Urheberrechte

Hat Zuckerberg mit Meta einen Speyerer Bestseller-Autor bestohlen?

Die US-Zeitung „The Atlantic“ hat herausgefunden, dass der Zuckerberg-Konzern Meta seine KI mit abertausenden Büchern trainiert, die ihm nicht gehören. Auch aus Speyer?

Von 
Stephan Alfter
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Der 48-jährige Speyerer Autor Christoph Lode schreibt unter den Pseudonymen Daniel Wolf und Kilian Eisfeld erfolgreiche historische Romane. © Klaus Venus

Speyer. Die wichtigen Dinge stehen oft im Kleingedruckten. Und schlechte Botschaften werden meist an Tagen verkündet, an denen Menschen mit vermeintlichen Großereignissen konfrontiert sind. Als sich die Datenkrake Google im Frühjahr 2024 etwa dafür entschieden hat, ihre AGBs in den USA umzuformulieren, wählte man als konkretes Datum ironischerweise den amerikanischen Unabhängigkeitstag.

Wer liest am 4. Juli schon Geschäftsbedingungen? Da wird Baseball geschaut, Barbecue zubereitet und Bier getrunken. Um die eigenen Nutzerdaten im Internet und deren weitere Verwendung kümmert sich der gemeine Texaner da eher weniger.

Ganz ähnlich muss Meta rund um die Europawahl 2024 vorgegangen sein. Während Politiker mit Wahlkampf beschäftigt waren, gab der Mutterkonzern von Instagram, WhatsApp und Facebook bekannt, Beiträge von Facebook- und Instagram-Nutzern aus der EU von nun an als Trainingsdaten für Künstliche Intelligenz zu verwenden. Reaktionen? Überschaubar!

„Salz der Erde“: Der bisher erfolgreichste Roman von Daniel Wolf aus dem Jahr 2023. © Christoph Lode

Was Meta inzwischen ebenfalls für diese Programme verwendet, sind abertausende Bücher aus Schattenbibliotheken im Internet. So berichtete es jedenfalls die US-Zeitung „The Atlantic“ in der Ausgabe vom 20. März. Meta und OpenAI trainierten ihre KI-Modelle mit umfangreichen Sammlungen von Büchern und wissenschaftlichen Arbeiten aus Bibliotheken wie Library Genesis (LibGen).

Meta AI greift auf Daten aus Schattenbibliotheken zu

Diese sogenannten Schattenbibliotheken, deren Erschaffer oft in Russland oder in der Ukraine beheimatet sind, bieten kostenlosen Zugang zu wissenschaftlichen Artikeln, Büchern und anderen Publikationen wie Filmen und Serien an – meist ohne Zustimmung der Rechteinhaber. Einfach ausgedrückt: Es geht vielfach um Raubkopien. Aber was hat das alles mit der Metropolregion Rhein-Neckar und einem Speyerer Autor zu tun?

In Zeiten neuronaler Netzwerke im weltweiten Datenstrom ist dem Diebstahl geistigen Eigentums Tür und Tor geöffnet. Christoph Lode ist seit dem Jahr 2009 freiberuflicher Autor. Seine Bücher, allen voran der Bestseller „Salz der Erde“, haben sich bisher rund 1,5 Millionen Mal verkauft und sind beispielsweise auch in Spanien ein großer Erfolg.

Christoph Lode als Schriftsteller

Christoph Lode ist ein Schriftsteller, der auch unter den Pseudonymen Daniel Wolf und Kilian Eisfeld bekannt ist.

Lode wurde 1977 in Kaiserslautern geboren und hat Sozialpädagogik studiert. Seit dem Jahr 2009 ist er als freier Autor unterwegs. Die Metropolregion Rhein-Neckar kennt er sehr gut, denn er lebte unter anderem in Ludwigshafen, Mannheim und Heidelberg. Heute ist Lode mit seiner Partnerin in Speyer zu Hause.

Der Durchbruch gelang ihm 2013 mit seinem Historienroman „Das Salz der Erde “. Die Fortsetzungen „Das Licht der Welt“ (2014) und „Das Gold des Meeres“ (2016) konnten an diesen Erfolg anknüpfen; ebenso „Die Gabe des Himmels“ (2018), der vierte und bislang letzte Band der Saga um die Kaufmannsfamilie Fleury. Alle vier Bücher standen jeweils monatelang auf den Bestsellerlisten.

2020 erschien sein historischer Roman „Im Zeichen des Löwen“ , der Auftakt der Saga um die friesische Familie Osinga. Mit „Im Zeichen des Löwen“ gelang Daniel Wolf erstmals der Sprung auf Platz 1 der Bestsellerliste von Spiegel/Buchreport. Der Roman „Im Bann des Adlers“ (2022) setzte die Friesensaga erfolgreich fort. Im Frühjahr 2023 erschien außerdem sein erster Kriminalroman „Wahnspiel“, den er unter dem Pseudonym Kilian Eisfeld veröffentlichte.

Im Oktober 2024 kam sein jüngstes Buch „Die Templer. Rose und Kreuz“ in den Handel. „Rose und Kreuz“ ist der erste Roman einer neuen Mittelaltersaga, die in Frankreich um das Jahr 1300 spielt und unter anderem die letzten Jahre des Templerordens erzählt.

Seine Werke verkauften sich bisher rund 1,5 Millionen Mal. sal

Auf die Machenschaften von Leuten wie Mark Zuckerberg und Elon Musk ist Lode in diesen Tagen gar nicht gut zu sprechen. Denn: Deren Konzerne bewegen sich aus seiner Perspektive wie Taschendiebe in den beschriebenen Schattenbibliotheken und werfen die digitalen Inhalte, die sie dort finden, ihren viel Strom schluckenden Maschinen zum Fraß vor. Das besagte US-Medium „The Atlantic“ hat jüngst auf seiner Homepage eine Suchmaschine für betroffene Autoren zur Verfügung gestellt. Und siehe da: Christoph Lode und sein Alias Daniel Wolf tauchen dort tatsächlich auf. Lode bringt seinen Ärger darüber auf eine simple Formel: „Einer der reichsten Konzerne der Welt, der einem der reichsten Männer aller Zeiten gehört, stiehlt mir Tausende Buchseiten und Jahre meines Lebens, weil er keine Lust hat, mich für meine Arbeit und für die Nutzung meiner Texte zu bezahlen.“ Auch Zeitungsverlage stellen zum Teil fest, dass Inhalte, die sich hinter einer Bezahlschranke befinden, von KI-Programmen wie Perplexity erfasst werden. Der Sinn einer Paywall wird auf diese Weise ad absurdum geführt.

Beweise gegen Zuckerberg und Meta sind nur schwer zu erbringen

Lode hält die Dimensionen, in denen dies gerade zu geschehen scheint, für den „größten Diebstahl geistigen Eigentums in der Geschichte des Urheberrechts“. Zumal einiges darauf hindeute, dass die ChatGPT-Firma OpenAI und andere KI-Konzerne gerade sehr ähnlich verfahren würden.

Dass Meta seine Bücher wirklich verwendet hat, um deren KI zu trainieren, werde sich nur schwer beweisen lassen, sagt Lode. Hierzu müsste Meta juristisch gezwungen werden, den gesamten Vorgang offenzulegen. Lode hält einen Diebstahl aber für „sehr wahrscheinlich“, denn generative KI benötige für eine adäquate Funktion schließlich gewaltige Datenmengen.

Betroffen ist nicht nur Lode persönlich, sondern auch die Verlage, an die die Autoren vertraglich gebunden sind. In Lodes Fall ist das der Verlag Goldmann, der zu Penguin Random House gehört und ein Bertelsmann-Unternehmen ist. Eine Sprecherin sagte auf Anfrage dieser Redaktion zum Umgang mit Meta: „Der Verdacht, dass sich KI-Unternehmen gezielt in ,Schattenbibliotheken‘ wie LibGen, Anna’s Archive oder Z-Library bedient haben, um ihre KI-Modelle rasch und umfassend zu trainieren, scheint im Falle der Meta Platforms Inc. bestätigt.“

Mark Zuckerberg, CEO von Meta, im vergangenen Herbst während einer Pressekonferenz zur Weiterentwicklung seines Unternehmens. © picture alliance/dpa

Das gehe aus Unterlagen hervor, die im Rahmen eines aktuellen Rechtsstreits vor dem Northern District of California gegen Meta vorgelegt worden seien. Sie sagt weiter: „Die Nutzung geschützter Werke für KI-Trainingszwecke stellt in unseren Augen einen klaren Verstoß gegen das Urheberrecht dar.“ Derzeit prüfe der Verlag die Einleitung rechtlicher Schritte. „Ohne die Werke der Autoren gäbe es uns Verlage nicht“, so die Sprecherin. Der Verlag beteilige sich an der Initiative des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels zur Sperre von Seiten, die das Urheberrecht verletzen.

Appell an Politik, Urheberrechte zu stärken

An die deutsche Politik richtet Penguin Random House den Appell, alles dafür zu tun, die überragende Bedeutung des Urheberrechts als Basis allen kreativen Schaffens zu betonen, zu erhalten und zu stärken. In einem Papier des Bundesjustizministeriums hieß es im vergangenen Jahr, dass die maßgebliche Richtlinie im Urheberrecht ab 2026 auf europäischer Ebene evaluiert werde. Vom amerikanischen Copyright unterscheiden sich die europäischen Urheberrechte jedenfalls. Und das nicht nur im Kleingedruckten.

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

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