Familientragödie

Hockenheimer Familientragödie - die Stadt trägt Trauer

Fassungslosigkeit und Trauer herrschen in Hockenheim vor. Am Sonntag soll eine Mutter ihre beiden sieben und neun Jahre alten Söhne getötet haben. Wichtige Fragen sind bislang noch unbeantwortet

Von 
Henrik Feth
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Plüschtiere, Blumen und Kerzen. Am Tatort in der Hockenheimer Luisenstraße ist ein Gedenkort entstanden. © Melissa Schwab

Hockenheim. Luftballons, Blumen, Spielzeug, Kuscheltiere und etliche brennende Lichter - der Gang vorbei an der Eingangstür der Hausnummer 46 in der Luisenstraße löst mehrere Gefühle aus: Hilflosigkeit, Trauer und Wut. Die Gedenkstätte bringt Mitgefühl, Anteilnahme und den Schmerz über einen unbegreiflichen Verlust zum Ausdruck.

Der schreckliche Tod zweier Kinder im Alter von sieben und neun Jahren - nach bisherigem Kenntnisstand durch die Hand der eigenen Mutter - versetzt die Stadt Hockenheim seit drei Tagen in Schockstarre. Währenddessen laufen die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zum Tathergang auf Hochtouren.

Mutter meldet sich schriftlich bei Polizei

Es ist Ostersonntag, 9. April. Während etliche Familien wohl gemeinsam den Feiertag begehen, geht beim Polizeirevier Hockenheim eine schriftliche Nachricht ein, die den Tag in eine absurde und unbegreiflich traurige Gegensätzlichkeit zum festlichen Anlass stürzen soll. Sie stammt von einer 43-jährigen Anwohnerin der Luisenstraße, die laut einer Pressemitteilung der Polizei mitteilt, „etwas Schlimmes“ getan zu haben.

Vor Ort angekommen, wird den Beamten und dem Sondereinsatzkommando die Tragweite dieser Nachricht bewusst. In der Wohnung finden sie die leblosen Körper zweier Kinder, einem Brüderpaar im Alter von sieben und neun Jahren. Der Notarzt kann nur noch deren Tod feststellen. Die 43-Jährige, die die Beamten verständigt hat, wird als Mutter der beiden Opfer identifiziert und als dringend tatverdächtig festgenommen.

Gerüchte in sozialen Medien

Der Großeinsatz der Polizei samt Straßensperre lenkt die Aufmerksamkeit der Anwohner auf sich, in den sozialen Medien entstehen erste Gerüchte. Schnell wird klar, dass etwas Schreckliches geschehen sein muss. Das Polizeipräsidium Mannheim bestätigt dann in einer ersten Meldung gemeinsam mit der Staatsanwaltschaft das Unbegreifliche. Die Frage nach dem Warum legt sich wie ein Schleier der Ratlosigkeit über die Rennstadt und wird auch am Dienstag nicht beantwortet.

Laut Staatsanwaltschaft wurde die tatverdächtige Mutter am Montag einer Haft- und Ermittlungsrichterin vorgeführt, die den Haftbefehl gegen die 43-Jährige wegen Mordverdachts eröffnet hat. Anschließend wurde die Tatverdächtige in eine Justizvollzugsanstalt eingeliefert.

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Der Kriminologe Christian Pfeiffer vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen gibt gegenüber dem Radiosender RPR1 eine Einschätzung zur Entstehung von Fällen wie diesem ab: „Fast immer sind es Überlastungssituationen von Vater oder Mutter, die als Täter auftreten. Sie sind überfordert und manchmal ist es auch Wut: Man will den anderen, weil er sich getrennt hat und plötzlich mit einem neuen Partner lebt, massiv treffen und dann ist die Tötung eines Kindes, die schlimmste Rache, die man nehmen kann.“

Dass zwei Kinder plötzlich aus dem Leben gerissen werden, vereint die Hockenheimer in Trauer und Fassungslosigkeit. Oberbürgermeister Marcus Zeitler bringt die Gedanken auf den Punkt: „Der Tod der beiden Kinder hier in unserer Nachbarschaft macht mich nicht nur als Oberbürgermeister, sondern vor allem als Vater zutiefst betroffen. Wir alle stehen unter Schock. Meine Gedanken und Gebete sind bei den beiden jungen Seelen, die viel zu früh aus dem Leben gerissen wurden, aber auch bei den Angehörigen, die mit diesem schrecklichen Verlust leben müssen.“

Gedenkstätte eingerichtet

Dem schließen sich die Bürger Hockenheims nicht nur mit zahlreichen Beileidsbekundungen in den sozialen Medien, sondern auch mit einer Gedenkstätte am Tatort an. Die Freiwillige Feuerwehr hat wegen des Familiendramas ihren Ostermontagsausmarsch abgesagt. Wie Kommandant Daniel Ernst mitteilt, war die Hockenheimer Wehr teilweise am Einsatzgeschehen beteiligt. So seien Feuerwehrseelsorger für Einsatzkräfte und Familienangehörigen vor Ort gewesen.

Die Betroffenheit bei der Wehr sitzt tief, wie Ernst beschreibt: „Eben diese Betroffenheit führte noch am Sonntagabend zur Entscheidung, den Ausmarsch abzusagen. Innerhalb der Wehr waren sich alle einig, dass man nicht bei Marschmusik durch Hockenheim laufen kann, während sich nur wenige Meter vom Start- und Endpunkt entfernt nicht mal 24 Stunden zuvor eine solche Tragödie ereignet hat“.

Viele Fragen bleiben offen

Auch die katholische und die evangelische Kirchengemeinde reagieren mit Entsetzen und Trauer auf den gewaltsamen Tod der Geschwisterkinder. Die beiden Pfarrer Christian Müller und Michael Dahlinger, die sonntagvormittags noch Ostergottesdienste gefeiert hatten, teilen mit, dass ihre Gedanken zuerst bei den Angehörigen, dem Vater und den Großeltern, aber auch bei der Mutter seien. „Diese Tat ist unfassbar und unbegreiflich.

Es bleiben so viele Fragen offen. Wir werden diese Fragen im Gebet an Gott weitergeben und ihn um Frieden für die beiden Kinder bitten sowie um Trost für die Angehörigen“, heißt es von den Geistlichen. Dahlinger war Teil des Notfallseelsorgeteams am Tatort.

Redaktion Verantwortlicher Redakteur für die Gemeinde Ketsch

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