenanalyse der Strafverfolgungsstatistik durch das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“. Darin kommen die Autoren nach der Auswertung der Zahlen und einer Vielzahl von Expertengesprächen zu dem Schluss: „Die Gesellschaft scheitert zunehmend daran, psychisch kranke und drogenabhängige Menschen angemessen zu versorgen. Die Justiz wird zum Auffangbecken für Versäumnisse an anderer Stelle.“

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Prozessbeginn: Ex-Partnerin gewürgt und Anwalt angegriffen?

Veröffentlicht
Von
Susanne Merz
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Ein Fall, der möglicherweise in diese Kategorie fällt, wird aktuell in Frankenthal verhandelt: Ein 38-jähriger Mann muss sich dort wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung vor dem Landgericht verantworten, die Staatsanwaltschaft prüft eine eingeschränkte Schuldfähigkeit aufgrund einer psychischen Erkrankung und zieht seine dauerhafte Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus in Betracht.

Laut Staatsanwaltschaft soll der Beschuldigte Alexander D. am 2. Mai dieses Jahres seine Ex-Partnerin so lange gewürgt haben, bis sie das Bewusstsein verlor. Die Frau erlitt Würgemale, Hautunterblutungen und eine Riss-Quetschwunde. Noch am gleichen Tag, da war Alexander D. bereits festgenommen worden, soll er sich im Polizeipräsidium Ludwigshafen mit ausgestreckten Armen auf seinen Anwalt gestürzt haben, um ihn zu würgen.

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Dieser kippte dabei laut Staatsanwaltschaft von seinem Stuhl und erlitt unter anderem eine Rippenfraktur. Wenige Wochen später soll D. eine weitere Person, diesmal einen Justizvollzugsbeamten in der JVA Frankenthal, angegriffen haben.

Beschuldigter schildert seine Sicht auf die eskalierten Auseinandersetzungen

Am Montag äußert sich Alexander D. vor Gericht zu den Vorwürfen, bereits zu Beginn des Verfahrens hatte er gesagt: „Ich bin mit dieser Anklage zu null Prozent einverstanden.“ Die Ereignisse am 2. Mai 2024 schildert er sinngemäß so: D. fuhr nach Kirchheim, um seine Ex-Partnerin, mit der er eine gemeinsame Tochter hat, zur Rede zu stellen, weil sie Gerüchte über ihn verbreitete, ihn zum „Drogendealer“ und „Waffenbauer“ stilisierte und sich deshalb das Verhältnis zwischen ihm und seiner Familie verschlechterte.

Die üble Nachrede habe dazu geführt, dass seine Großeltern – die über ein großes Vermögen verfügen, sagt D. – ihn enterbt hätten. Sie sollen ihr Testament abgeändert und die noch minderjährige Tochter stattdessen als Erbin eingesetzt haben. Das alleinige Sorgerecht für das Kind liegt bei D.s Ex-Partnerin. Als er sie mit den Vorwürfen konfrontierte, habe die Frau ihn ausgelacht. „Ich habe mir dann nicht anders zu helfen gewusst und habe zugepackt.“

Zuvor habe er alle Möglichkeiten ausgeschöpft und mehrfach bei der Polizei um Hilfe gebeten sowie einen Anwalt aufgesucht, während sein Leben ihm mit Beginn der Pandemie mehr und mehr entglitt. Er kündigte seinen Job, seine Wohnung im Odenwald ging in Flammen auf. Und dann soll seine Ex-Partnerin Stimmung gemacht, seine Familie sich zunehmend komisch verhalten haben, in einer Zeit, in der er Spielzeug und Waffen mithilfe eines 3D-Druckers herstellte.

Vor Gericht bestreitet den Angriff auf den JVA-Mitarbeiter und sagt, er habe den Anwalt, der ununterbrochen auf ihn eingeredet habe, anstatt ihm zuzuhören, „nur“ am Kragen gepackt. Wieder und wieder zitiert er dann das Bertolt Brecht zugeschriebene Diktum „Wo Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht“.

Redaktion

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