Polen

Bedeutende Sternstunden am „Ende der Welt“

Vor 550 Jahren wurde der Wissenschaftler Nikolaus Kopernikus in Thorn geboren

Von 
Carsten Heinke
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Vor 550 Jahren wurde der Astronom Kopernikus geboren. © Heinke

Nikolaus Kopernikus begründete mit seinen Entdeckungen das moderne Weltbild. 1473, vor genau 550 Jahren, wurde er in Thorn (heute Torun) geboren. Die wichtigsten Wirkungsstätten des Wissenschaftlers und Politikers befinden sich in drei weiteren zauberhaften Städten im Norden Polens: Olsztyn, Frombork und Lidzbark Warminski.

An der Bank von Nikolaus Kopernikus hat sich ein Stau gebildet. Fast kein Fremder geht an der sitzenden Skulptur vorbei, ohne sie zu knipsen. Das Bronzeabbild des Gelehrten ist Fotomotiv Nr. 1 in Olsztyn (Allenstein). Nicht zufällig platzierte man es neben der Burg des ermländischen Domkapitels. Der mächtige Bau aus dem 14. Jahrhundert über dem malerischen Tal der Łyna (Alle) war eine der wichtigsten Wirkungsstätten von Kopernikus. Ab 1516 wirkte der Deutsch sprechende Arzt als Verwalter des Fürstbistums Ermland in Allenstein und sorgte dafür, die Souveränität dieser polnischen Provinz innerhalb des Ordensritterstaates zu bewahren.

Das Museum für Ermland und Masuren, das sich in der Burg befindet, dokumentiert die spannende Geschichte ihres berühmtesten Bewohners. Im Innenhof erinnern archaische monolithische Figuren, so genannte Steinweiber, an die prußische (von „Prußen“ – baltisches Volk) Urbevölkerung der Region. Rund um die Burg sieht man weitere gut erhaltene und vorbildlich sanierte Bauwerke: das Wysoka Brama (Hohes Tor), den Speicher, das alte Rat- sowie das Bürgermeisterhaus.

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In hoher Dichte und mit jeder Menge Platz im Freien beleben Restaurants und Eisgeschäfte, Kneipen und Cafés die Innenstadt von Allenstein. Dank traumhaft schöner Landschaften und Orte ringsherum ist es eine prima Ausgangsbasis für Tagestouren oder Ferien auf dem Land – etwa in Olsztynek (Hohenstein). Die Stadt am Westrand von Masuren verfügt über eines der größten und schönsten Freilichtmuseen Polens.

Wer das Holstentor in Lübeck kennt, wird sich daran erinnern, wenn er die Altstadt von Lidzbark Warminski (Heilsberg) betritt. Dort steht einer von Polens wuchtigsten Mittelalterbauten: das Vortor des Hohen Tors. Auch wenn das Hauptstück nicht mehr erhalten ist: Das vierstöckige Gebäude mit zwei halbrunden Türmen, Spitzbogengang und Zierfries imponiert mit Mächtigkeit und Schönheit. Spaziert man entlang der Łyna, stößt man auf die gotische Burg Heilsberg. Mit den strengen Formen, Spitzbögen und Türmen wirkt der kantige und doch elegante Backsteinbau mit quadratischem Grundriss wie ein Mix aus Festung, Schloss und Kirche. Bis 1795 diente der Komplex als Residenz der Fürstbischöfe.

Zu Beginn des 16. Jahrhunderts lebte und arbeitete hier Nikolaus Kopernikus acht Jahre lang im Dienste seines Onkels, Bischof Lucas Watzenrode. Trotz erheblicher Zerstörungen der Stadt überstand das Bauwerk den Zweiten Weltkrieg ohne große Schäden. Heute gehört es zu den bedeutendsten Baudenkmälern der Gotik und wird als Regionalmuseum und Hotel genutzt.

Dank seiner mineralhaltigen Thermalquellen und eines gesunden Mikroklimas verfügt das früher als „Perle des Ermlands“ gerühmte Heilsberg über eine lange Kurtradition. Ein Thermalbad wurde 2016 eröffnet. Dreh- und Angelpunkt des Kurgeschehens ist das neue Gradierwerk. Von der Plattform der sechs Meter hohen, 100 Meter langen Anlage genießt man den Blick aufs weite grüne Land zwischen zwei Flüssen. Die Symsana (Simser), von Süden kommend, gesellt sich zur Łyna, die nach Nordwesten weiterfließt.

Über Fromborks (Frauenburg) ziegelrote Dächer, eingefasst von grünen Kronen alter Bäume, schweift der Blick aus 70 Meter Höhe in die Ferne. Vor dem Betrachter liegt das Frische Haff. Großzügig betrachtet, gestaltet sich das Bild wohl so, wie Kopernikus es sah und liebte. Sogar der Fischerhafen aus dem 15. Jahrhundert wurde wieder aufgebaut. Blickte der Arzt und Astronom nachts allein auf Sterne und Planeten, steht die Aussicht heute allen offen – auf der Panoramaterrasse des Radziejowski-Glockenturms.

Nebenan im Wohnturm erlebte der geniale Denker wahre Sternstunden. Dass sich die Erde um die Sonne dreht, entdeckte er in Frauenburg – das, wie er einmal schrieb, „im hintersten Winkel der Welt“ liege. Der Dom Mariä Himmelfahrt und St. Andreas, zu dessen Wehrbefestigung die beiden Türme zählen, steht gleich daneben. Die gotische Backsteinkirche ist die letzte Ruhestätte von Kopernikus, der zugleich Domherr war und hier 1543 starb. Ein ähnlich schönes Panorama auf Haff und Stadt bietet Polens ältester Wasserturm (1572), dessen Technik der Urgroßvater von Georg Friedrich Händel konstruierte.

Eine prima Basis, Stadt und Umland zu erkunden, ist das Hotel Kopernik. Fahrrad-Enthusiasten stellen Anna und Andrzej Piotrowiak (er ist preisgekrönter Radsportler) Fahrräder zur Verfügung – etwa für eine Tour am Frischen Haff entlang.

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