Rhein-Neckar. Exakt 2758 Kilometer durch den kanadischen Teil der Rocky Mountains, dazu etwa 20 000 Höhenmeter in 28 Tagen auf dem Sattel seines Tourenrads - die nackten Zahlen sprechen für sich. Sie geben aber nicht ansatzweise das wieder, was Karsten Drath in den vergangenen vier Wochen erlebt hat. Der Management-Coach und Resilienz-Experte aus Meckesheim (Rhein-Neckar-Kreis) hat den sechsten Teil seiner Welt-Umrundung auf dem Rad geschafft. Nach diversen Touren durch zwölf europäische Länder von Gibraltar bis zum Nordkap hatte er schon knapp 10 000 Kilometer auf der Uhr. Jetzt hat er den Kontinent gewechselt und die erste von drei Etappen durch Kanada bewältigt. Damit will Drath Spenden einwerben für seine Stiftung Cosmikk-Foundation, die sozial, humanitär und ökologisch engagierte Menschen fördern will.
Das A und O solcher Touren ist die Vorbereitung. „Man muss einfach wissen, dass die dominante Windrichtung auf der Nordhalbkugel der Erde von West nach Ost verläuft. Das ist vor allem dann entscheidend, wenn’s aus dem Gebirge ins flache Land geht. Dann bläst einem der Wind bei der falschen Richtung unerbittlich ins Gesicht“, sagt Drath. Er hat mehrere Radler leiden sehen, die ihm entgegen kamen. „Das Wetter ist unerbittlich in Kanada.“
Start des Abenteuers war in Vancouver, dann ging’s ins Küstengebirge und durch die Rockies nach Calgary. Der letzte Teil führte durch eine topfebene Prärie bis Saskatoon. Überall begleitete ihn die Natur mit all ihren Gewalten. Im Jasper Nationalpark sah er atemberaubende Landschaften, im Columbia Icefield allerdings auch Gletscher, die gerade vor sich hin sterben.
Drei Schwarzbären gesehen
Auf seiner Tour passierte er zudem Gebiete, in denen Wölfe, Pumas und Bären unterwegs sind. „Ich hatte Bärenspray dabei. Das ist eine Art Pfefferspray, nur sehr viel stärker“. Im Grizzly-Gebiet hatte er es stets griffbereit, aber nie einen Grizzly tatsächlich gesehen. Dreimal dagegen traf er auf Schwarzbären, einer lief in zehn Metern Entfernung an seinem Zelt vorbei, „das war schon eine neue Erfahrung.“ Er habe niemals wild gezeltet, sondern immer auf Campingplätzen. „Das wäre unverantwortlich gewesen. Wo mehrere Menschen zusammen sind, steigt einfach die Sicherheit“, hat Drath gelernt.
Ohnehin seien nicht die Bären die größte Herausforderung gewesen, sondern die riesigen Lkw auf ihrem Weg von den Holzabbau-Gebieten durch die Rockies. „Das sind die letzten Cowboys, die in einer Industrie arbeiten, die alles andere als nachhaltig ist“, weiß Drath, „die sind sauer auf alles, was Öko ist. Und ein Radler ist nun mal per se ein Öko.“ 99 Prozent der Fahrer passten auf und hielten einen Sicherheitsabstand, ein Prozent aber eben nicht. Da kann eine Radtour auf der für Radler nicht besonders gut ausgebauten Landstraße eben ziemlich heikel werden. „Ein Fahrfehler und du bist tot. “
Zwei schwere Unwetter hat Karsten Drath auch erlebt. In den Rocky Mountains kurz hinter dem Jasper Nationalpark musste er sich durch Dauerdonner und Dutzende Blitze seinen Weg in eine Stadt kämpfen. In der Prärie erlebte er eine Art Tornado, der ihn zwar nicht direkt erwischte. Was er allerdings mitbekam, genügte. „Das war maximal gruselig: Schnee, Hagel, ein massiver Temperaturabfall binnen Sekunden.“ Drath flüchtete in eine Art Toilettenhäuschen, wo sich eine Dreiviertelstunde später ein weiterer Radler zu zu ihm gesellte. Eine Unterhaltung sei angesichts der Lautstärke nicht möglich gewesen.
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Was Drath allerdings komplett überrascht hat, war die Herzlichkeit der Kanadier. Immer wieder sprachen ihn Menschen an und fragten, wie es ihm gehe. Im Gegensatz zur US-amerikanischen Floskel wollten die Kanadier aber wirklich wissen, wie es ihm gehe. Häufiger wurde er von wildfremden Menschen eingeladen, bei ihnen zu übernachten. Ein Harley-Fahrer habe sogar auf der Straße extra angehalten, um ihn einzuladen. Genutzt hat ihm auch das Netzwerk „Warm Showers“. Hier bieten Tourenradler auf der ganzen Welt Gesinnungsgenossen eine Übernachtung, eine warme Dusche und ein Frühstück - gute Gelegenheit, mit den Menschen in Kontakt zu kommen. Karsten Drath ist nun auch Teil des Netzwerks.
Im nächsten Sommer hat der Meckesheimer die nächste Tour von Saskatoon nach Toronto im Visier. „Da kommt ein echtes Moskitogebiet auf mich zu“, weiß Drath, „aber das kenne ich ja schon von der Tour durch Schweden.“
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