Verkehr - Heute vor 150 Jahren eröffnete die Rheintalbahn zwischen Mannheim und Karlsruhe

Soldaten als erste Fahrgäste

Von 
Andreas Lin
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Rhein-Neckar. Geschichte wiederholt sich doch. Wenn in diesen Zeiten der Corona-Pandemie etwas eingeweiht wird, dann wird es entweder verschoben, bis richtig gefeiert werden kann, oder es geschieht ohne großes Aufhebens. So war es auch vor genau 150 Jahren, als die Eisenbahnstrecke Mannheim – Karlsruhe, auch Rheinbahn oder Rheintalbahn genannt, am 4. August 1870 ihren Betrieb aufnahm. Denn zum Feiern war damals niemandem zumute, hatte doch wenige Tage zuvor der Deutsch-Französische Krieg begonnen. Und die ersten Züge, die auf den neuen Gleisen rollten, transportierten keine normalen Passagiere, sondern verwundete Soldaten, die in Lazarette – wie etwa im Schwetzinger Schloss – gebracht wurden.

Umweg über Heidelberg

Mannheim war schon 30 Jahre vorher an das neue rollende Verkehrssystem angebunden worden. Die Badische Hauptbahn wurde ab 1840 von Mannheim über Heidelberg nach Karlsruhe und von dort aus weiter bis 1855 nach Basel und später bis nach Konstanz gebaut. Insbesondere der Stadt Mannheim war jedoch der Umweg über Heidelberg ein Dorn im Auge, da ihr unmittelbares Einzugsgebiet, das sich unmittelbar am Rhein um die Städte Schwetzingen und Hockenheim befand, links liegen geblieben war.

Motor der Initiative war der Mannheimer Speditionsunternehmer Gustav Hummel. Der gebürtige Elsässer kam 1847 nach Mannheim, wurde bald Mitglied der Handelskammer, später auch Gemeinderat und Landtagsabgeordneter. Er war auch Mitglied des „Centralkomitees zur Förderung der Herstellung einer direkten Eisenbahnverbindung zwischen Mannheim und Karlsruhe“, das Stadt und Handelskammer Mannheim sowie eine größere Zahl interessierter Gemeinden 1865 gegründet hatten. Sie beantragten den Bau der Bahn auf Staatskosten und veröffentlichten eine Denkschrift. Darin versuchten deren Autoren eine Verkürzung der Fahrtzeit, eine Stimulierung des Lokal-und Transitverkehrs sowie eine Einsparung bei den Betriebskosten nachzuweisen, wie im Stadtarchiv Mannheim nachzulesen ist.

Die badische Staatsregierung stufte das Projekt weder als besonders dringlich ein noch wollte sie weitere Finanzmittel für den kapitalintensiven Bahnbau freimachen. Sie lehnte den Antrag der Gemeinden zunächst ab, wie Karl Müller in seinem 1904 veröffentlichten Buch über die badischen Eisenbahnen schreibt. Daraufhin wurden die beteiligten Gemeinden – mit Mannheim an der Spitze – selbst aktiv und zeigten sich schließlich bereit, den Bau der Strecke auch auf eigene Kosten zu übernehmen.

Gustav Hummel war der große Fürsprecher der Strecke, er trat er im Landtag energisch für dieses Projekt ein und hatte schließlich Erfolg. Vor allem seinem Engagement ist es zuzuschreiben, dass die Bahnlinie bereits 1868 begonnen und schon am 4. August 1870 in Betrieb genommen werden konnte. Eine Rolle spielte sicherlich auch, dass der badische Staat naturgemäß ein großes Interesse an der Förderung der wirtschaftsstarken nordbadischen Region hatte, unter anderem mit dem Anbau von Sonderkulturen wie Hopfen und Tabak.

Irgendwann kam es zu einem Umdenken bei den politischen Entscheidungsträgern, auch weil die Strecke Mannheim–Heidelberg–Karlsruhe immer mehr überlastet war. Am 20. Februar 1868 formulierte die badische Regierung Rechte und Pflichten beider Vertragsparteien im Zuge des projektierten Bahnbaus. „Baden sicherte sich mit diesem Gesetz umfangreiche Vorbehaltsrechte, gewährte den potenziellen Bahnbauern aber auch einige (steuerliche) Vorteile“, heißt es in einer Denkschrift des Eisenbahn-Comites.

Kaufpreis 3,2 Millionen Gulden

Am 30. April 1868 erhielt die Stadt Mannheim eine Konzession „zum Bau einer vom Hauptbahnhof in Mannheim über Schwetzingen durch die Rheinebene zum Hauptbahnhof Karlsruhe führenden Eisenbahn. Letztlich wurde der Bau der 62 Kilometer lange Strecke von Mannheim über Schwetzingen, Graben-Neudorf und Eggenstein nach Karlsruhe durch die Hardt von der Stadt Mannheim finanziert und wurde vereinbarungsgemäß am Tag der Eröffnung von der Badischen Staatsbahn gegen den Kaufpreis von 3,2 Millionen Gulden übernommen. Die Strecke wurde damals auch als Rheinbahn bezeichnet, jedoch existieren auch ältere Landkarten, auf denen sie ebenfalls als Rheintalbahn bezeichnet ist.

Zahlen und Fakten

  • Die Rheinbahn oder auch Rheintalbahn ist Teil der Badischen Hauptbahn, die ab 1840 von Mannheim über Heidelberg (eröffnet am 12. September 1840) und Karlsruhe nach Basel und Konstanz gebaut wurde (Länge: 414,3 Kilometer). Sie verläuft parallel zur Rheintalbahn via Bruchsal und Durlach (72,9 Kilometer).
  • Die Länge von Mannheim bis Karlsruhe beträgt 60,7 Kilometer.
  • Kursbuchstrecke (KBS) 700 – Streckennummer 4020.
  • Finanziert wurde sie durch die Stadt Mannheim und genehmigt 1868.
  • Eröffnet wurde sie am 4. August 1870.
  • Später entstanden weitere Querverbindungen, wie die Bahn HeidelbergSchwetzingenSpeyer, die 1873 eröffnet und 1945 (Speyer) sowie 1967 (Heidelberg) stillgelegt wurde.
  • Auch von Rheinau gab es ab 1905 eine Nebenbahn nach Brühl und später Ketsch, sie existierte bis 1966.

Redaktion Stv. Redaktionsleiter + Lokalsportchef Schwetzinger Zeitung

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