Umwelt

"So viele wie noch nie"- Ludwigshafen muss 3600 Bäume fällen

Weil es in den Vorjahren zu trocken war, müssen in Ludwigshafen 3600 Bäume gerodet werden. Doch das ist nicht das einzige Problem: Auch Nachpflanzungen gestalten sich schwierig

Von 
Thomas Schrott
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Stadtgebiet Ludwigshafen. © Bernhard Zinke

Ludwigshafen. Die häufigen Regenfälle seit Herbst sorgten zwar für eine Linderung, am Grundproblem ändert sich aber wenig. Durch „anhaltenden Trockenstress“ in den vergangenen Jahren sind viele Bäume im Ludwigshafener Stadtgebiet nachhaltig geschädigt. Deshalb muss die Verwaltung 3600 Bäume fällen. Das ist ein neuer Rekord. „So viele waren es noch wie“, berichtet Bereichsleiterin Gabriele Bindert und spricht von einer beängstigenden Entwicklung.

Schäden an Bäumen in Ludwigshafen: Zu wenig Niederschlag

Die städtischen Mitarbeiter kommen bei so vielen Rodungen personell gar nicht mehr nach. Daher billigte der Werksausschuss Wirtschaftsbetrieb Ludwigshafen (WBL) Aufträge für Fällungen an externe Firmen für insgesamt 665 000 Euro. „Es ist traurig, dass eine solche Vorlage für den Ausschuss notwendig ist“, sagt Bindert.

Baumbestand

  • In Ludwigshafen – einschließlich des Maudacher Bruchs – stehen etwa 135 000 Bäume, davon 65 000 an Straßen und in Grünflächen.
  • Die häufigsten Baumarten: Ahorn, Hainbuche, Esche und Pappel. Bei Neupflanzungen greift die Verwaltung vermehrt auf Amberbäume und Ulmen zurück.
  • Für Baumkontrollen will das hoch defizitäre Ludwigshafen 2024 4,7 Millionen Euro ausgeben. Bei Kontrollen wird der Zustand der Gehölze klassifiziert. Bei den zwei höchsten Schadensklassen werden sie innerhalb von zwei Wochen gefällt.
  • Im noch nicht genehmigten Etat sind für Neupflanzungen eine Million Euro vorgesehen. 2019 waren es 200 000 Euro. 

Aber das Ausmaß der Baumschäden sei weiter gestiegen. Entsprechend klettert die Zahl der jährlichen Rodungen von 1700 im Jahr 2017 auf 2900 im Jahr 2021 und nun auf einen Höchststand. Vor allem 2019 und 2020 sei extrem wenig Niederschlag gefallen, begründet die Bereichsleiterin das Absterben der Gehölze.

Wo Bäume in Ludwigshafen gefällt werden müssen

„Bäume können zwar eine gewisse Durststrecke überstehen, aber irgendwann ist der Grenzwert erreicht, wo es nicht mehr geht.“ Von den 3600 Fällungen in dieser Vegetationsperiode sind 400 Bäume an Straßen, 100 auf Friedhöfen und 2000 in Grünanlagen betroffen. 1549 Rodungen stehen in den nächsten Wochen noch an, davon mit 362 die meisten in Rheingönheim.

Die Schädigung an heimischen Bäumen lässt sich etwa an der Laubfärbung – wie an diesem geschädigten Bergahorn – bemerkbar. © IMAGO/Gottfried Czepluch

„Dort geht es aber nicht nur um Bäume an Straßen, sondern auch in einem Waldgebiet“, ergänzt Umweltdezernent Alexander Thewalt. Von den Gehölzarten bereitet der Verwaltung derzeit der Ahorn die größten Probleme. „Birken sind schon fast alle eingegangen. Seit zwei Jahren sind immer mehr Hainbuchen geschädigt“, verdeutlicht die Grün-Chefin das konkrete Ausmaß. In der Fußgängerzone Bismarckstraße werden nun Ulmen gesetzt.

Widerstandsfähige Bäume: Austausch mit Experten

Schon seit Jahren bemüht sich die Verwaltung, widerstandsfähigere Baumarten zu setzen. Dabei hält sie engen Kontakt mit Baumschulen, die vieles ausprobieren. Welche Gehölze die tendenziell immer heißer werdenden Sommermonate vertragen, darüber tauschen sich die Grün-Experten auch im Arbeitskreis deutsche Gartenamtsleiter mit anderen Städten aus. „Wir überlegen in alle Richtungen und verteidigen jedes Grün in der Stadt mit Klauen und Zähnen“, erläutert die stellvertretenden WBL-Leiterin die Marschroute.

Wir überlegen in alle Richtungen und verteidigen jedes Grün in der Stadt mit Klauen und Zähnen.

Angesichts der hoch defizitären Finanzlage der Stadt ist sie sehr erfreut über Spenden für diesen Bereich. 70 Bäume stiftete etwa der Grüne Kreis, 40 steuerte die Siedlergemeinschaft Gartenstadt bei. Dank eines Förderprogramms kann die Stadt 250 Straßenbäume nachpflanzen.

Was Kommunalpolitiker zur Lage der Bäume in Ludwigshafen sagen

Dies ist aber nicht nur für Jens Brückner (Grüne und Piraten) zu wenig. „Haushaltsmittel und Spenden reichen nicht aus. Seit Jahren können wir den hohen Abgang an Bäumen nicht ausgleichen. Grün in der Stadt muss eine Pflichtaufgabe sein.“

Auch Heike Heß (Grüne im Rat) fordert mehr Anstrengungen. Die Maudacher Ortsvorsteherin Rita Augustin-Funck (CDU) kritisiert, dass Nachpflanzungen im Stadtteil teilweise schlampig ausgeführt worden seien, und appelliert Holz- statt Kunststoffstützen zu verwenden. „Die Bürger sind beim Thema Bäume sehr sensibel.“ Holzstützen halten aber oft nicht so lange durch, entgegnet die Bereichsleiterin, die gleichwohl jeden Hinweis dankbar aufnimmt und zugleich die Neuorganisation der Jungbaumpflege ankündigt. „Insgesamt ist es eine Herkulesaufgabe.“

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Dies sieht auch der parteilose Dezernent so. „Wir hangeln uns von Jahr zu Jahr. Dabei ist es ein Riesenthema, bei dem wir ein Konzept mit langfristigen Mitteln brauchen.“ Zugleich räumt Thewalt Probleme bei Nachpflanzungen an Straßen ein. „Wegen vieler Leitungen im Erdreich und für den Anprallschutz gegen Autos brauchen wir oft mehr Fläche für die Bäume als bisher. Dadurch fällt der eine oder andere Stellplatz weg.“ Die Lösung dieser Interessenskonflikte stuft Thewalt als Herausforderung ein: „Das ist die Königsdisziplin.“

Redaktion MM-Redakteur seit 1984, zuständig für den Bereich Ludwigshafen - mit all seinen Facetten

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