Justiz

Mord an einer 17-Jährigen am Willersinnweiher: „Der Angeklagte hat keine Reue gezeigt“

Der Prozess um den Mord und die Vergewaltigung an einer 17-Jährigen ist am Dienstag zu Ende gegangen. Nicht-öffentlich, wie der gesamte Prozess. Was wir über die Verhandlung wissen

Von 
Agnes Polewka
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Zu Beginn des Prozesses versammelten sich Freunde des Opfers mit selbst gemalten Schildern vor dem Gericht. © Simone Jakob

Frankenthal. Am Dienstag ist vor dem Frankenthaler Landgericht ein Prozess zu Ende gegangen, der viele Menschen bewegt hat. Sie fassungslos und bestürzt zurückgelassen hat. Knapp zwei Jahre lang wurden der Mord und die Vergewaltigung von Zoe juristisch aufgearbeitet, einem 17-jährigen Mädchen aus Frankenthal. Im März 2019 fand ein Spaziergänger die junge Frau schwer verletzt an einer Uferböschung des Willersinnweihers in Ludwigshafen. Sie starb einen Tag später im Krankenhaus. Der Mann, der sie misshandelt hat – ein heute 19-Jähriger aus Ludwigshafen –, ist wegen Mordes und Vergewaltigung zu zehn Jahren Jugendstrafe verurteilt worden. Das ist die Höchststrafe, die im Jugendstrafrecht auf Mord steht. Verhandelt wurde unter Ausschluss der Öffentlichkeit, wie bei jedem Jugendstrafverfahren – um den minderjährigen Angeklagten und die Zeugen zu schützen.

Keine Angaben zur Tat

Dabei drangen kaum Details aus der Verhandlung nach außen, nur so viel: Der Angeklagte machte Angaben dazu, wie er aufgewachsen ist, zu seiner schweren Kindheit, Erziehungseinrichtungen, in denen er untergebracht war. Was genau aber am 12. März 2019 passiert ist – dazu schwieg er sich aus. Und machte das Verfahren zu einem reinen Indizienprozess.

Auch deshalb wurden aus 14 geplanten Verhandlungstagen 57. Akribisch zeichneten Ermittler darin ihre Ergebnisse nach. „Ich habe selten Fälle erlebt, in denen so gut ermittelt wurde, zum Beispiel mit Blick auf die Auswertung der Handydaten“, sagt Rechtsanwalt Christoph Hambusch, der Zoes Eltern in dem Prozess vertreten hat. Diese hätten die Polizei zum Angeklagten geführt, sagte der Leiter der Staatsanwaltschaft Frankenthal, Hubert Ströber, bereits vor Beginn des Prozesses. Außerdem sei eine Vielzahl von Zeuginnen gehört wurden, die in der Vergangenheit Kontakt zum Angeklagten gehabt hätten, so Hambusch.

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Gewissheit zu bekommen, über das, was passiert ist, habe Zoes Eltern geholfen, sagt Hambusch. „Das Urteil lindert ihren Schmerz natürlich nicht, es bringt ihnen ihre Tochter nicht zurück. Aber es verschafft ihnen zumindest eine gewisse Form der Genugtuung“, so der Nebenklage-Vertreter. „Ein anderes Urteil hätten die Eltern auch nicht verstanden.“ In seinem Plädoyer hatte sich Hambusch den Forderungen der Staatsanwaltschaft angeschlossen, die die Höchststrafe gefordert hatte. Und: „Der Angeklagte hat keine Reue gezeigt – auch darauf bin ich in meinem Plädoyer eingegangen.“

Der Nebenklage-Vertreter sprach sich – wie die Staatsanwaltschaft – ebenfalls dafür aus, dass nach der Haftstrafe ein Vorbehalt der Sicherungsverwahrung verhängt wird, dass geprüft wird, welche Gefahr von dem Mann ausgeht, bevor er aus der Haft entlassen wird. Der Angeklagte befand sich während des gesamten Prozesses in Schifferstadt in Untersuchungshaft.

Dieser Forderung schloss sich das Gericht in seiner Urteilsverkündung allerdings nicht an. Weil die Kammer keine hohe Rückfallwahrscheinlichkeit bei dem 19-Jährigen sah, der Mann nicht vorbestraft sei. Die Staatsanwaltschaft will Revision gegen das Urteil einlegen.

Auch Verteidiger Alexander Klein will die Urteilsbegründung der Kammer überprüfen. „Die Höhe der Strafe veranlasst mich dazu, da noch einmal genauer hinzusehen“, sagt Klein. Im Jugendstrafrecht steht der Erziehungsgedanke in den meisten Fällen über der Bestrafung. Die Höchststrafe wird nur selten verhängt, nur in besonders schweren Fällen.

Die Staatsanwaltschaft hatte den Mann auch wegen Vergewaltigung in drei weiteren Fällen angeklagt. Dem folgte das Gericht nicht, verurteilte den Angeklagten aber wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern, da zwei der drei Mädchen unter 14 Jahre alt gewesen seien, als es zum Geschlechtsverkehr kam. „Die Beweislage war sicher schwierig“, sagt Rechtsanwältin Katja Kosian, die zwei der drei Mädchen vertrat. Eines von ihnen sei in einem Fahrradkeller vom Angeklagten gewürgt worden, während ihres „ersten Mals“. „Ich denke, das stellt sich kein Mädchen so vor. Hier hätte die Kammer auch anders entscheiden können“, so Kosian. Auch mit Blick auf den Vorbehalt der Sicherungsverwahrung, „bei solch einer Häufung, der gezielten Auswahl junger Mädchen, die noch Jungfrau waren“.

Redaktion

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