Wiesloch. Nein, Manuel Neuer hat am Mittwoch nicht mit der regenbogenbunten Armbinde gespielt. Und bislang hat das auch kein anderer Mannschaftskapitän während eines Spiels der laufenden Fußball-Weltmeisterschaft getan. Seit Mittwochnachmittag gibt es mit dem Ergebnis gegen Japan ohnehin ein ganz anderes Thema rund um die deutsche Nationalmannschaft in Katar. Trotzdem überstrahlt nach wie vor die Politik den Sport im Wüstenstaat. „One Love“, das Symbol für Vielfalt und Toleranz, ist nach wie vor in aller Munde. Beim Handelskonzern Rewe steht „One Love“ sogar auf Weinflaschen in den Regalen. Die stammen aus der Metropolregion – aus Wiesloch, von Winzermeisterin Simona Maier.
Es passt ins Bild, dass der Handelskonzern mit Sitz in Köln als erster Marketingpartner – ausdrücklich aus Protest gegen „die skandalöse Haltung der FIFA“ – die Partnerschaft mit dem DFB mit sofortiger Wirkung ruhen lässt. „Insbesondere im Kontext der Weltmeisterschaft“ verzichtet Rewe auf seine Werberechte, teilte der Konzern am Dienstag mit.
Winzermeisterin und Badische Weinprinzessin
- Die Leidenschaft für den Wein wurde Simona Maier in die Wiege gelegt. Der Vater produzierte Trauben für die Genossenschaft in Wiesloch.
- Als der Vater 2010 plötzlich verstarb, begann sie nach dem Abitur eine Winzerlehre, damals allerdings noch als Simon Maier.
- Nach der Lehre mit einem Abschluss als Bundessieger gründete Maier die Weinmanufaktur am Heiligenstein in Mühlhausen bei Wiesloch.
- Zusätzlich arbeitete Simon Maier als stellvertretender Kellermeister unter anderem bei den renommierten Pfälzer Weingütern Von Winning/Dr. Deinhardt und Reichsrat von Buhl.
- 2015 bestand Maier als Landessieger und 3. des Bundeswettbewerbs die Winzermeisterprüfung, bevor 2017 aus Simon ganz offiziell Simona Aurelia Maier wurde.
- Ihre Weine schneiden bei Wettbewerben regelmäßig hervorragend ab.
- Die trans Frau ist auch in der LGBTQ-Szene aktiv und regelmäßig zu Gast beim Christopher Street Day in Mannheim.
Simona Maier bestätigt, dass der Handelsriese für Diversität und Vielfalt steht. Rewe sei seit Jahren sehr offen gegenüber der LGBTQ-Community, sagt die Winzerin im Gespräch mit dieser Redaktion. Die Abkürzung steht als Sammelbezeichnung für Menschen, die nicht heterosexuell orientiert sind oder deren Geschlechtsidentität nicht dem binären Modell von männlich und weiblich entspricht. Dafür steht auch Simona Maier, die biologisch als Junge zur Welt gekommen ist, sich dann aber entschieden hat, eine Frau zu werden.
Exklusiv-Wein für Projekt
Insofern war es naheliegend, dass Rewe bei Maier angefragt hatte, ob sie nicht einen Wein für eine „One Love“-Aktion kreieren könne, dies allerdings schon Anfang des Jahres und nicht erst im Zusammenhang mit der WM. Unter dem Motto „Liebe für alle“ sollte es auch einen passenden Wein geben, so lautete der Ursprungsgedanke von Rewe. „Den Wein haben wir extra für dieses Projekt aufgelegt“, berichtet die mit zahlreichen Branchen-Auszeichnungen hochdekorierte Winzerin. Im Shop der eigenen Weinmanufaktur am Heiligenstein findet die Kundschaft den Wein nicht.
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Bei der „One Love“-Sonderedition handelt es sich um einen Blanc de Noirs, also einen weiß ausgebauten Rotwein, der als trockener Cuvee aus Schwarzriesling- und Pinot Noir-Trauben gekeltert wurde. 150 000 Flaschen produzierte die Wieslocher Winzermeisterin für den Handelskonzern, der sie bundesweit in allen Filialen anbietet. „Er ist sehr gut gelaufen“, sagt Maier, vor allem im im „Pride Month“ (Stolzer Monat) Juni, dem Aktionsmonat der Community, habe er einen tollen Absatz gehabt. Aktuell seien nicht mehr viele Flaschen im Verkauf. „Bis Weihnachten dürften alle ausverkauft sein“, schätzt die Winzerin.
Maier ist durchaus stolz, dass sie mit ihrem Wein dazu beitragen konnte. Dass nun ausgerechnet Rewe als erster Werbepartner des DFB die Reißleine gezogen hat und ihren Wein auch immer noch im Angebot hat, sei ein „sehr glücklicher Zufall“, freut sie sich über die unverhoffte Werbung.
Starkes Zeichen für LGBTQ
Ob Rewe nun nachlegen und möglicherweise den „One Love“-Wein in einer zweiten Tranche auflegen will, ließ sich am Mittwoch nicht klären. Sowohl die Pressesprecher der Konzernzentrale als auch deren Regionalvertreter reagierten am Dienstag nicht auf E-Mails dieser Redaktion. Simona Maier jedenfalls stünde bereit: „Das wäre schon ein starkes Zeichen für die LGBTQ-Gemeinschaft.“
Maier ist Fußball-Fan, ihr Herz schlägt für den 1. FC Kaiserslautern, auch bei den Spielen der Nationalmannschaft schaut sie zu, wenn es eben passt. Es sei allerdings sehr schade, dass die Fußball-WM in ein Land vergeben worden sei, das gegen schwule, lesbische und transsexuelle Menschen vorgehe. „Dabei geht es beim Fußball doch um Spiel, Spaß und Freundschaft“. Es sei eine Farce, dass Innenministerin Nancy Faeser nach Katar reise, dass allen Menschen während der WM Sicherheit versprochen werde, aber die Verfolgung im Land trotzdem weitergehe. „Das hat schon was von Wasser predigen und Wein trinken“, kritisiert Maier.
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