Energiekrise

Kostenexplosion bei Energie - was auf die Kliniken der Region zurollt

18 Millionen Euro - mit diesen Mehrkosten bei Energie rechnet die Uniklinik Heidelberg. Die rasant gestiegenen Preise treffen Krankenhäuser von Heppenheim bis Speyer. Von Notfallplänen und Notfallstäben ist die Rede

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Stephan Alfter
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Mit 18 Millionen Euro mehr an Energiekosten rechnet man in diesem Jahr an der Uniklinik Heidelberg im Vergleich zu 2021. © Uwe Anspach/dpa

Rhein-Neckar. Große Finanzierungslücken erwarten die Kliniken zwischen Südhessen und der Vorderpfalz in sehr naher Zukunft. Schon die Corona-Pandemie erfordert von den Krankenhäusern in und um Mannheim herum einen riesigen Kraftaufwand. Nun kommt die Energiekrise in Folge des Kriegs in der Ukraine hinzu. Und weil in einer globalisierten Welt alles mit allem zusammenhängt, steigt beispielsweise im Diakonissen-Stiftungskrankenhaus in Speyer im kommenden Jahr der Strompreis um das Zehnfache.

Die Negativnachrichten wollen einfach nicht abreißen für die Klinikmanager. Auf die ohnehin schon krisengebeutelten Systeme rollen Energiepreise zu, wie es sie nach dem Zweiten Weltkrieg nicht gab. So wappnet man sich beispielsweise im Kreiskrankenhaus Bergstraße in Heppenheim: Einen „Notfallplan Energieversorgung“ hat man hier für verschiedene Eskalationsstufen entworfen. Zunächst sind alle Mitarbeiter aufgefordert, Energie am Arbeitsplatz einzusparen. Das reicht vom Ausschalten des Stand-by-Betriebs an elektrischen Geräten über die Nutzung von Kaffeemaschinen bis zur Vermeidung eines Bildschirmschoners am PC. Sollte die Krise sich zuspitzen, will man weniger wichtiges Licht komplett ausgeschaltet lassen. Wer hätte darüber noch vor einem Jahr nachgedacht? An der Uniklinik in Heidelberg werden Büros, in denen überwiegend im Sitzen gearbeitet wird, jetzt nur noch auf 19 statt auf 21 Grad Celsius geheizt, teilt eine Sprecherin mit. Jedes Grad abgesenkte Raumtemperatur ziehe dringend notwendige Einsparungen von bis zu sieben Prozent nach sich, hat man ausgerechnet. Schon für das Jahr 2022 kalkuliert die Uniklinik bei einer Kapazität von 2 600 Betten mit Energiekosten in Höhe von 50 Millionen Euro. Das sind rund 18 Millionen Euro mehr als im Jahr 2021 – eine Steigerung von 56 Prozent.

Patienten haben Priorität

Auf keinen Fall gespart werden soll bei der Versorgung von Patienten. Nicht an der Uniklinik in Heidelberg, nicht im Klinikum in Ludwigshafen – und auch nicht in Speyer und in Heppenheim. Bedeutet: „Der Einsatz von Geräten zur Versorgung von akutmedizinischen Patienten hat höchste Priorität und wird nicht eingeschränkt werden.“ So formuliert das Kreiskrankenhaus im Kreis Bergstraße den eigenen Anspruch. Hier, wo man über 260 Betten verfügt, haben sich die Energiekosten bereits in diesem Jahr mehr als verdoppelt. Was das kommende Jahr bringt, will man genau beobachten. Noch einschneidender entwickelt sich die Situation am Diakonissen-Stiftungs-Krankenhaus in Speyer, wo man über knapp 480 Betten verfügt.

„Wir sind ab dem Jahr 2023 von den hohen Strompreisen am Markt betroffen, ein bestehender Vertrag mit günstigeren Konditionen läuft zum Jahresende aus. Im kommenden Jahr rechnen wir mit einem Zehnfachen des bisherigen Strompreises. Beim Gasbezug können wir aufgrund eines laufenden Vertrags mit einer gewissen Preisstabilität rechnen.“ Trotzdem versuche man, in begrenztem Rahmen von Gas auf Öl umzusteigen.

„Dies funktioniert aber nur in absoluten Notfallsituationen und zeitlich begrenzt. Eine langfristige Umstellung ist nicht möglich“, so eine Sprecherin des Krankenhauses, das nach eigenen Worten bereits seit Jahren auf schonenden Umgang mit Ressourcen achtet. So würden ständig Leuchtstoffröhren gegen LEDs ausgetauscht. Temperaturen in Patientenzimmern und OP-Sälen werde und könne man nicht herunterfahren. Nicht nur deshalb ergebe sich eine Finanzierungslücke im einstelligen Millionenbereich. Das Budget steige zwar um zwei Prozent, aber in fast allen Bereichen stiegen die Kosten um über zehn Prozent – auch bei den Medizinprodukten.

Dass das Jahr 2022 mit einem fetten Minus endet, ist auch am Klinikum Ludwigshafen, dessen Träger die Stadt ist, längst klar. Das war auch im Jahr 2021 schon so. Wie hoch die Mehrkosten für das Haus sind, das über 971 Planbetten und 21 tagesklinische Betten verfügt, könne man noch nicht abschätzen, informierte eine Sprecherin auf Anfrage.

„Alarmstufe Rot“

Auf die massiven wirtschaftlichen Bedrohungen für die Krankenhauslandschaft machen alle angesprochenen Kliniken in der Region über ihre jeweiligen Krankenhausgesellschaften und teilweise direkte Drähte in die entsprechenden Ministerien aufmerksam. Schon seit September gibt es unter dem Motto „Alarmstufe Rot“ konkrete Forderungen nach einem Inflationsausgleich.

„In Anbetracht der aktuellen Kosten-Entwicklung ist ein positiver Geschäftsabschluss ohne finanziellen Ausgleich durch den Bund für die Folgen der aktuellen Krise nicht mehr möglich“, heißt es in einer entsprechenden Stellungnahme auf Nachfrage bei der Uniklinik Heidelberg. Kliniken könnten nicht wie andere Branchen, zum Beispiel Industrieunternehmen, die Preise erhöhen. Ohne finanziellen Ausgleich würden also Verluste entstehen.

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

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