Ellerstadt/Mannheim. Am Sonntagabend, kurz nach 18 Uhr, spielen sich dramatische Szenen im vorderpfälzischen Ellerstadt im Kreis Bad Dürkheim ab. In der Akaziensiedlung soll ein 36-jähriger Mann seinen Vater körperlich angegriffen und getötet haben. „Mehrere Nachbarn haben den Streit mitbekommen, es ging wohl ziemlich laut zu“, sagt ein Sprecher des Polizeipräsidiums Rheinpfalz im Gespräch mit dieser Redaktion.
Notrufe gehen bei der Polizei ein. Als die Beamten vor dem Haus der Familie eintreffen, steigt der 36-Jährige in das Auto seiner Mutter, so der Sprecher. Und fährt los. „Die Beamten haben versucht, ihn aufzuhalten - vergeblich“, sagt der Polizeisprecher. Anschließend seien sie ihm in die Richtung gefolgt, in die der Mann davongefahren sei. Doch der 36-Jährige sei bereits verschwunden gewesen.
Psychische Erkrankung im Fokus
Während die Beamten den Mann zur Fahndung ausschreiben, bahnt sich 23 Kilometer entfernt, im Mannheimer Stadtteil Neckarau, die nächste Katastrophe an.
In Ellerstadt treffen die Beamten auf die Eltern des Mannes. Die Mutter ist leicht verletzt, der 69 Jahre alte Vater tot. „Der mutmaßliche Täter hat keine Schusswaffe benutzt“, so der Polizeisprecher. Eine Obduktion soll nun Klarheit bringen, woran der Mann gestorben ist. „Wir wissen bislang, dass der Vater körperlich angegriffen wurde, Stichwaffen können wir noch nicht ausschließen.“
Gegen 18.30 Uhr radeln laut Polizei vier Menschen die Rhenaniastraße in Neckarau entlang. Zwei Männer sind allein unterwegs, außerdem ein Paar, eine 71 Jahre alte Frau und ihr Ehemann. Es ist ein lauer Sommerabend. Die Radfahrer verteilen sich auf eine Strecke von anderthalb Kilometern. Und werden laut Polizei einer nach dem anderen erfasst - von dem Auto, das eine halbe Stunde zuvor die Akaziensiedlung verlassen hat. Die 71-jährige Frau wird so schwer verletzt, dass sie noch an der Unfallstelle stirbt. Ihr Ehemann und die beiden anderen Radfahrer werden schwer verletzt in Krankenhäuser eingeliefert. Einer von ihnen konnte die Klinik inzwischen wieder verlassen.
Am Montag veröffentlichen Polizei und Staatsanwaltschaft eine gemeinsame Erklärung. „Es ist nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen wahrscheinlich, dass der Tatverdächtige die Radfahrer absichtlich anfuhr“, heißt es darin. Eine Amoktat? „Bis jetzt sprechen wir nicht von einer Amoktat und haben aktuell auch keinerlei Anhaltspunkte für eine politisch motivierte Tat“, so Marc Schreiner, Sprecher der Mannheimer Staatsanwaltschaft, der inzwischen auch die Ermittlungen in Ellerstadt obliegen. Beim Polizeipräsidium Mannheim wurde eine 20-köpfige Ermittlungsgruppe gebildet, die nun auch klären soll, was den 36-Jährigen zu den Taten bewegt hat.
„Ersten Ermittlungsergebnissen zufolge befand sich der 36-jährige Tatverdächtige aufgrund einer psychischen Erkrankung in ärztlicher Behandlung“, heißt es in der Stellungnahme von Polizei und Staatsanwaltschaft weiter. Er sei stationär in einer Klinik in Behandlung gewesen, die er vor rund einer Woche verlassen haben soll. Nähere Angaben zur Art der Erkrankung möchten die Ermittler zum jetzigen Zeitpunkt nicht machen. Nur so viel: Sie gehen davon aus, dass die Taten in einem „psychischen Ausnahmezustand“ verübt wurden.
Nachdem er laut Polizei vier Menschen erfasst hat, fährt der 36-Jährige weiter, bis ans Ende der Graßmannstraße. Dann steigt er aus und zieht einen Teil seiner Kleidung aus. Er läuft Richtung Rhein - und springt in den Fluss.
Nach Angaben der Polizei beobachtet ihn ein Zeuge dabei. Ein Polizeihubschrauber kreist über der Stelle, lotst die Wasserschutzpolizei, der es schließlich gelingt, den Mann festzunehmen und in ein Krankenhaus zu bringen, wo er sich laut Polizei weiterhin befindet. „Es wird die einstweilige Unterbringung des Tatverdächtigen in einem psychiatrischen Krankenhaus angestrebt“, heißt es in der gemeinsamen Mitteilung.
Am Tag nach dem Drama ist es still in der Rhenaniastraße. Die Markierungen der Ermittler auf dem Asphalt erinnern an das, was am Sonntagabend dort passiert ist. Ein Reflektor liegt am Straßenrand. Eine goldene Armbanduhr liegt im Gleisbett und tickt, an einem Ort, der am Montag still zu stehen scheint.
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