Rhein-Neckar. Am Nachmittag strömen immer mehr Leute ins Rhein-Neckar-Zentrum. In den Ladenstraßen drängen sich die Menschen. Die Sitzgarnituren sind meist besetzt. Die Kunden beißen in Brezeln, Bratwurst und Donuts, plaudern auf Abstand und mit Maske. Wer Platz braucht in der Enge, geht am besten in die Geschäfte. Denn dort herrscht so gut wie gar kein Gedränge.
Der 6. Januar ist üblicherweise Top-Einkaufstag in der Viernheimer Shopping-Mall. Auf den Parkplätzen dominieren Autos mit Kennzeichen baden-württembergischer Städte. Die Menschen kommen zum Bummeln, zum Flanieren. Schließlich ist Feiertag im Südwesten. Da lässt sich’s in Ruhe umschauen. Familie Walter ist sogar aus Heilbronn angereist, um sich hier im Einkaufszentrum umzusehen, wo schon die Prozente den Schlussverkauf langsam einläuten, der so gar nicht mehr genannt werden darf. Eine Jacke hat die Familie für den Vater schon gefunden. Jetzt warten die Kinder sehnsüchtig auf die Bimmelbahn, die gleich um die Ecke tutet. Alfred Uglar, Besitzer der Eisenbahn, die täglich durchs Center dampft, ist einigermaßen zufrieden. „Diese Woche war bis jetzt gut“, lächelt er und freut sich, dass endlich am Nachmittag dieses Dreikönigstags der Zuspruch etwas anzieht.
Julia ist aus Heidelberg mit ihrer Mutter angereist. Während die Mama noch bei Galeria nach Feiertags-Schnäppchen stöbert, macht die Tochter eine Shopping-Pause und stärkt sich mit frischem Backwerk. „Anstrengend“, findet sie es - und sehr voll.
„Ich habe damit gerechnet, dass so viel Andrang herrscht“, erzählt Aylien Akdeniz aus Mannheim, die mit ihrer Mutter Selda auf einer Bank in der Ladenstraße Platz genommen hat. Hier sind die beiden mit Yvonne Kaufmann ist Gespräch gekommen - sprichwörtlich über Gott und die Welt. „Ich bin hier vor allem, um mit den Menschen über Glauben zu reden. Ich bin aber nicht in irgendeiner Sekte“, sagt sie. Aylien Akdeniz will sich dagegen treiben lassen. „Es ist besser hier, als zuhause zu sein.“ Zudem fühlt sie sich sicher, da hier vermutlich die meisten Menschen geimpft seien.
Früher ein Top-Tag
Die Geschäftsleute haben indessen einen ganz anderen Eindruck. Früher sei der 6. Januar ein absoluter Top-Tag im Rhein-Neckar-Zentrum gewesen. Da hätten die Autos auf der A 659 schon Schlange gestanden und die Menschen darauf gewartet, dass um 9 Uhr die Rolltore hochgezogen werden, berichtet Susanne Pohl von der „Alten Brennerei“ ihre Erfahrungen aus noch gar nicht so lange zurückliegender Zeit. Heute sei es dagegen sehr ruhig. „Ich habe mit viel mehr Zuspruch gerechnet“, sagt sie. Dabei müssen die Kunden bei ihr noch nicht mal den Impfpass zücken. Ihre hochprozentigen Leckereien zählen zu den Produkten des täglichen Bedarfs. Montag bis Mittwoch dieser Woche sei mehr los gewesen, sagt sie. Und warum nicht am Dreikönigstag? „Das Wetter“, mutmaßt sie. Der Sonnenschein habe die Menschen wahrscheinlich eher zum Wandern in die Natur als ins Einkaufszentrum gezogen.
An den nicht so eindeutig erkennbaren Dialekten hört Yvette Leopold von der Yeans Halle heraus, dass nicht nur Kurpfälzer und Nordbadener die Gunst des hessischen Arbeitstags nutzen. Die meisten hätten sich auch an die 2G-Regeln gewöhnt, zum Teil ihren Personalausweis schon ins Handy-Etui gesteckt, sodass alles schnell und auf einen Blick zu erfassen sei. Dennoch: „Die Shopping-Lust will sich in diesen Corona-Zeiten einfach nicht einstellen.“ Man müsse als Kunde genau überlegen, was man wo einkaufen wolle. Mal schnell einfach in einen Laden hineinspringen und das Angebot zwanglos anschauen, das machen derzeit die wenigsten, sagt nicht nur Yvette Leopold.
Warten auf die Kundschaft
„In früheren Jahren haben wir schon zu acht hier gestanden, um die Kunden zu bedienen. Normalerweise wäre der Laden um diese Zeit rappelvoll“, bedauert Rebecca Dieter vom Herrenausstatter Engbers. Jetzt warten drei Kolleginnen auf Kundschaft, die sich nur vereinzelt blicken lässt. Auf ein Drittel im Vergleich von Vor-Corona-Zeiten schätzt sie den zu erwartenden Umsatz. „Das ist gerade ganz schwer für den stationären Handel“, sagt sie.
Alle bedauern auch, dass es keine 2G-Bändchen mehr wie vor Weihnachten gibt. Die hatte das Center-Management aus organisatorischen und Kostengründen direkt nach Weihnachten schweren Herzens abschaffen müssen. „Die Regelung mit den Bändchen hat super funktioniert - für die Kunden und für uns“, sagt Dagmar Berrang vom WMF-Laden. Da habe ein Blick gereicht. „Wenn’s das Bändchen wieder gäbe, wäre das einfacher für uns“, sagt auch Rebecca Dieter. Und sie ist sicher: „Dann würden die Leute auch wieder mehr einkaufen gehen.“
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