Technik Museum

So macht Astro-Alex in Speyer die Bedeutung der Raumfahrt klar

Sogar sein früherer Lehrer war da: Ein sympathischer Auftritt ist dem populären deutschen Weltraumpiloten Alexander Gerst im Technik Museum gelungen. Fliegt er bald zum Mond?

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Stephan Alfter
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Alexander Gerst ist seit Jahren ein viel gefragter Wissenschaftler und Astronaut: Der 46-Jährige war am Freitag in Technik Museum in Speyer. © Klaus Venus

Speyer. Sein einstiger Lehrer am Gymnasium im württembergischen Öhringen berichtet noch immer ganz stolz von seinem früheren Schützling Alexander Gerst. Es habe schon damals während des Unterrichts interessante Diskussionen mit ihm gegeben, die manchmal eine ganze Schulstunde gedauert hätten und unter den Mitschülern als Thomas-Alex-Gespräche bekannt geworden seien, berichtet er dieser Redaktion. Am Freitag traf er ihn im Technik Museum erstmals seit einem Klassentreffen im Jahr 2015 wieder. Gerst hatte über Umwege erfahren, dass sein einstiger Naturwissenschaftslehrer keine Karte bekommen hatte für den Vortrag in der Domstadt. Der Astronaut rief ihn einfach an und sagte: „Thomas, Du stehst auf der Gästeliste.“

Nach Speyer ließ der Abiturient aus dem Jahr 1995, der derzeit zu den populärsten Weltraumpiloten Europas gehört, nun viele Dinge transportieren, die ihn auf seinen Flügen ins All und auf die Internationale Raumstation begleitet haben. Dort übernahm er während seiner jüngsten Mission im Jahr 2018 sogar das Kommando - für 196 Tage. Das Technik Museum hat den Bereich noch einmal erweitert, in dem alle deutschen Astronauten sichtbar werden. Von der Zahnbürste bis zum T-Shirt sind in Glasvitrinen Gegenstände zu bestaunen, die mit Gerst um den Globus geflogen sind.

Mission Gateway

Zusammen mit weiteren Raumfahrtorganisationen plant und baut die europäische ESA seit einiger Zeit eine Raumstation, die den Mond in nächster Nähe umkeisen soll. Der Kurzname für die Plattform heißt Gateway, was so viel wie Portal bedeutet.

Geophysiker Alexander Gerst ist in das Projekt eingebunden. Er arbeitete 2014 und 2018 je ein halbes Jahr auf der Internationalen Raumstation 400 Kilometer über der Erde.

Als bisher letzter Deutscher war der Saarländer Matthias Maurer (52) am 6. Mai von der ISS zurückgekehrt. sal

 

„Für mich ist es schön zu sehen, dass die Dinge hier ein Zuhause gefunden haben“, zeigte sich Gerst begeistert, als er am Freitag von Hunderten Raumfahrt-Fans in Speyer empfangen wurde. Und zwar zu einem ausverkauften Vortrag vor Erwachsenen und Kindern, in dem der 46-Jährige erzählte, wie das Leben als Astronaut auf einer Mission so ist. Gerst ist sehr gut darin, seinen Zuhörern die Dimensionen menschlichen Handelns zu vermitteln. „Seit Hunderttausenden Generationen schauen die Menschen von der Erde in den Himmel. Jetzt erleben wir erst die zweite Generation, die von oben herunterschauen kann“, war so ein Satz, der jedem sofort klar macht, wie jung diese Raumfahrt noch ist. Mit einem weiteren Vergleich machte Gerst deutlich, was der Menschheit mit der Raumfahrt gelungen ist. „In ein paar tausend Jahren werden wir den Moment des Starts der Raumfahrt als so signifikant ansehen, wie der erste Fisch, der den Ozean verlassen hat.“

Chinesische Mauer gesehen

Dass er zu den immer noch sehr wenigen Menschen gehört, die den Planeten Erde verlassen konnten, macht den Mann ganz ohne weiteres Zutun zu einer faszinierenden Gestalt. Der in Künzelsau geborene Geophysiker weiß um diese Eigenschaft, und er ist ein geschulter Rhetoriker, dem die Besucher am Freitagnachmittag an den Lippen hängen. Gerst zeigt ihnen Speyer - aus dem Weltraum fotografiert. Er zeigt, dass man die Chinesische Mauer tatsächlich aus dem All erkennen kann. Er zeigt aber auch, wie erschreckend sich das Amazonas-Gebiet und die Regenwälder seit dem Jahr 2014 entwickelt haben. Die abgeholzten Flächen sind anhand dieser Bilder für niemanden mehr zu ignorieren. „Würden uns Außerirdische als intelligente Spezies einordnen, wenn sie sähen, dass wir unseren Planeten zerstören und gegeneinander Kriege führen?“, fragte Gerst ironisch ins Publikum.

Mondlandung für Gerst möglich

Wie man friedlich auf engstem Raum unter mehreren Nationen miteinander leben kann, zeigen Gersts Bilder von der ISS, die er immer wieder einbaut. Sie sei so ziemlich die komplexeste Maschine, die die Menschheit je realisiert habe. Jeder, der schon einmal ein Haus gebaut und dafür nur einen einzigen Bauhaus-Besuch zur Verfügung gehabt habe, könne das verstehen.

Aber: Die Lebenszeit der ISS ist begrenzt. Wie geht es weiter nach 2030? Darüber würden die Beteiligten demnächst auf Konferenzen sprechen. Und der Raumfahrer, der sich berechtigte Hoffnungen auf einen Besuch auf dem Mond mit der Artemis-Mission machen darf, gab einen weiteren Ausblick auf das, was man auf dem Erdtrabanten in den kommenden Jahren wissenschaftlich erforschen wolle. Schon am Samstag fliege er zur Vorbereitung auf die Vulkaninsel Lanzarote.

Die Kinder interessieren sich nach Gersts Vortrag mehr für die irdischen Dinge: „Wie schmeckt das Essen im All?“, lautet die erste Frage. Ganz ok, aber er habe wieder mal Lust auf Pizza gehabt nach seiner Rückkehr, antwortet Astro-Alex.

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

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