Mannheim. Wo sie vorfährt, da reagieren Menschen auf sie. Die neue Rhein-Neckar-Tram 2020 sorgt an mancher Station sogar für offene Münder. Am Mannheimer Paradeplatz reden wartende Passagiere über das 30 Meter lange Fahrzeug. Die Türen bleiben aber geschlossen. Drinnen sitzt der Mannheimer Bürgermeister Christian Specht (CDU) in seiner Funktion als Aufsichtsratschef der Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (rnv) und hält ein Mikrofon in der Hand. An Bord sind Brezeln und süße Teilchen. Was Specht vor einer Gruppe von Journalisten und anderen geladenen Gästen erzählt, klingt nach einer Erfolgsgeschichte - obgleich nach einer verspäteten.
78 weitere Exemplare bis zum Jahr 2025
Aber so einfach wie das alles klingt, war es gar nicht. Warum die Rhein-Neckar-Tram 2020 eigentlich eine RNT 2023 ist, wurde an dieser Stelle schon hinreichend geschildert. Lieferengpässe, Managementfehler, Corona, Ukraine-Krieg et cetera. Nun rollt der neue weiße Riese aus dem Hause Skoda in doppelter Ausfertigung täglich auf der sogenannten Buga-Linie zur Bundesgartenschau. 78 Geschwister der Tram sollen bis zum Jahr 2025 in Mannheim, Ludwigshafen und Heidelberg in unterschiedlichen Längen ankommen. 250 Millionen Euro kostet das – die größte jemals in der Geschichte der RNV getätigte Investition. Folgt man den Worten Martin in der Beeks, Technischer Geschäftsführer bei RNV, dann wird eine gewisse Erleichterung spürbar. In den vergangenen 20 Tagen seit der Punktlandung zum Buga-Start hat die Tram bereits rund 35.500 Gäste befördert. Auf den bisher erreichten 5500 Kilometern Strecke habe es keine nennenswerten Zwischenfälle gegeben, obwohl es eine Rekordzeit war, in der man das Fahrzeug mit all den erforderlichen Prüfungen und Testfahrten auf das Mannheimer Gleis gebracht habe.
Nach HD und LU erst im Spätjahr
Nach Heidelberg, Weinheim oder Bad Dürkheim fährt die Tram mit Gästen aber noch nicht. Auch nicht nach Ludwigshafen. Das soll nach Spechts Worten zwar noch in diesem Jahr gelingen, auf einen genaueren Zeitpunkt möchte er sich im Gespräch mit dieser Redaktion aber noch nicht festlegen. Hier müssten eisenbahnrechtliche Belange erfüllt werden. 17 weitere Exemplare der RNT 2020 sollen allerdings dieses Jahr noch aus Pilsen geliefert werden, wo Skoda dem Großauftrag aus der Metropolregion zu Beginn nicht unbedingt Priorität eingeräumt hatte. Das geschah erst nach einem Wechsel im Management, wie inzwischen bekannt ist.
Halbstündige Spazierfahrt mit süßen Teilchen
Specht wiederholte auf der halbstündigen Spazierfahrt durch die Mannheimer Innenstadt am Mittwochnachmittag nocheinmal, dass es die erste Bahn ist, die drei Städte zusammen kaufen, wenngleich es auf rheinland-pfälzischer Seite noch etwas mit Fördermitteln vom Land hapert. Die Stuttgarter Regierung gab immerhin 13 Millionen Euro dazu. Auf der anderen Rheinseite zitierte man RNV-Aufsichtsratschef Sprecht erstmal nach Trier, wo er der Aufsichtsbehörde Rede und Antwort stehen musste, weil die Stadt Ludwigshafen nachweislich nicht zu den reichsten Kommunen im Land gehört. Specht sagte, dass die RNT 2020 ein Ausdruck der Verkehrs- und Mobilitätswende sei und eine wichtige Alternative zum Individualverkehr darstelle. Sie sei eine wahrhaftige Bürgerbahn und müsse nun den Härtetest im Alltag bestehen. Das Feedback sei sehr gut.
Positive Kritiken nach 20 Tagen
Ein- und Ausstieg sind wirklich einfach wie nie – auch für Menschen mit Beeinträchtigungen. Das Design und die Anmutung werde gelobt, so Specht. Ein wichtiger Aspekt sei vielen die Ruhe, mit der das Fahrzeug unterwegs ist. Tatsächlich kommt es auch in engen kurven zu keinerlei Quietschtönen oder zu größeren Erschütterungen. Beim Komfort sind Entwicklungen in naher Zukunft zu erwarten: Das W-Lan an Bord funktionierte am Mittwoch noch nicht. Auf den großen Displays in der Bahn herrscht noch wenig Information. Kritische Fragen, so Specht, gebe es lediglich zu den Sitzen. Diese sind zu Teilen mit Holzoptik, aber vorwiegend mit Polstern ausgestattet. „Warum Holz?“, hätten einige gefragt. Specht selbst bevorzugt die etwas härtere Variante. Auch der Ludwigshafener SPD-Bundestagsabgeordnete und Aufsichtsratsmitglied Christian Schreider lobte die neue Bahn als Quantensprung. Bau- und Umweltdezernent Alexander Thewalt sprach mit Blick auf die neue Bahn davon, dass der ÖPNV das Rückgrat der Mobilitätswende sei. Als die Bahn zurück auf den Betriebshof in der Möhlstraße rollt, strahlt vor allem Projektchef Frank Ehemann.
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