Download Festival

Metallica nehmen den Hockenheimring mit Leichtigkeit ein

Metallica spielen ihr einziges Deutschlandkonzert 2022 in Hockenheim. Dabei überzeugen sie mit großer Motivation, Spielfreude und einer gut ausgewählten Setlist.

Von 
Lukas Heylmann
Lesedauer: 
Metallica beginnen ihr Konzert mitten in den Fans. © Dorothea Lenhardt

Hockenheim. Es ist ein fast greifbares Level an Erwartungsfreude, das sich über ein Publikum legt, wenn nach dem obligatorischen AC/DC-Stück „It’s a Long Way to the Top“ unweigerlich Ennio Morricones „The Ecstasy of Gold“ erklingt. Denn es ist unmissverständlich klar, wer wenig später die Bühne betritt: Metallica, die zweifelsohne größte Metalband aller Zeiten. Ob sie diesen Ruf zurecht haben, darüber lässt sich vortrefflich streiten, doch so viel vorweg: Der wirklich bestechend motivierte – und das 41 Jahre nach Bandgründung – und souveräne Auftritt am Hockenheimring spricht eher dafür.

Nach ihrem atmosphärisch in der Metalszene wohl immer noch ungeschlagenen Intro starten Metallica auf einem Steg mitten in den vorderen Publikumsreihen recht ungestüm in ihr gut zweistündiges Set, haben aber zunächst mit leichten Soundproblemen zu kämpfen, worunter „Whiplash“ vom Debütalbum „Kill 'em All“ etwas leidet. Das ist beim zweiten, ähnlich alten, Song „Creeping Death“ aber bereits komplett vergessen. Lautstärketechnisch kocht die Stimmung am Hockenheimring im Grunde ab dem Moment über, in dem die vier Rockstars die Bühne beziehungsweise deren Ausläufer betreten, aber insbesondere direkt in den vordersten Reihen ist vom Publikum schnell nichts mehr zu sehen als ein Meer aus Händen.

Recht früh warten Metallica auch bereits mit „Enter Sandman“, einem ihrer bekanntesten Songs, auf, bei dem das Publikum auch erstmals teilweise die Band übertönt – weitere solche Momente werden folgen. Sänger und Gitarrist James Hetfield nennt das Lied bei dieser Gelegenheit scherzhaft das einzige gute, das seine Band hätte. Es fällt früh auf, dass Hetfield fantastisch bei Stimme ist, was er später ganz besonders bei der Halbballade „One“ unter Beweis stellen wird. Zwar bringen ihn die hohen Passagen seiner frühen Karriere inzwischen deutlich an seine Grenzen, aber das ist verschmerzbar. An seinem Gitarrenspiel gibt es ohnehin nichts auszusetzen.

Mehr zum Thema

Open-Air

Mit „Flug 666“ durch den „Iron Maiden“-Kosmos

Veröffentlicht
Von
Harald Fingerhut
Mehr erfahren
Rock

The Australien Pink Floyd Show in der SAP Arena

Veröffentlicht
Von
Martin Vögele
Mehr erfahren

Kluge Songreihenfolge

Aber natürlich gibt es keine Debatte über die vorhandene oder nicht vorhandene musikalische Klasse von Metallica ohne das Thema Lars Ulrich. Der Schlagzeuger wird insbesondere in der Live-Situation häufig für sein unsauberes und wackliges Spiel kritisiert – und das durchaus zu Recht – beim Download Festival hat er aber einen sehr guten Tag. Und da fällt etwas auf, was sonst gerne vergessen wird: Wenn Ulrich sauber spielt, hat er einen völlig einzigartigen Schlagzeugstil, der seine Band mindestens so geprägt hat wie Hetfields Rhythmusgitarre.

Ob man alle musikalischen Entwicklungen von Metallica mitträgt, bleibt jedem selbst überlassen, was sie allerdings von anderen altgedienten Metalbands abhebt, ist ihre Unberechenbarkeit in Sachen Songauswahl. Natürlich gibt es eine Handvoll von Stücken, die zu einem ihrer Konzerte unweigerlich dazugehören, aber darüber hinaus kann es durchaus Überraschungen geben. So packen Metallica in Hockenheim beispielsweise „Trapped Under Ice“ vom Zweitwerk „Ride the Lightning“ und sogar „Dirty Window“ vom sehr umstrittenen „St. Anger“-Album aus. Und auch wenn die Stimmung bei letzterem zugegebenermaßen etwas abflacht – obwohl es sich um einen ziemlich starken Song handelt – versteht es die Band, das Publikum immer wieder zurückzuholen. Und das funktioniert am besten mit den bekannten Stücken wie „Nothing Else Matters“ oder „Sad But True“, die taktisch klug eingestreut werden.

Als Metallica nach „Seek & Destroy“ erstmals die Bühne verlassen, erklingt etwas, was sich nur als frenetische Zugabenrufe eines ausgehungerten Publikums bezeichnen lässt. Wie schon den ganzen Tag fällt hier besonders auf, wie sehr Menschen das Live-Erlebnis gefehlt hat, gerade auch in dieser Masse von Besuchern. Besonderen Jubel gibt es in der Zugabe dann für das Anti-Kriegs-Stück „One“, das die Band nicht nur besonders motiviert und mitreißend darbietet, sondern das mit seiner Thematik natürlich aktuell besonders viele Menschen berührt.

Die größte Metalband der Welt

Das Konzert endet nach gut zwei Stunden mit dem Klassiker „Master of Puppets“ und Kritikpunkte am Headliner gibt es wenige. Metallica sind die größte Metalband der Welt, rein kommerziell gesehen, was natürlich viel Kritik mit sich bringt, die oftmals auch berechtigt ist. So sind beileibe nicht alle Alben so überzeugend, wie sie von Fans gerne gemacht werden. Aber einen solchen Auftritt können mit dieser Leichtigkeit nicht viele Bands vorweisen. Und das bestätigt den Status der Band am Ende eben doch.

Das übrige Programm des Festivals kam zuvor mit enormer stilistischer Bandbreite daher. Das ließ selbst bei der eintägigen Veranstaltung zwar echten Festivalcharakter aufkommen, aber die Bandauswahl erschien dadurch ein bisschen beliebig. Doch der Gedanke an sich ist schön: Da steht eine extreme Metalband wie Behemoth quasi gleichberechtigt neben einer Synthesizer-lastigen Alternativeband wie Enter Shikari und das Publikum trägt es mit. Zumal mit Five Finger Death Punch und Sabaton zwei der heutzutage wohl kommerziell erfolgreichsten Metalbands überhaupt Teil des Programms waren, obwohl sie unterschiedlicher nicht sein könnten – auch wenn ihre Auftritte beide musikalisch etwas blass blieben.

Copyright © 2025 Schwetzinger Zeitung