Auf politischer Ebene regt sich etwas. Nachdem die Ludwigshafener Grundschule Gräfenau seit zwei Jahren aufgrund einer extrem hohen Wiederholerquote in der ersten Klasse für Aufsehen sorgt, haben in diesem Schuljahr gleich zwei Programme begonnen. Der neue Innenminister Alexander Schweitzer hat die Schule sogar explizit in seiner Regierungserklärung zum Amtsantritt erwähnt. Es ist erfreulich, dass die Politik das Problem endlich in Angriff nimmt. Im Projekt First Class erhalten Erstklässler Deutsch-Intensivkurse und lernen den Umgang mit Stift, Schere und Papier. Und Grundschulzentren sollen auch die Eltern in die Bildungsprojekte einbinden. Der Haken: Die Kurse und die Einbindung der Familien beginnen erst in der Grundschule.
Die Politik muss viel früher ansetzen, bereits im Kindergarten – beispielsweise, indem Familienzentren, die an Kitas angeschlossen sind, in Brennpunkten umgesetzt werden. Und auch eine Kita-Pflicht wäre dafür unvermeidlich. Schulleiterin Barbara Mächtle beklagt, dass grundlegende Strukturen in den Familien fehlen. Diesen regelmäßigen Tagesablauf und die deutsche Sprache könnten die Kinder bereits im Kindergarten lernen. Und dann dem Unterricht in der ersten Klasse von Beginn an folgen und so ihre Startchancen verbessern. Die Einrichtung der Familiengrundschulzentren ist grundsätzlich eine gute Idee, wird aber wohl an der Realität in Problemvierteln vorbeigehen. Denn viele Eltern sprechen kein Deutsch. Es bleibt fraglich, wie die einzige Mitarbeiterin das nötige Vertrauen zu den Eltern aufbauen und sie zur Teilnahme motivieren soll. Ganz zu schweigen von der kurzen Zeit, die dafür zur Verfügung steht: ein Tag die Woche pro Grundschule.
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