Tourismus

Teil des Mannheimer Sparkassen-Skandals: Nun schließt das Speyerer Binshof-Hotel

Zum 31. Dezember hat die Lindner-Gruppe die Pacht für das Binshof-Hotel am Speyerer Binsfeld gekündigt. Nachfolger gibt es noch nicht. Für Sparkassen-Vorstände gab es vor 20 Jahren sogar Freiheitsstrafen wegen des Objekts

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Stephan Alfter
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Brachte die Mannheimer Sparkasse in Schieflage: das Binshof-Hotel zwischen Speyer und Otterstadt. © Klaus Venus

Speyer. Der Fall erschütterte einst die gesamte Metropolregion Rhein-Neckar und dezidiert die Sparkasse in Mannheim. Schuld war vor allem ein Gebäude, das bis heute von der Gruppe Lindner-Hotels in Speyer betrieben wird. Aber nicht mehr lange.

Weil sie in den 1990er Jahren viel zu riskante Kredite vergeben hatte, taumelte die Sparkasse Mannheim zum Jahrtausendwechsel und kurz vor der Währungsumstellung auf den Euro am Abgrund. Bei einer Bilanzsumme von rund sechs Milliarden D-Mark schrieb das Geldinstitut Ende der 90er einen Betrag in dreistelliger Millionenhöhe ab.

Das Haus musste gerettet werden - was damals durch Finanzspritzen des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands, des Badischen Sparkassen- und Giroverbands sowie der Stadt Mannheim geschah. Die zusammengetrommelten 400 Millionen D-Mark sorgten für die Sicherung der Bank, die anschließend zum 31. Dezember 2000 mit der Sparkasse Weinheim zur Sparkasse Rhein-Neckar Nord fusionierte.

Der Mannheimer OB Gerhard Widder (SPD) - ehemaliger Verwaltungsratsvorsitzender bei der lokalen Sparkasse - geriet in seiner letzten Amtszeit (bis 2007) gehörig unter Druck. Damalige Sparkassenvorstände wurden zu Freiheitsstrafen verurteilt. Am Ende blieben 76 Millionen Euro an der Stadt Mannheim hängen, die sie ab 2008 jährlich „abstotterte“.

Pfälzer Hotelier erhielt Kredite über 100 Millionen Euro

Warum diese lange Vorgeschichte? Weil ein Teil der Risiko-Kredite der Mannheimer Sparkasse damals, in der ersten Hälfte der 90er Jahre, an den pfälzischen Hotelier Rolf Ramsteiner gegangen war. 100 Millionen D-Mark hatte sich der seinerzeit in Neuhofen lebende Mann, der vorher mal Techniker bei der BASF war, zusammengeliehen.

Nach der Insolvenz Ramsteiners und einer Odyssee an Gerichtsverhandlungen, pachtete im Jahr 2001 die Lindner Hotel AG das 5-Sterne-Haus, das fortan unter dem Namen Linder-Hotel & Therme Binshof firmierte. Erworben hatte es die Westdeutsche Immobilien Projekt GmbH, eine Tochter der West LB, bei einer Zwangsversteigerung für 16,8 Millionen D-Mark am Amtsgericht Speyer. Bis heute gehört das Gebäude einem Immobilienfonds.

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Das neue Management sorgte ab 2001 für ruhigeres Fahrwasser. Das Haus wurde jedenfalls zunehmend zum Anziehungspunkt für Wellness-Begeisterte aus der Region. Kaum eine Speyerer Mutter, die in all den Jahren nicht mindestens einmal einen Thermen-Gutschein unter dem Weihnachtsbaum gefunden hat. Mit regelmäßigen Ausstellungen lokaler Künstler versuchte das Hotel eine Anbindung an die Gesellschaft in der Domstadt zu finden.

Es sollte sich schließlich irgendwie herumsprechen, dass das Haus eine gute Adresse für Pfalz-Touristen und Beauty-Begeisterte ist. Formel-1-Fahrer übernachteten hier mitsamt ihren Teams. Künstler, die das Mannheimer Maimarkt-Gelände bespielten, logierten in einem der rund 140 Zimmer. Im Sommer 2002 hielt der FC Bayern München unter Trainer Otmar Hitzfeld ein Trainingslager rund um den Binshof ab.

Mehmet Scholl, Claudio Pizarro und Hassan Salihamidzic trabten des Morgens um dem idyllischen Mondsee, Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge bastelten am neuen Kader, weil Roque Santa Cruz das Hotel - schwer am Knöchel lädiert - verlassen musste.

Im Dezember 2003 schloss das Hotel für drei Monate. Zimmerzahlen wurden verdoppelt, die Fläche des Spa-Betriebs wuchs durch eine Außensauna. Man schwamm auf der Wellness-Welle, und der Parkplatz des Hotels war prall gefüllt.

Das alles stellt sich im Jahr 2023 deutlich anders dar. In Düsseldorf bestätigte ein Sprecher der Gruppe dieser Redaktion, dass die Lindner Hotel Group, die bisher in sieben europäischen Ländern 32 Objekte betreibt, den Pachtvertrag für das Hotel in Speyer zum 31. Dezember dieses Jahres fristgerecht auslaufen lässt und nicht fortsetzen wird.

„Der Standort hat sich nicht so entwickelt wie erhofft“, lässt sich das Unternehmen mit einem Jahresumsatz von zuletzt rund 190 Millionen Euro weiter zitieren, um anzufügen, dass es auch Investitionsbedarf in dem Gebäude gebe. Ob es darüber zu einem Konflikt mit dem Eigentümer, also dem Immobilienfonds, gekommen ist, darüber schweigt man sich ebenso aus wie über eine zahlenbasierte lokale Bilanz.

Unklar, wie es in Räumen des Binshof-Hotels weitergeht

Ulrike Schmitz-Delgado, seit zweieinhalb Jahren General-Managerin des Speyerer Lindner-Standorts, sagte auf Anfrage gegenüber dieser Redaktion, dass sich um jeden der Beschäftigten gekümmert werde. Bei Lindner sei man sehr auf das soziale Wohl der Mitarbeitenden bedacht. Rund 50 von ihnen haben vor einigen Wochen die Information bekommen, dass es Ende des Jahres nicht weitergeht und betriebsbedingte Kündigungen folgen würden.

Nicht bekannt ist derzeit, ob es ab Januar einen direkten Nachfolger gibt oder welchen anderen Plan der Immobilienfonds mit dem Objekt verbindet. Entsprechende Anfragen bleiben bislang unbeantwortet. Damit ist auch die Frage offen, ob der Spa-Bereich, der in den vergangenen drei Jahren nicht mehr von Lindner verantwortet wurde, bei einem neuen Pächter erhalten bliebe. Feststehen dürfte, dass die Sparkasse Rhein-Neckar Nord bei einer neuerlichen Kreditanfrage aus Speyer wohl etwas zurückhaltender wäre.

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

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