Tierschutz

Nach Prozess um tote Kitze: Reh-Retter kehren auf Feld zurück

Drei Rehkitze sind bei Mäharbeiten ums Leben gekommen. Vergangene Woche wurde der Fall von 2021 im Amtsgericht verhandelt. Nun begeben sich die Kitzretter zum Tatort zurück

Von 
Gabriel Schwab
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Rehkitze lebensgefährlich verletzt und dann totgeschlagen? Wegen roher Tiermisshandlung mussten sich vier Männer vor dem Amtsgericht Weinheim verantworten. © dpa

Laudenbach. Der Prozess im Fall der drei kleinen Rehkitze, die in Laudenbach bei Mäharbeiten ums Leben gekommen sind, machte vergangene Woche deutschlandweit Schlagzeilen. Die Wut über ihren Tod war groß. Aber ihr Ableben war nicht umsonst: Die große Aufmerksamkeit sorgte für eine Sensibilisierung der Landwirte, erzählt Michael Ehlers, Vorsitzender der Rehkitzrettung Weinheim und Umgebung, im Gespräch.

Gut getarnt im hohen Gras: 100 000 Rehkitze sterben Schätzungen zufolge jährlich durch Mäharbeiten. © Patrick Pleul/dpa

Erst vergangene Woche saßen die Kitzretter noch im Gerichtssaal. Nun, wenige Tage später, stehen sie wieder vor den beiden Feldern an der Autobahn in Laudenbach, auf denen 2021 drei Kitze in die scharfen Klingen des Mähwerks gekommen sind. Ein Übel, das man hätte verhindern können: Denn die Tierretter suchten das Feld vor der Misere mit Drohnen ab. Und sie warnten den Landwirt, dass sich im hohen Gras mehrere Jungtiere verstecken. Nur hat dieser die Information nicht an die beiden Männer weitergegeben, die die Mäharbeiten durchführten. Dafür wurde der Laudenbacher vergangenen Dienstag vom Amtsgericht Weinheim zu 70 Tagessätzen à 50 Euro (3500 Euro) wegen der vorsätzlichen Tötung von Wirbeltieren verurteilt.

Wieder am Tatort

Wochenende, warme Temperaturen, wieder befinden die Kitzretter sich vor den Feldern und erneut verstecken sich dort Jungtiere im hohen Gras. Vieles ist exakt wie an diesem Junitag 2021. Selbst der Mäh-Arbeiter ist derselbe. Er war vergangene Woche mitangeklagt, wurde aber freigesprochen. Jedoch nicht alles ist gleich: Dieses Mal sind die Ehrenamtlichen nicht nur zum „Schaulaufen“ vor Ort. Bevor die Tiere nicht in Sicherheit sind, bleibt das Mähwerk aus. Schon auf den ersten Bahnen erspäht Ehlers mit Drohne und Wärmebildkamera Rehe. Unmittelbar in der Nähe der Autobahnleitplanke sitzt eine Ricke mit ihrem Kitz. „Was jetzt?“, denkt sich der Tierretter. Die Rehe sollen zwar verscheucht werden, aber auf keinen Fall auf die angrenzende Autobahn. „Wir sind mit der Drohne dann in der Luft geblieben und haben das Ganze erst einmal beobachtet“, erzählt Ehlers.

Weg von der Autobahn

Schließlich nähert er sich doch mit dem Flugobjekt, lenkt es immer wieder behutsam nach unten und wieder nach oben. So dass die Tiere gestört, aber nicht verschreckt werden. Meter für Meter und mit einer Eselsgeduld gelingt es, Mutter und Kind aus dem Feld zu bekommen. Auch die übrigen Tiere bringen die Rehkitzretter sicher aus der Gefahrenzone. Grünes Licht für die Mäharbeiten. „Im Moment klappt die Arbeit mit den Landwirten super “, bilanziert Michael Ehlers.

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Vanessa Schmidt
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Das hat nicht nur, aber auch mit dem Prozess zu tun. Dieser war für den Tierretter keine angenehme Angelegenheit. Er musste sich einem „Kreuzverhör“ stellen. Der Anwalt des Verurteilten sprach ihm gar die Sachkompetenz ab. „Eigentlich bin ich ja nicht auf den Mund gefallen. Aber vor Gericht fehlten mir teilweise die Worte“, sagt Ehlers. Dennoch würde er einen Vorfall wie den der drei toten Kitze jederzeit wieder anzeigen: „Ich bin nicht traurig vom Prozess nach Hause gegangen.“ Auch deshalb, weil der Tod der drei Rehe womöglich viele weitere vor den Klingen des Mähwerks gerettet hat.

Spendenkonto eingerichtet

Für die Rehkitzrettung kann gespendet werden an den Tierschutzverein Weinheim und Umgebung e.V., Sparkasse Rhein Neckar Nord, IBAN: DE41 6705 0505 0039 9189 35.

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