Justiz

Urteil nach Mord an Ex-Partnerin: "Tat birgt besondere Tragik"

Ein 33-Jähriger tötet seine Ex-Partnerin in Anwesenheit der gemeinsamen Kinder. Nun haben Frankenthaler Richterinnen und Richter den Mann wegen Mordes verurteilt

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Agnes Polewka
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Wegen Mordes ist ein 33-Jähriger vor dem Landgericht in Frankenthal zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden. © Agnes Polewka

Frankenthal. Eine junge Frau liegt in einer Märznacht auf dem Boden ihrer Wohnung in Frankenthal. Sie bekommt keine Luft – eine Lungenembolie. Und sie hat klaffende Wunden, sie verliert viel Blut. Ihr Körper ist mit Schnitt- und Stichwunden übersät. Rechtsmediziner zählen später 38 Einzelverletzungen. Die schwerwiegendste davon: ein 19 Zentimeter lange Schnitt, der sich an ihrem Nacken entlangzieht, ihre Drosselvene wurde perforiert, sie verliert immer mehr Blut. Während sie stirbt, sitzt ihr einjähriger Sohn im Schlafzimmer und spielt mit dem Handy seiner Mutter. Dabei filmt er sich versehentlich selbst, Blut tropft an ihm herab.

Die Videosequenzen waren während eines Prozesses vor dem Landgericht in Frankenthal zu sehen, in dem der gewaltsame Tod der Frau juristisch aufgearbeitet wurde. Der Angeklagte: ihr Ex-Partner und Vater der beiden gemeinsamen Kinder. Am Dienstag haben ihn Frankenthaler Richterinnen und Richter wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Bereits bei der Polizei und zu Beginn des Verfahrens hatte der Mann eingeräumt, seine Ex-Partnerin getötet zu haben. Die Frage nach dem „Warum?“ konnte jedoch während des Verfahrens nicht beantwortet werden.

Die Vorsitzende Richterin Sonja Steingart rekonstruiert das Verbrechen am Dienstag in ihrer Urteilsbegründung folgendermaßen: Der 33-Jährige schlug in der Nacht auf den 8. März gegen 2 Uhr nachts nach dem Schichtdienst und einem Kneipenstopp bei der Frau und seinen Kindern auf. Wie bereits viele Male zuvor, legte er sich zunächst mit seiner vierjährigen Tochter zum Schlafen ins Wohnzimmer. „Zwischen drei und vier Uhr nachts entschloss er sich, seine Ex-Partnerin zu töten“, sagt die Vorsitzende Richterin.

Das Motiv für die Tat bleibt während des Prozesses unklar

Der 33-Jährige habe das Wohnzimmer verlassen und die Tür zu dem Zimmer, in dem das vierjährige Mädchen schlief, abgeschlossen. Anschließend habe er sich aus einer Schublade in der Küche ein Messer mit einer 18 Zentimeter langen Klinge gegriffen und sei damit in das Schlafzimmer der Frau gegangen. Dann habe er unvermittelt auf die im Bett liegende Frau eingestochen, während der einjährige Sohn der beiden neben seiner Mutter im Bett schlief. Laut Gericht stach er vor allem im Schlafzimmer auf sie ein, das Geschehen habe sich dann in den Flur der Wohnung verlegt, wo die Frau schwer verletzt auf dem Bauch auf dem Boden liegen blieb – und starb. Ob die Lungenembolie oder der hohe Blutverlust infolge der Verletzung der Drosselvene zu ihrem Tod führten, konnten Rechtsmediziner nicht eindeutig feststellen.

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Von
Susanne Merz
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Der 33 Jahre alte Angeklagte schilderte das Geschehen zu Beginn des Verfahrens etwas anders: Er gab an, er sei aufgewacht, weil seine Ex-Partnerin geschrien hätte. Deshalb sei er aufgestanden und habe die Frau mit einem Messer in der Hand in der Küche stehen sehen. Sie habe ihn bedroht und er habe versucht, ihr das Messer zu entwinden. Es sei zu einem „Kampf“ gekommen. Dann stach er auf sie ein. Der Verteidiger des Mannes, Rechtsanwalt Roman Schweitzer aus Bad Dürkheim, hatte in seinem Schlussvortrag auf Totschlag plädiert. Darauf stehen mindestens fünf Jahre Freiheitsstrafe. In besonders schweren Fällen kann auch hier eine lebenslange Haftstrafe verhängt werden.

Wie kommt nun also die Kammer zu ihrer Überzeugung? Die Vorsitzende Richterin Sonja Steingart stützt sich in der Urteilsbegründung vor allem auf das rechtsmedizinische Gutachten zur Blutspurenverteilung. Demnach fand sich schon am Kopfteil des Bettes der Frau eine erste Blutspur, und darüber an der Wand, eine sogenannte „Schleuderspur“. Die entstehe, so die Richterin, wenn Blut von einem Gegenstand „abgeschleudert“ werde, wie es nach einem Schnitt oder Stich bei einem Messer der Fall sei. Und auch die Blutspuren, die sich am Kopf des Kindes fanden, ließen Rückschlüsse darauf zu, dass der Junge das Blut während des Angriffs auf die Mutter abbekommen habe.

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Nach Einschätzungen der Rechtsmediziner trafen die ersten Stiche die Frau in einer liegenden oder zumindest fast liegenden Position, resümiert die Richterin. Die Experten gingen von einem „dynamischen“ Geschehen aus, das sich zunächst im Schlafzimmer und dann im Flur der Frankenthaler Wohnung abspielte, wo noch größere Mengen an Blut gefunden worden seien.

„Das konkrete Motiv der Tat wird wahrscheinlich nie aufgeklärt werden“, sagt Steingart. Zu Beginn des Verfahrens war die Staatsanwaltschaft von einem Sorgerechtsstreit ausgegangen, das mutmaßliche Motiv erhärtete sich während des Verfahrens jedoch nicht. Sicher sei hingegen, dass der Angeklagte die Mutter seiner Kinder töten wollte. Und dies habe er mit großer Wucht getan, so die Richterin. Sie ließe sich an den tiefen und stark blutenden Verletzungen und der Tatort voller Blutlachen ablesen, der seinesgleichen suche. „Diese Tat birgt eine besondere Tragik, weil sie in Anwesenheit der Kinder stattfand“, sagt Steingart. Sie hoffe, dass die Vierjährige im verschlossenen Wohnzimmer nichts davon mitbekommen habe, ihre Mutter nicht habe schreien hören. Ein umsichtiger Polizeibeamter habe das Mädchen beim Heraustragen mit einem Pulli geschützt. Für den Einjährigen gebe es die Hoffnung, dass er sich an das grausige Geschehen nicht werde erinnern können.

Redaktion

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