St. Leon-Rot. Es ist für Januar mit rund zehn Grad ein milder Wintertag. In einem Bäcker-Café in St. Leon-Rot sitzen Menschen, die ihre Heißgetränke in der Sonne genießen. Ein unwirklicher Kontrast zu dem, was sich einige hundert Meter weiter abspielt: weiß-rote Polizeibänder flattern im Wind, die Zufahrt zum Löwenrot-Gymnasium ist gesperrt, genauso wie die umliegenden Straßen. Vor der Schule wimmelt es von Polizei- und Rettungskräften. Gegenüber des Eingangs ist ein weißer Pavillon des DRK aufgebaut, der auf das tödliche Beziehungsdrama hindeutet, das sich wenige Stunden zuvor in der Schule abspielt hat.

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Polizeisprecher Patrick Knapp blickt ernst in die Kameras. Am Donnerstagvormittag gegen 10.20 Uhr habe sich eine Gewalttat in der Schule zugetragen, erklärt er. Dabei soll mutmaßlich ein 18-Jähriger seine gleichaltrige Mitschülerin getötet haben. Wie die Polizei am Nachmittag mitteilt, habe der Tatverdächtige das Opfer mit einem Messer angegriffen und tödlich verletzt. Zunächst sei noch versucht worden, die Schülerin zu reanimieren. Diese Versuche seien jedoch gescheitert. Die Jugendliche starb.
Unmittelbar nach der Tat wird das Gymnasium evakuiert. Einsatzkräfte bringen die rund 600 Schülerinnen und Schüler sowie das Schulpersonal in eine nahe gelegene Halle, wo der Seelsorgedienst und das Polizeipersonal sie betreut.
Täter zunächst flüchtig
Schwer bewaffnete Polizisten durchsuchen nach dem Gewaltakt die Schule. Dem 18-jährigen mutmaßlichem Täter gelingt zunächst mit einem Fahrzeug die Flucht. Die Polizei nimmt den Verdächtigen schließlich drei Stunden nach dem Verbrechen, kurz nach 13 Uhr, in Seesen in Niedersachsen fest. Zuvor sei er mit seinem Auto in einen Unfall verwickelt gewesen, bei dem er auch verletzt wurde.
Da die Polizei nach ersten Ermittlungen von einer Beziehungstat ausgeht, gibt sie zunächst Entwarnung für die anderen Schülerinnen und Schüler sowie für die Öffentlichkeit. Ein Sprecher der Polizei sagt vor Ort jedoch: „Ich kann nicht in den Kopf der Person reinschauen, vieles ist möglich.“
Nach Angaben der Polizei hat die getötete 18-Jährige bereits im November 2023 Anzeige wegen körperlicher Gewalt gegen den mutmaßlichen Täter erstattet. Abgesehen davon sei er strafrechtlich bislang nicht in Erscheinung getreten. Berichte, wonach gegen den Tatverdächtigen ein Annährerungsverbot ausgesprochen worden sein soll, konnte die Polizei auf Anfrage nicht bestätigen.
Die Staatsanwaltschaft Heidelberg will im Laufe dieses Freitags beim zuständigen Amtsgericht Heidelberg einen Haftbefehl gegen den Tatverdächtigen erwirken. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und des Fachdezernats der Kriminalpolizeidirektion Heidelberg, insbesondere in Bezug auf den konkreten Tathergang und die Hintergründe der Beziehungstat, dauern weiterhin an.
Vor Ort werden die Schülerinnen und Schüler, die zunächst in einer nahe gelegenen Veranstaltungshalle untergebracht waren, nach und nach von ihren Eltern abgeholt. Im Einsatz ist an diesem Donnerstag neben den Rettungskräften und den 15 bis 20 Polizeifahrzeugen auch ein Hubschrauber. Bis zum späten Nachmittag bleiben die Zufahrtsstraßen gesperrt, ebenso die Schule selbst. Im Gebäude ist lange die Kriminaltechnik beschäftigt.
„Schlimm, schlimm“, kommentiert ein Beistehender das Geschehen. Ein Freund habe ihn per Handy gefragt, was gerade in St. Leon-Rot los sei. Er hatte zu dem Zeitpunkt noch gar nichts von dem Aufruhr mitbekommen. „Dann bin ich rüber gelaufen“, erzählt er. Betroffen zeigt er sich vor allem in Hinblick auf die Eltern des Mädchens.
Reaktion des Kultusministeriums
Auch die baden-württembergische Kultusministerin Theresa Schopper spricht nach der Gewalttat ihre Anteilnahme aus. „Diese furchtbare Tat hinterlässt unvorstellbaren Schmerz und tiefe Trauer. Unsere Gedanken sind bei den Angehörigen und der Schulgemeinschaft des Löwenrot-Gymnasiums. Wir tun unser Möglichstes, um den Schülerinnen und Schülern sowie den Lehrkräften zu helfen“, wird sie nach der Tat in einer Erklärung zitiert.
Sie fügt weiter hinzu: „Es ist wichtig, dass den Betroffenen Raum und Zeit gegeben wird, um diese Tragödie verarbeiten zu können. Daher appelliere ich auch an die Medienvertreter, Distanz zu den Schülerinnen und Schülern sowie Lehrkräften der Schule zu wahren.“
Thomas Strobl, Innenminister Baden-Württembergs, drückt ebenfalls sein Beileid aus. „Unsere Gedanken sind bei den Angehörigen und Freunden der verstorbenen Schülerin. Ihr Leid muss unermesslich sein“, sagt der CDU-Politiker am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. „Mit seiner Tat hat ein Heranwachsender einen anderen Menschen mitten aus dem Leben gerissen.“ Strobl dankt auch den Polizei- und Rettungskräften. „Der gesamten Schulgemeinschaft wünschen wir, dass sie dieses schlimme Ereignis bestmöglich verarbeiten können.“
Das Kultusministerium, das Regierungspräsidium und die Regionalstelle des Zentrums für Schulqualität und Lehrerbildung stehen laut Mitteilung des Landes im Austausch mit den lokalen Behörden. Auch Schulpsychologinnen und Schulpsychologen würden zur Unterstützung bereitstehen.
Das Löwenrot-Gymnasium befindet sich am Rande eines Wohngebietes. Nach Angaben der Schule besuchen dort rund 685 Schüler und Schülerinnen bei 85 Lehrkräften den Unterricht.
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