Verkehr

Mysteriöses Magnetfeld gibt an Autobahnbrücke bei Landau Rätsel auf

Verkehrsteilnehmer registrieren schon seit Jahren seltsame Störungen entlang des 1970 errichteten Bauwerks bei Landau in der Pfalz. Aber was macht der Magnetismus mit Autos und E-Bikes?

Von 
Stephan Alfter
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Einige Rätsel gibt das Brückenbauwerk über der A 65 bei Insheim in der Südpfalz auf: Sind Menschen mit Herzschrittmachern dort gefährdet? © Bernhard Zinke

Landau. Das ist in Deutschland nach bisherigen Erkenntnissen einzigartig: Eine Brücke, die im pfälzischen Insheim bei Landau über die A 65 führt, wird demnächst mit Schildern versehen, die auf ein bisher nicht erklärbares Magnetfeld im Brückenbereich hinweisen. Nachdem es in der Vergangenheit zu Störungen an Autos und sogar an E-Bikes gekommen ist, stellt die Autobahn GmbH gerade Unterlagen zusammen, um sie demnächst an die zuständige Straßenverkehrsbehörde im Kreis Südliche Weinstraße weiterzuleiten. Ein Sprecher der Autobahn GmbH bestätigte gegenüber dieser Redaktion Berichte von Auto- und Radfahrern, deren Gefährte plötzlich nicht mehr richtig funktionierten. Keine Gefahr sehe man in Bezug auf Herzschrittmacher und andere implantierte Körperhilfen.

Stefan Klein ist Zweiradmechanikermeister in Landau und dort Inhaber des seit 1929 existierenden Fahrradhaus Gaab, Der 35-jährige berichtet auf Anfrage, dass er in den vergangenen Jahren etwa zehn elektrisch unterstützte Fahrräder in seiner Werkstatt gehabt habe, die nach einer Brückenüberquerung nicht mehr richtig funktioniert hätten. Es habe sich um sämtliche bekannte Marken gehandelt, Bosch, Panasonic, Yamaha. Zu beheben sei das Problem jeweils durch ein Software-Update, das die Firmen zur Verfügung stellten. Inzwischen trete das Problem, das sich in Error-Anzeigen und dem Ausbleiben der Motorunterstützung präsentierte, kaum noch auf.

Bundesweit einzigartig

In größerem Maßstab wahrgenommen wurde das Magnetfeld an der im Jahr 1970 erbauten Brücke erst ab Februar 2021. Der Landesbetrieb Mobilität (LBM) leitete die Berichte von Verkehrsteilnehmern und eine Medien-Anfrage damals an die Autobahn GmbH des Bundes weiter, die seit 1. Januar 2021 für die Trassen zuständig ist. Daraufhin hat die Bundesnetzagentur nach Auskunft eines Sprechers im Juni und Juli 2021 Messungen an der Brücke vorgenommen - im Auftrag eben jener Autobahn GmbH. Die Messungen der sogenannten magnetischen Flussdichte erfolgten demnach entlang der Fahrbahn der Landesstraße.

Die auf der Brücke gemessenen Werte lagen bei dieser Bestandsaufnahme zwischen 0,37 und 1,0 Millitesla (mT). Lediglich an einer Stelle lag der gemessene Wert mit 1,03 mT geringfügig über dem Grenzwert. Daraus folgerten die Verantwortlichen, dass von dem Magnetfeld keine gesundheitsschädlichen Folgen für Menschen mit Herzschrittmachern ausgingen. Zum Vergleich könne etwa das elektromagnetische Feld eines Haarföns dienen, das mit rund 2 mT fast doppelt so groß sei wie der auf der Brücke gemessene Maximalwert. Eine dringende Notwendigkeit zu handeln leitet die Autobahn GmbH aus den Untersuchungen für sich nicht ab.

Interessant bleibt die Frage nach der Ursache des Magnetfelds. Der Bundesnetzagentur sind jedenfalls keine weiteren Brücken bekannt, bei denen dieses Phänomen auftritt. Auch die Bauingenieure bei der Autobahn GmbH konnten seit 2021 keine validen Erklärungen liefern.

Die Hochspannungsleitung über der Brücke könne als Ursache ausgeschlossen werden, da diese Wechselstrom überträgt, heißt es etwa. Um einen Einfluss auf die „Magnetisierung“ zu haben, müsste die Leitung Gleichstrom führen, so die Techniker. Weil man die Ursache nicht kenne, könnten auch keine gezielten baulichen Veränderungen vorgenommen werden, um das Magnetfeld zu beseitigen, so die Autobahn GmbH.

Warum differieren die Messwerte?

Nicht ohne Erwähnung soll an dieser Stelle bleiben, dass es bereits im Jahr 2018 eine Messung der Bundesnetzagentur an der Brücke gab - damals auf Hinweise von Autofahrern beim ADAC über spinnende elektronische Anzeigen in der Armatur. Bei der Recherche auf der Internetplattform „Frag den Staat“ stößt man auf einen Schriftverkehr eines Mannes, der sich an das rheinland-pfälzische Verkehrsministerium und den LBM richtet. Dort heißt es bereits im Spätjahr 2020 seitens der Bundesnetzagentur, dass man sich das Magnetfeld nur durch „den Einsatz von starken Dauermagneten während der Bauphase“ erklären könne - etwa, „um Metallteile aus dem Brückenzwischenraum zu entfernen“. Seltsamerweise ergab eine Messung an der Auflagestelle der Brücke im Jahr 2018 demnach noch einen Wert von 1,965 mT. Der Wert an der Unterseite der Brücke liege bei 2,5 mT. Damals wäre somit der Grenzwert, der für Herzschrittmacher relevant ist, deutlich überschritten gewesen. Allerdings ist bisher auch kein Fall bekannt, wonach eine Person dort Schaden genommen hätte.

Die Differenz zu der Messung vom Juni 2021 thematisiert die Bundesnetzagentur in ihrer Antwort nicht weiter. Hat sich das Magnetfeld in den vergangenen Jahren selbstständig abgeschwächt - etwa durch Rost im Innern der Brücke. Mit dem Aufstellen von Schildern ist der Problematik aus Sicht der Verantwortlichen zunächst Genüge getan - zumal auch der ADAC bestätigt, dass es im Jahr 2022 bisher keine weiteren Hinweise von Autofahrern gegeben habe. Eine zufriedenstellende Antwort wird es darauf vielleicht erst im Jahr 2050 geben, wenn die 1970 erbaute Brücke am Ende ihrer „Lebenszeit“ angelangt ist.

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

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