Rhein-Neckar. Der Neckar ist mit der Ewigkeitschemikalie PFAS kontaminiert. Das bestätigte das Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises auf Anfrage des Weinheimer Kreisrates Carsten Labudda (Linke).
„Uns liegen Informationen des Regierungspräsidiums Karlsruhe von August vor, dass die Konzentration im Neckar (im Kreisgebiet; Anm. d. Red.) aktuell im Bereich von 1 bis 5 Mikrogramm pro Liter liegt“, so Landrat Stefan Dallinger (CDU).
Chemiekonzern Solvay in Bad Wimpfen leitet Chemikalie in den Neckar
Noch länger, bereits seit Herbst 2016, weiß das Landratsamt, wer (Mit-)Verursacher der Verunreinigung ist. So bestätigt der Landrat, dass dem Rhein-Neckar-Kreis bewusst ist, dass der Chemiekonzern Solvay in Bad Wimpfen (Landkreis Heilbronn) das PFAS-Abbauprodukt „TFA“ in den Neckar abführt.
Laut einer Recherche der Wochenzeitung „Kontext“ leitet Solvay täglich bis zu 24 Kilogramm des PFAS-Stoffes in den Neckar. Und zwar mit behördlichem Segen. In dem Artikel heißt es: „So hat das Regierungspräsidium Stuttgart nach Kontext vorliegenden Informationen am 30. April 2021 der Firma Solvay genehmigt, künftig ein Kilogramm pro Stunde TFA in den Neckar zu leiten, das sind 24 Kilo pro Tag und rund acht Tonnen pro Jahr. Diese Genehmigung läuft bis zum 31. Dezember 2044.“
Rhein-Neckar-Kreis sieht kein Gesundheitsrisiko durch PFAS
Carsten Labudda wollte wissen, welche Risiken mit der Kontamination des Wassers einhergehen. Aus dem Landratsamt heißt es hierzu, dass man nach Einschätzung des Gesundheitsamtes kein direktes Risiko durch PFAS beziehungsweise TFA sehe. „Allerdings hat die Qualität des Neckarwassers zeitverzögert und in abgeschwächter Form Einfluss auf ufernahe Trinkwasserbrunnen, welche ganz oder teilweise durch sogenanntes Uferfiltrat nachgespeist werden“, erklärt Dallinger.
Die betroffenen Brunnen würden seit 2016 regelmäßig auf TFA untersucht. Die Befunde lägen unterhalb des Grenzwertes von 60 Mikrogramm pro Liter. Diese Obergrenze wurde vom Umweltbundesamt definiert. Sie beschreibt die Menge an TFA, die im Laufe eines Lebens wöchentlich über das Trinkwasser aufgenommen werden kann, ohne dass daraus eine gesundheitsschädliche Wirkung resultiert.
Auf die Frage, welche konkreten Konzepte der Landkreis entwickelt hat, um gegen die Kontamination vorzugehen, verweist der Landrat auf das Regierungspräsidium (RP) Stuttgart. Für das TFA, das durch die Firma Solvay in den Neckar geleitet wird, sei das RP zuständig. „Konkrete Konzepte liegen dem Rhein-Neckar-Kreis nicht vor“, so Dallinger.
Chemikalie PFAS baut sich nur sehr langsam ab
PFAS (Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen) sind eine Gruppe von Chemikalien, die aufgrund ihrer starken Kohlenstoff-Fluor-Bindung sehr stabil sind. Sie werden aufgrund ihrer wasser-, fett- und schmutzabweisenden Eigenschaften in einer Vielzahl von Produkten eingesetzt, wie etwa in Textilien, Kosmetika, und Löschschäumen. Ihre Persistenz führt dazu, dass sie sich nur sehr langsam abbauen. Dadurch können sie sich in Böden, Wasser und lebenden Organismen anreichern. PFAS werden mit gesundheitlichen Problemen und Krankheiten wie Krebs, hormonellen Störungen, Leberschäden und Immunschwächung in Verbindung gebracht. Trifluoressigsäure (TFA) ist ein Abbauprodukt bestimmter PFAS-Verbindungen.
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