Gimbsheim. Das Wildtiergehege Jägersburger-Wald bei der Riedgruppe-Ost in Einhausen ist ein beliebter Ausflugsort. Hier leben Rotwild, Damwild, Muffelwild – und rund 20 Wildschweine. Am Donnerstagmorgen stand das Veterinäramt in Schutzkleidung vor dem Tor und schloss das Wildgehege für die Öffentlichkeit.
Der Jagdbezirk Jägersburger-Wald zählt zur sogenannten Restriktionszone wegen der Afrikanischen Schweinepest (ASP). Wegen der Nachweise des Virus bei Wildschweinkadavern bei Riedstadt-Leeheim und im Naturschutzgebiet Kühkopf hat das Regierungspräsidium (RP) Darmstadt diese Restriktionszone festgelegt.
Unterdessen meldete das Landwirtschaftsministerium am Montag, dass in einem Landwirtschaftsbetrieb in Biebesheim im Kreis Groß-Gerau neun Schweine infiziert wurden. Die Tiere wurden unter tierärztlicher Aufsicht getötet. Rund um den Betrieb wird nun eine Schutzzone von drei Kilometern sowie eine Überwachungszone von zehn Kilometen eingerichtet.
In Gimbsheim im Kreis Alzey-Worms gibt es zwei Verdachtsfälle von ASP. Das erste Untersuchungsergebnis war positiv. Sollte die B-Probe das bestätigen, könnte das zu einer Erweiterung der Restriktionszone im Kreis Bergstraße führen.
Wie Dezernent Matthias Schimpf auf Anfrage der Redaktion mitteilt, habe man alle Beteiligten über die notwendigen Maßnahmen informiert: „Bis zum jetzigen Zeitpunkt wurde bei keinem im Kreis aufgefundenen Tier eine Infektion mit der Afrikanischen Schweinepest nachgewiesen. Die Situation ist allerdings dynamisch und erfordert eine stetige Beobachtung und gegebenenfalls kurzfristige Abstimmungen und Anpassungen der Maßnahmen. Unser Ziel ist es, die Jäger und Landwirte bestmöglich zu unterstützen.“ Bislang wurden im Kreis von 16 Wildschweinen Proben entnommen. Sie waren alle negativ.
Landwirte suchen dringend Drohnenpiloten
Bei der Ernte von Getreide oder Gras müssen die Flächen vorher auf lebende, kranke oder tote Wildschweine abgesucht werden. Wie Kreislandwirt Sebastian Glaser aus Biblis-Nordheim berichtet, muss dafür eine Drohne mit Wärmebildkamera genutzt werden. Nach dem Prozedere müssen die Landwirte vor der Ernte eine Genehmigung beantragen. Dann müssen sie einen Drohnenpiloten mit Ausrüstung kommen lassen, der das Feld abfliegt. Die GPS–Daten und Fotos des Fluges müssen abgespeichert und auf Verlangen vorgezeigt werden.
Die Flächen von Glaser liegen fast komplett in der Restriktionszone, das sind rund 100 Hektar Gras, Mais und Getreide. Das große Problem ist, ausreichend Drohnenpiloten zu finden. In der Rehkitzrettung werden bereits seit Jahren Drohnen mit Wärmebildkamera eingesetzt. Möglicherweise könnten diese auch für die Suche nach Wildschweinen genutzt werden. Das wird gerade geklärt. Klar ist jedoch: Es fehlt an Kapazitäten, um alle Felder in der Zone abzufliegen – insbesondere wenn sich die Zone durch neue Fälle immer weiter vergrößert. Außerdem macht das wechselhafte Wetter die Planung schwer. Gras braucht mehrere Tage, um zu trocknen. Die Zeitfenster für die Ernte sind überschaubar. Auch die Kostenfrage ist nicht abschließend geklärt. Wie Glaser erläutert, übernehme der Kreis Groß-Gerau die Kosten für die Drohnenflüge, die Kreise Darmstadt-Dieburg und Bergstraße aktuell nicht.
Für die abgeernteten Produkte gibt es ebenfalls strenge Auflagen. Besteht die Möglichkeit, dass sie in einem Schweinebetrieb verfüttert werden, muss Getreide zum Beispiel 30 Tage lang liegen – Stroh und Heu sogar sechs Monate. Aktuell wird laut Glaser geprüft, ob zentrale Sammelstellen angeboten werden, wenn die Landwirte keine ausreichenden Lagermöglichkeiten haben. „Da das genaue Verfahren noch nicht abschließend geklärt ist, haben viele Landwirte jetzt auch die Befürchtung, dass die Käufer aus Unsicherheit vorsichtig sind und sie auf ihren Waren sitzen bleiben,“ so Glaser.
Generell sei der Frust bei den Landwirten dieses Jahr groß: „Die Bauern verlieren langsam die Lust. Die ASP hat uns gerade noch gefehlt, kommt da als Kommentar. Besonders das Hochwasser hat uns bereits stark belastet. Da schwindet die Motivation.“ Trotzdem will Glaser positiv denken: „Wir versuchen jetzt einfach das Beste draus zu machen und hoffen, dass das mit den Anträgen und den Drohnen schnell und reibungslos klappt. Und wir haben eine Lösung gefunden, dass überhaupt geerntet werden kann. Das müssen wir jetzt pragmatisch sehen.“
Unterstützung bekommen die Landwirte auch von vielen Jagdpächtern wie Rolf Burkhardt aus Groß-Rohrheim, der auch Kreisjagdberater ist. „Unsere Aufgabe ist nun vor allem wachsam zu sein. Wir halten Ausschau nach kranken oder toten Wildschweinen. Ich bin in der Lage, den Tieren Tupfer- und Blutproben abzunehmen und sie ins Labor zu schicken. Wir werden höchstwahrscheinlich auch noch Fälle hier im Kreis haben, da ist die Frage eher wann und nicht ob. Das Virus ist einfach sehr lange stabil und ansteckend.“ Junge männliche Wildschweine sind nach der Geschlechtsreife sehr mobil auf der Suche nach einem eigenen Gebiet. Die können schnell 30 bis 40 Kilometer am Tag zurücklegen.
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