Neustadt. „Der Federweißer ist ein Stück Kultur“, sagt die Pfälzische Weinprinzessin Hanna Spies. Sie ist in die Weinberge bei Neustadt gekommen, um Weintrauben zu ernten. Denn die Lese für den Federweißen in der Pfalz ist gestartet - so auch auch beim Weingut Mohr-Gutting. Aus den gelblichen Trauben der Sorte Solaris stellen sie Federweißen - also gärenden Weißwein mit bis zu elf Volumenprozent Alkohol - her. Solaris ist eine frühreife Sorte. Andere Rebsorten wie Müller-Thurgau oder Riesling werden erst in wenigen Wochen lesereif.
So laufen die Weintrauben-Lese und das Keltern im Weingut Mohr-Gutting in Neustadt ab
Zum Lesestart demonstriert das Weingut Mohr-Gutting, wie es die Weintrauben erntet und weiterverarbeitet. In den Weinbergen setzt das Unternehmen einen sogenannten Traubenvollernter ein. Mit der großen Maschine kann ein Hektar Fläche in etwa drei Stunden abgeerntet werden - mit der Hand würde das rund 300 Stunden dauern, berichtet Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut. Der Traubenvollernter fährt über die Rebzeilen. Durch vibrierende Lamellen im Inneren fallen die Beeren von ihrem Stielgerüst ab und werden in „kleinen Obstkörbchen“ gesammelt, wie es Büscher erklärt. Auch die Blätter kann die Maschine von den Trauben trennen.
Trends in der Weinwelt
- Weltweit gibt es laut DLR Rheinpfalz einen Rückgang der Weinnachfrage.
- Die jungen Menschen wollen heutzutage Getränke mit starken Aromen. Man soll sie auch unkompliziert trinken können, und sie sollen prickelnd sein.
- Weltweit laufen Schaumweine ununterbrochen gut.
- Außerdem gibt es eine steigende Nachfrage nach alkoholfreien Weinen. Das zeigen laut DLR Erfahrungen von Pfälzer Winzern, die in den vergangenen Jahren immer mehr Flaschen alkoholfreien Weins verkaufen.
- Die Kosten für den Wein sind deutlich gestiegen. Innerhalb der letzten fünf Jahre habe sich der Preis für eine Glasflasche beispielsweise verdoppelt. Das liege vor allem an den erhöhten Energiekosten bei der Glasherstellung.
- Verbraucher kaufen deshalb oft Weine aus dem Ausland.
Für den Federweißen kommt der Traubenvollernter zum Einsatz. Vorher läuft der Winzer jedoch in der Regel durch die Rebzeilen und schneidet die einzelnen, nicht geeigneten Trauben ab. Bei anderen Weinen werden die Beeren oft noch per Hand gelesen, um sicherzustellen, dass nur die komplett gesunden Trauben weiterverarbeitet werden. „Gesundes Lesegut ist am wichtigsten für eine gute Weinqualität“, sagt Büscher. Nach der Ernte werden die gelesenen Beeren in einem Traubenwagen - einem großen Anhänger - zum Weingut transportiert.
Dort folgt der nächste Verarbeitungsschritt: das Keltern. In der Kelter werden die Trauben mit maximal zwei Bar Druck gepresst. Ein Tuch zieht sich zusammen und quetscht den Saft aus den Beeren. Durch das Tuch läuft das Ganze besonders schonend ab. Denn die Kerne in den Trauben sollen möglichst nicht gepresst werden. Sie können bitter schmecken, und der Saft bekommt dadurch einen anderen Geschmack, sagt Spies. Im Anschluss wird der entstandene Most filtriert: Durch eine „Art großen Kaffeefilter“ wird das restliche Fruchtfleisch entfernt, so dass nur der klare Saft übrig bleibt, erklärt Büscher. Zum Schluss kommt Hefe hinzu. Sie sorgt dafür, dass der Zucker in den Trauben in Alkohol vergärt.
Wie wird der Wein-Jahrgang 2024 in der Pfalz?
„Ein guter Jahrgang steht in den Startlöchern“, sagt Ulrich Fischer vom DLR Rheinpfalz - der zentralen Forschungseinrichtung für Winzer. Durch den vielen Regen ist der Boden in den Weinbergen mit Wasser versorgt. Das ist gut für das Wachstum der Trauben: Sie sind schön saftig. „So sollte es sein“, sagt Büscher. Der Regen hat aber auch für mehr Arbeit bei den Winzern gesorgt: Das Laub an den Reben musste drei Mal statt den üblichen zwei Mal geschnitten werden. Auch auf die Gesundheit der Pflanzen musste besonders geachtet werden: Der Echte und Falsche Mehltau - Pilzerkrankungen - befällt beispielsweise gerne die Trauben und Blätter. Die Sorte Solaris ist jedoch gegen die Pilze weitestgehend resistent.
Vom späten Frost im April ist die Pfalz größtenteils verschont geblieben. Andere Gebiete hat es da härter getroffen, sagt Büscher. In Sachsen gebe es durch den Frost 70 bis 80 Prozent Verlust. Die nächsten Wochen seien nun aber entscheidend, wie gut die Ernte wirklich wird, sagt Fischer. Wenn es weiterhin stark regnet, nehmen die Beeren zu viel Wasser auf und können aufplatzen. Die Weintrauben brauchen stattdessen aktuell Trockenheit und Sonne. Auch der Temperaturwechsel zwischen den warmen Tagen und kühlen Nächten ist wichtig für das Aroma der Beere.
Federweißer besonders im Herbst beliebt
Der Federweißer ist beliebt. Besonders im Herbst wird er gut verkauft, sagt Spies. Für den ersten Federweißen des Jahres hat Büscher ein paar Tipps auf Lager: Mit zunehmender Zeit und Gärung wird der Federweißer immer trockener, weniger süß und bekommt mehr Alkohol. Deswegen: Den Federweißen am besten zwei bis drei Tage früher kaufen und immer wieder probieren. Da während der Gärung Kohlensäure entsteht, dürfen die Flaschen nicht fest verschlossen sein - sonst können sie platzen. In der Original-Flasche vom Winzer ist der Deckel luftdurchlässig oder die Dichtung fehlt. Deswegen soll der Federweißer nicht umgefüllt werden. Wegen der Kohlensäure soll die Flasche auch nur im Stehen gelagert werden.
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