Überwald. Schon von weitem ist sie zu sehen, die „Himmelsleiter“, die sich über die Baumwipfel der Tromm schiebt. Das Bauwerk am Rande des Weschnitztals ist in den vergangenen Monaten als Teil eines von 17 Projekten entstanden, die es 2016 in das Bundesprogramm mit dem Namen „Nationale Projekte des Städtebaus“ schafften - und damit erhebliche Fördergelder kassierten.
Dabei war der ursprüngliche Anlass ein trauriger. Denn seit mehr als 100 Jahren stand auf der Tromm ein Turm aus Holz, aufgebaut auf einem Steinsockel als Untergeschoss. Der Ireneturm, jahrzehntelang ein beliebtes Ausflugsziel und Treffpunkt von Gruppen des Odenwaldklubs (OWK), wurde im Laufe der Zeit marode und baufällig. 2013 wurde er deshalb gesperrt. Das rief die Menschen rund um die „Drumm“, wie der Berg hier liebevoll genannt wird, auf den Plan. Sie sammelten Unterschriften für den Erhalt. Ein Engagement, das nicht ohne Folgen blieb. Die Weschnitztalgemeinde Rimbach, auf deren Gemarkung der Turm steht, wäre für den Erhalt des historischen Bauwerks verantwortlich gewesen, doch das war wirtschaftlich nicht möglich. Also ging man auf die Suche nach einer Alternative. Studenten zeichneten Entwürfe eines Ersatzturms, bauten Modelle. Die Ideen flossen schließlich in einen gemeinsamen Antrag mit den drei Überwaldgemeinden Grasellenbach (mit dem Ortsteil Tromm), Wald-Michelbach und Abtsteinach ein, der 2016 für das „Geozentrum Tromm“ eingereicht wurde. 2018 zog sich Abtsteinach mit seinem Beitrag, dem „Haus der Steine“ mit Wanderzentrum, aus finanziellen Gründen wieder zurück.
Ein Millionenprojekt bleibt das Geozentrum trotz allem. Bei förderfähigen Kosten von 3,2 Millionen Euro weist ein Bescheid von Ende 2016 Zuschüsse des Bundes in Höhe von von 2,5 Millionen Euro aus. Das Geld fließt in erster Linie in den neuen Turm, aber auch in weitere Projekte der übrigen Beteiligten. Dazu zählt ein bereits fertiggestellter Naturspielplatz Tromm mit Sonnensegel, Amphitheater und Wasserspielen, ein Radweg von Wahlen nach Litzelbach und die geotouristische Erschließung der Steinbrüche Litzelbach und Ober-Mengelbach.
Die größte Außenwirkung wird ohne Frage der neue Trommturm haben. Seit er Ende Juli für Besucher freigegeben worden ist, hat er sich zu einer regelrechten Pilgerstätte entwickelt. Entworfen und geplant wurde der Turm nach einem öffentlichen Auswahlverfahren von den Architekten Pahl und Weber-Pahl aus Darmstadt und den Tragwerksplanern Bollinger + Grohmann aus Frankfurt/Main. Die Stahlbauarbeiten hat eine Firma aus Darmstadt ausgeführt, die Erd-, und Fundamentarbeiten eine aus Michelstadt im Odenwald. Auch in dieser Hinsicht also ein regionales Projekt.
Gigantische Zahlen
Die Zahlen des Bauwerks lassen aufhorchen: Das Gesamtgewicht des Neubaus liegt bei 60 Tonnen. Das im oberen Drittel frei auskragende Fachwerk der Stahlkonstruktion ist dabei allein rund 40 Tonnen schwer. Lamellen aus heimischen Hölzern geben dem Turm eine Hülle, die je nach Sonneneinfall goldgelb in alle Richtungen leuchtet.
192 Stufen führen die Besucher in Kaskaden über 16 Treppenläufe hinauf auf die kreisförmige Turmplattform. Hier befindet man sich dann 33,60 Meter über dem Waldboden. Ein mulmiges Gefühl? - Ja, durchaus. Und bei Wind schwankt das Ganze auch ein wenig. Aber ein durchgehender Handlauf an der Balustrade gewährt auch den nicht ganz schwindelfreien Zeitgenossen ein Gefühl der Sicherheit.
Die Tromm
- Mit ihren 576,80 Metern Höhe stellt die Tromm im südöstlichen Kreis Bergstraße eine weithin sichtbare Landmarke dar.
- Durch den 1910 erbauten Aussichtsturm wurde die exponierte Lage um weitere 27 Meter erhöht.
- Bereits auf dem Vorgängerbau, dem ersten, 23 Meter hohen Ireneturm von 1890, konnten die Wanderer weit über das Weschnitztal blicken.
- Seinen Namen erhielt der Ireneturm von einer echten Prinzessin. Die Schwester von Ernst Ludwig, dem letzten Großherzog von Hessen und bei Rhein (1868-1937), Irene von Hessen-Darmstadt, war Enkeltochter der britischen Königin Viktoria.
- Der Turm wurde bis zum April 2010 von der OWK-Ortsgruppe Wald-Michelbach betreut.
- Der Mauerwerkssockel sollte jedoch als Erinnerung an den Ireneturm erhalten bleiben. In dessen Obergeschoss ist die Technik für die Funkantenne auf de neuen Turm untergebracht.
Nach 192 Stufen gibt es eine Belohnung
Dank der breiten Stufen und der regelmäßigen Zwischenpodeste sowie der ebenfalls vorhandenen Handläufe ist der Aufstieg gar nicht so schwer. Nach den 192 Stufen ist man bei der Ankunft auf der Aussichtsplattform gleichwohl etwas außer Atem. Letzteren raubt einem aber auch die Sicht von hier oben. Wenn das Wetter mitspielt, hat man von einen einzigartigen Rundblick über das Weschnitztal und die Rheinebene bis hin zu den Pfälzer Bergen. Ganz klar zu erkennen sind die Wachenburg über Weinheim und die Starkenburg über Heppenheim in Richtung Ebene. In der entgegengesetzten Richtung schweift der Blick über den Überwald hinweg zur höchsten Erhebung des Odenwalds, den Katzenbuckel (626 Meter). Addiert man die Höhe der Tromm (577 Meter) mit jener des neuen Turms (34 Meter), so ist der Gipfel des Katzenbuckels also fast erreicht.
Die Massen zieht der Turm durch seine ungewöhnliche Architektur den traumhaften Ausblick an, doch das Bauwerk hat noch einen ernsten Hintergrund. Auf der Spitze gibt es nämlich eine Antenne des e-Netzes Südhessen AG, deren Technik als Zusatzprojekt in den Turm integriert ist. Sie soll im Falle eines Stromausfalls mittels Notstromaggregat den Behördenfunk gewährleisten. Sie stelle somit ein Sicherheitselement für die Bevölkerung dar, wie der Rimbacher Bürgermeister Holger Schmitt bei der Freigabe des Turms erklärte.
Rund um die Uhr zugänglich ist der Turm seit Tagen. Abends kurz vor Sonnenuntergang finden sich besonders viele Schaulustige hier ein, um zu beobachten, wie die Abendsonne irgendwann hinter den Pfälzer Bergen versinkt Am Samstag, 3. September, findet die offizielle Eröffnungsfeier mit Bewirtung und Musik des Spielmannszugs der Freiwilligen Feuerwehr Rimbach statt. Wer den Ausblick in Ruhe genießen will, sollte sich lieber einen Tag unter der Woche aussuchen.
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