Landau. Die Stadt Landau war ihrer Zeit verkehrstechnisch schon immer ein bisschen voraus. Während in anderen Städten die Ampeln noch mit Induktionsschleifen im Asphalt gesteuert wurden, baute der Ampelbetreiber Swarco hier schon Wärmebildkameras an den Signalanlagen auf. Der Vorteil: Die Kameras erkennen beispielsweise auch Radfahrer, die sich an herkömmlichen Magnetschleifen in der Straße schon mal den Wolf warten, bis die Ampel auf Grün schaltet.
Mittlerweile sind die Wärmebild-Detektoren an den Ampeln längst Massenware. Aber Landau gehörte – dank des Ampelbetreibers – zu den ersten, die den Praxistest machten. Dieser Fortschrittsgeist hat der südpfälzischen Stadt jetzt ein einzigartiges Pilotprojekt eingebracht. Landau wurde gemeinsam mit Leipzig ausgewählt. In beiden Städten wird nun erprobt, wie Künstliche Intelligenz (KI) dazu beitragen kann, dass der Verkehr flüssiger läuft.
Bis zu 25.000 Autos täglich sorgen für Staus
Während Leipzig stellvertretend für die Großstädte in Deutschland steht, soll Landau beispielgebend für die mittelgroßen Kommunen sein. Ausgedeutet hat das federführende Konsortium mit seinem Forschungsprojekt Aiamo zwei Strecken in West-Ost- und Nord-Süd-Ausrichtung durch die Stadt, auf denen täglich 20.000 bis 25.000 Autos rollen und die in Spitzenzeiten hochbelastet sind. Staus im Stoßverkehr sind an der Tagesordnung. „Die Ampeln hier haben feste Schaltzeiten“, erläutert Ralf Bernhard, Abteilungsleiter für Mobilität und Verkehr im Stadtbauamt. „Und wir können nicht ständig die Schaltzeiten dem Verkehrsfluss anpassen“, sagt er. Aber die KI könne das möglicherweise.
Dazu müsse jede Ampel auf der Teststrecke ein eigenes Steuergerät bekommen. Die Daten fließen in einem komplexen Programm zusammen, das mit künstlicher Intelligenz eine grüne Welle durch die Stadt – so zumindest die Theorie. Die Schaltzeiten also an den tatsächlichen Verkehr anzupassen, sei Teil der umfassenden Verkehrssteuerung. Ein zweiter Schritt könne sein, schon an den Stadteingängen den Verkehr herunterzuregeln, um einen besseren Verkehrsfluss zu bekommen. Ob das technisch machbar, sinnvoll und überhaupt finanzierbar sei, sei eben Teil der Erkenntnis aus diesem Pilotprojekt.
Zweiter Nutzen neben dem flüssigen Verkehr sind außerdem weniger Abgase in der Luft durch Autos, die im Stau stehen. Der steht vor allem auch in Leipzig im Fokus, wo die Situation in der Großstadt eine ganz andere Größenordnung hat als in Landau.
Landau ideal für ein solches Projekt
Noch befinde man sich in der Konzeptphase, betont Sabine Rieth, Sprecherin des Konsortiums. Landau sei freilich für ein solches Projekt eine ideale Stadt. Es sei eine mittelgroße Stadt mit einem großen Einzugsgebiet. Rund 37.000 Menschen pendelten nach Landau ein. Auf den Hauptachsen komme es in Spitzenzeiten verlässlich zu Staus. Als weitere Herausforderung kommt ein Bahnübergang im Westen der Stadt hinzu, der die Verkehrssituation noch einmal verschärfe. Insofern sei klares Ziel des Projekts in Landau, die Wartezeiten an Ampeln und Bahnübergang durch eine intelligente Ampel und Schrankensteuerung deutlich zu minimieren. Eine „grüne Welle“, die sich dem tatsächlichen Verkehrsfluss flexibel und dynamisch anpasst.
Das Forschungsprojekt Aiamo
Das Projekt verbindet neue Entwicklungen der KI mit praktischen Anwendungen im Bereich der multimodalen Mobilität, also unter Einbeziehung verschiedener Verkehrsmittel wie Auto, ÖPNV und Rad .
Ziel ist die intelligente Verkehrssteuerung, den CO₂-Ausstoß zu verringern und die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger zu erhöhen.
Der Begriff ist ein Akronym und steht für „Artificial Intelligence And Mobility“ (Künstliche Intelligenz und Mobilität).
Das Konsortium bilden 13 Partner aus Wissenschaft, Forschung und Industrie unter Führung des Bundesverbandes der Wirtschaft und Wissenschaft für Verkehrstechnologien und intelligente Mobilität, ITS Germany. bjz
Es gebe viele Städte wie Landau und Leipzig, die in der jeweiligen Größenordnung mit gleichen oder ähnlichen Problemen kämpften. Und so sei die Idee, ob die Ergebnisse des Feldversuchs nicht einfach und niederschwellig auf anderen vergleichbare Kommunen übertragbar seien, Landau und Leipzig als Blaupause dienen könnten, so Sabine Rieth.
Erste Ergebnisse sollen Mitte 2026 vorliegen
Mit ersten Ergebnissen rechnen die Forscher bis Mitte 2026. Dann soll die erste Projektphase beendet sein. Dann könne man auswerten, welche Verfahren möglicherweise die besten Ansätze bieten.
Für das Pilotprojekt bekommt die Versuchsstrecke auch eine neue Sensorik, die den tatsächlichen Verkehrsfluss auch erfassen kann. Ob diese nach dem Projekt Landau erhalten bleibt, müsse man erst noch sehen, sagt der Landauer Abteilungsleiter Ralf Bernhard. Die Stadt werde prüfen, ob die Anlagen sinnvoll und tatsächlich für die Stadt finanzierbar seien.
Den Zuschlag für das Pilotprojekt in den beiden Städten erteilt hat das Bundesverkehrsministerium, seinerzeit noch unter der Leitung von Volker Wissing. Der sagte bei der Vorstellung damals: „Leipzig und Landau stehen exemplarisch für die Vielfalt der verkehrlichen Herausforderungen in Deutschland. Der Einsatz von KI eröffnet in beiden Städten neue Möglichkeiten, um Verkehre effizienter zu planen, Staus zu vermeiden und die Auslastung im ÖPNV zu erhöhen. Von ihren Erfahrungen können viele andere Kommunen profitieren.“ Wissing weiß, wovon der spricht. Er dürfte selbst oft im Landauer Stau gestanden haben. Und vielleicht hat auch deshalb die südpfälzischen Stadt den Zuschlag bekommen: Wissing ist gebürtiger Landauer.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Kann KI auch Verkehr?