20-Euro-Knöllchen

Krach mit Amt: Wie ein Pfälzer für seine blaue Parkscheibe kämpft

Für Manuel Gein ist es eine Verwaltungsposse: Der Mann streitet mit dem Ordnungsamt im südpfälzischen Herxheim um die Farbe des "P" auf einem Pappdeckel. Auch bei der EU-Kommission könnte das Thema ankommen

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Stephan Alfter
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So muss eine Parkscheibe nach deutschem Recht aussehen. © dpa

Herxheim. In Deutschland wird oft und viel über bürokratische Hemmnisse und Paragrafenreiterei geschimpft. Alles sei zu komplex und bis ins Detail überreguliert, heißt es dann.

Wie etwa eine dem Gusto des Gesetzgebers entsprechende Parkscheibe auszusehen hat, darüber ist in der südpfälzischen Verbandsgemeinde Herxheim seit Januar eine einigermaßen intensive Debatte im Gange. Kurz nach Abschluss der Feierlichkeiten zum Jahreswechsel war es dort - leicht zugespitzt gesprochen - zu einem mittleren Eklat gekommen.

Folgendes hat sich abgespielt. Manuel Gein, Familienpapa und von Beruf IT-Fachmann, wollte sich am 5. Januar etwas verwöhnen lassen und hatte sich in Herxheim, das überregional vor allem für sein Chawwerusch-Theater bekannt ist, spontan einer Massage unterzogen. Die Entspannung war jedoch dahin, als er seinen fahrbahren Untersatz im Anschluss an die wohltuende Behandlung nach Hause lenken wollte. Es gab im wahrsten Sinne des Wortes - Theater.

Warum das Ordnungsamt Herxheim kein Auge zudrückt

Leichte muskuläre Verspannungen kehrten also in jenem Moment recht schnell zurück, da Gein klar wurde, dass Kräfte des Ordnungsamtes seinen Scheibenwischer mit einem Knöllchen ausgestattet hatten. Aus Sicht des Fahrzeughalters bestand dazu aber gar kein Anlass. Hatte der junge Mann doch vorschriftsgemäß mit dem zackigen Rädchen seiner Parkscheibe 14 Uhr als Zeitpunkt seiner Ankunft angegeben.

Der Erlenbacher Manuel Gein hat nach Ansicht des Ordnungsamtes seiner Verbandsgemeinde ein falsches „P“ auf der Parkscheibe. © privat

Da im gekennzeichneten Bereich eine Stunde Parken mit entsprechender Scheibe erlaubt war, wähnte sich der IT-Experte zunächst komplett in Sicherheit. Seine Lernkurve über das korrekte Erscheinungsbild einer Parkscheibe steigt seit jenem Nachmittag des 5. Januar, exakt 14.36 Uhr, aber vergleichsweise steil an. Und sie dauert quasi bis zum heutigen Tage an. Denn in Flensburg kam es aktuell zu einem ähnlichen Zwischenfall. Bleiben wir aber zunächst in der etwas mehr als 15 000 Einwohner zählenden Verbandsgemeinde - idyllisch in der Rheinebene zwischen Germersheim und Landau gelegen.

Denn dort hatte das zuständige Amt recht wenig Verständnis für den Widerspruch per vermeintlichem Beweisfoto, auf dem eine korrekt eingestellte Uhrzeit auf blauer Pappe zu sehen ist. Das Problem sei aber die Parkscheibe an sich, bedeutete man Gein. Auf 20 Euro Bußgeld bestand die Verwaltung also weiterhin. Ein Auge zudrücken? Nö.

Sie habe das Gesetz nicht gemacht, sagt die parteilose Verbandsbürgermeisterin Hedi Braun auf Anfrage dieser Redaktion. Sie ist mitten im Wahlkampf und inzwischen ziemlich genervt, weil sich aus ihrer Sicht zu viele Diskussionen um diesen Vorgang drehen. Die Aufgabe einer Verwaltung sei es schließlich, bestehende Gesetze anzuwenden.

Und demnach ist Parkscheibe nicht gleich Parkscheibe. Der Gesetzgeber hat nämlich bereits 1979 im Verbund mit europäischen Nachbarn einheitliche Regeln für den Pappdeckel festgelegt, nachdem dieser 1961 auf deutschem Boden erstmals in Kassel zum Einsatz gekommen war. Das Vorbild war Paris, das schon damals nicht nur als Stadt der Liebe, sondern als Metropole des mangelnden Parkraums bekannt war.

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Ob man es in Frankreich heute mit der Parkscheibe ähnlich streng hält wie in unseren Breiten? Jedenfalls steht in der hiesigen Straßenverkehrsordnung geschrieben, dass eine Kante 15 Zentimeter lang sein muss und die andere Kante elf Zentimeter nicht über- oder unterschreiten darf. Zum Problem wurde im vorliegenden Fall aber nicht die Kantenlänge, sondern die Farbe des aufgedruckten Buchstaben „P“. Dieses „P“ ist auf Geins Parkscheibe, die er nach eigener Darstellung im Jahr 2005 als Werbegeschenk von der Firma Pfizer erhalten hat, nicht etwa weiß, sondern blau. Entsprechend hebt sich der Kreis um das blaue „P“ herum in weiß ab. Inakzeptabel - wie das Amt befand.

Welche Rolle spielt die Farbe des „P"?

Manuel Gein sagte am Montag auf Anfrage, dass er das Bußgeld inzwischen überwiesen habe. Aber lediglich um nicht weitere Verwaltungsgebühren zu provozieren. Er habe seinen Anwalt nicht rechtzeitig erreicht. Dieser jedoch riet im Nachhinein, solche Überweisungen eher nicht zu tätigen, denn das käme quasi einer Schuldanerkennung gleich. Trotzdem will es Gein jetzt auf eine juristische Auseinandersetzung ankommen lassen und nochmal widersprechen. Ein paar Euro - er habe sich eine Kostenübersicht verschafft - will er dafür investieren. Es geht also um die Farbe, die das „P“ hat.

Nun wurde am Wochenende bekannt, dass man auch in Flensburg zukünftig keine Gnade mehr walten lassen will. Dort waren Parkscheiben von dänischen Pendlern lange geduldet, die nicht den Vorgaben der deutschen Parkscheibe entsprachen. Einem Bericht im dänischen Fernsehen zufolge will die sozialdemokratische Europaabgeordnete Christel Schaldemose aus Dänemark sich mit der Thematik an die EU-Kommission wenden und ihr Fragen stellen. Sie wird beim Online-Magazin „stern.de“ zitiert: „Für mich ist das ein bürokratisches Monster und ein klares Beispiel dafür, dass es hier einige Regeln gibt, die völlig dumm sind“, so Schaldemose.

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

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