Die Resonanz war überwältigend: 4200 Menschen haben ihren Namen unter die Online-Petition mit dem Titel „Für eine vielfältige Kerwe auch mit Bumbum“gesetzt, die jetzt nach zehn Tagen beendet wurde. Allein in der ersten 15 Stunden unterzeichnetenüber 1500 Freunde der Weinheimer Kerwe. „Verrückt, wie das abgegangen ist“, sagt der 26-jährige Marcel Gräber, der die Petition auf dem Portal „Change.org“ gestartet hatte, nachdem bekannt geworden war, dass die Stadt zukünftig bei der Weinheimer Kerwe weniger auf „Ballermann-Party“ setzen will.
Vorausgegangen war eine Unterschriftensammlung von Anwohnern der IG Altstadt, die sich über wummernde Bässe, ohrenbetäubenden Lärm und blockierte Rettungswege beschwert hatten - 50 Unterschriften kamen zusammen. „Ich wollte wenigstens 51 Unterschriften sammeln“, verrät Marcel Gräber bei der Übergabe der Unterschriftenliste an Weinheims Pressesprecher Roland Kern. Der nahm den Ordner in Vertretung von Oberbürgermeister Manuel Just entgegen.
Auch Hemsbach dreht am Regler
- Auch Hemsbach will bei seiner Kerwe am ersten August-Wochenende an der Phonzahl drehen und zum Anwohnerschutz weitere Beschränkungen erlassen. Ein „Runder Tisch Kerwe“ mit Vertretern der Anwohner, des Gemeinderats, des Kerwe- und Heimatvereins und der Verwaltung hat Vorschläge erarbeitet, die das Rathaus in Gestaltungsrichtlinien gegossen hat und am Montag, 24. April, dem Gemeinderat zum Beschluss vorlegt.
- Beschwerden über Lärm gab es auch früher schon. Aus diesem Grund hat die Verwaltung 2018, 2019 und 2022 Messungen vom Rahausbalkon aus vorgenommen. Die vom Ordnungsamt in diesen Jahren genehmigte Lärmobergrenze von 85 dbA sei dabei an keinem Kerwetag überschritten worden, heißt es in der Sitzungsvorlage. Das Rathaus mutmaßt daher, dass es im vergangenen Jahr einen „pandemischen Entwöhnungseffekt“ gab. (maz)
Das Ziel wurde weit übertroffen. Die Weinheimer haben gezeigt, dass sie sich das Feiern, wie sie es bisher getan haben, nicht verbieten lassen wollen. „Aber das ist doch auch gar nicht unser Ziel“, stellt Kern klar und fügt hinzu, „es entstand einfach ein falscher Eindruck.“ Niemand in der Stadtverwaltung wolle die Kerwe so reduzieren und maßregeln, dass die ihren Volksfestcharakter, die Fröhlichkeit und die Anziehungskraft in die Region hinaus verliert. Kern: „Die Kerwe ist kein Kaffeekränzchen. Die Mischung zwischen Brauchtum und Straßenparty macht die Kerwe aus - und das soll auch so bleiben!“ Mit Blick auf die Petition sei man froh über jedes „positive Bekenntnis zur Kerwe“.
Dann also alles Friede, Freude, Eierkuchen und viel Rauch um nichts? Nicht ganz! Weil die Kerwe 2022 in puncto Lautstärke aus dem Ruder gelaufen ist - das bestätigten selbst die Betreiber von Ständen und Straußwirtschaften -, soll die Kerwesatzung aus dem Jahr 2003 wieder entschiedener umgesetzt werden. „Es handelt sich also nicht um ein neues Konzept“, erklärt Kern. Vielmehr gehe es um die Einhaltung der Regeln. Und die sehen einen gewissen Lärmschutz vor. Betreiber von benachbarten Ständen und Gaststätten müssen demnach ein gemeinsames Beschallungskonzept vorlegen. Außerdem ist das Bespielen der Gassen mit Musik untersagt.
Diese Regeln sollen bei der nächsten Kerwe stärker kontrolliert werden - für ein gutes Miteinander und in der Hoffnung, dass die IG Altstadt ihre Rechte nicht einklagen wird. „Das ist das Letzte, was wir wollen“, so die Aussage von Anwohner Uwe Seehaus, „Was wir uns wünschen, sind vier Kerwetage mit gut gelaunten Gästen, Frohsinn und der Möglichkeit, in entsprechendem Rahmen mitzufeiern und die Kerwestimmung zu genießen.“
Und das wünscht sich auch Marcel Gräber, allerdings mit mehr „Bumbum“ als „Heidschi Bumbeidschi“. Bei der Kerwe 2022 legte er im Café Florian auf dem Marktplatz auf und weiß um die Kraft der Musik und ihre Energie, die gute Laune schafft. „Wenn das wegfällt, verliert die Kerwe deutlich an Attraktivität“, sagt er. Grundsätzlich befürwortet Gräber allerdings einen guten Kompromiss, aber eben einen, der das Partyvolk nicht im Stillen stehen lässt.
„Es wird bald ein vermittelndes Gespräch von OB Just mit den Anwohnern und Straußwirtschaftsbetreibern geben“, verspricht Kern. Nach den Diskussionen der vergangenen Tage haben beide Seiten signalisiert, dass sie gesprächsbereit sind. Wenn im Mai oder Juni die Anmeldefrist für Straußwirtschaften anläuft, will das Ordnungsamt mit den Betreibern Gespräche über den Lärm führen und gegebenenfalls ein Beschallungskonzept fordern. Kern: „Dort, wo eine Lautsprecherübertragung im Gerberbachviertel nach innen nicht möglich ist, muss ein Konzept angestimmt werden, das auch kontrollierbar und für die Anwohner zumutbar ist.“
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