Tötungsdelikt

Gesuchter Wirt des Café Solo in Weisenheim am Berg hält sich in der Türkei auf

Im Fall des Tötungsdelikts in Weisenheim am Berg gibt es neue Entwicklungen. Der Tatverdächtige hat sich tatsächlich in die Türkei abgesetzt

Von 
Bernhard Zinke
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Die Staatsanwaltschaft Frankenthal hat einen 64-jährigen Gastwirt aus Weisenheim am Berg wegen Totschlags angeklagt. © Klaus Venus

Weisenheim am Berg. Zunächst war es noch eine Vermutung, jetzt hat die Frankenthaler Staatsanwaltschaft Gewissheit: Der Gastwirt aus Weisenheim am Berg, gegen den die Behörde am 14. August Anklage wegen Totschlags erhoben hat, befindet sich aktuell in der Türkei. Das hätten die türkischen Behörden der Frankenthaler Staatsanwaltschaft bestätigt, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Hubert Ströber dieser Redaktion auf Nachfrage. Die Kollegen hätten sogar den genauen Aufenthaltsort ermitteln können. Allerdings hätten sie auch gesagt: Die Türkei wird den Betreiber des Café Solo in Weisenheim am Berg nicht an Deutschland ausliefern.

Der Tatverdächtige ist in der Türkei geboren, besitzt aber die deutsche Staatsbürgerschaft. Wie die Ermittler wissen, hat der 64-Jährige bereits 1993 die türkische Staatsbürgerschaft verloren. Das ist für die Behörden dort aber unerheblich, berichtet Ströber. Entscheidend sei, dass der Mann in der Türkei geboren sei. Das genüge den dortigen Behörden als Grund, um den Mann nicht nach Deutschland auszuliefern.

Ein besonderer Fall

  • Das Ermittlungsverfahren gegen den beschuldigten Wirt des Cafés Solo ist ein ausgesprochen außergewöhnlicher Fall, wie auch der Frankenthaler Leitende Oberstaatsanwalt Hubert Ströber bestätigt.
  • Grundlage für die Beschlagnahme des Vermögens des Beschuldigten ist Paragraf 290 der Strafprozessordnung.
  • „Liegen gegen den Abwesenden, gegen den die öffentliche Klage erhoben ist, Verdachtsgründe vor, die den Erlass eines Haftbefehls rechtfertigen würden, so kann sein im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes befindliches Vermögen durch Beschluss des Gerichts mit Beschlag belegt werden“, heißt es wörtlich in dem Paragrafen.
  • Geschaffen wurde die Paragraf laut Ströber eigens für Menschen mit erheblichen Vermögenswerten, die sich der Rechtssprechung entziehen, indem sie sich ins Ausland absetzen. Durch die Beschlagnahme sollen sie dazu bewegt werden, sich einem Strafverfahren zu stellen. 

Der Gastwirt steht in dem dringenden Tatverdacht, am 18. Juni seinen 41 Jahre alten Mitarbeiter erwürgt zu haben, nachdem dieser mittags betrunken zum Dienst erschienen sei. Zum Streit der beiden gibt es laut Staatsanwaltschaft auch Zeugen. Tatort war den Ermittlern zufolge die Dachgeschosswohnung des Mitarbeiters. Um die Tat zu vertuschen, legte der Gastwirt die Leiche an einer Straße zwischen Kaiserslautern-Einsiedlerhof und Rodenbach ab. Dort wurde der Tote am 19. Juni, einen Tag nach der Tat, dann gefunden.

Erregt über Ermittlungen

Bei einer Durchsuchung der Räumlichkeiten am 20. Juni habe sich der Wirt erregt über die Ermittlungen gezeigt. Es könne doch nicht sein, dass man wegen des Todes eines Säufers so einen Wirbel veranstalte. Er räumte gegenüber den Polizeibeamten ein, dass er am Tattag Streit mit dem Mitarbeiter gehabt habe. Er will diesen dann auch entlassen haben. Des Weiteren habe er den Beamten zugerufen, dass er kein Mörder sei, sondern dass sich der Geschädigte zu Tode gesoffen habe, heißt es in einem Beschluss des Landgerichts Frankenthal, der auch im Bundesanzeiger veröffentlicht ist.

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Um des Gastwirts doch noch habhaft zu werden, gebe es verschiedene Möglichkeiten, erläutert der Leitende Oberstaatsanwalt. Man könne ein Auslieferungsersuchen starten oder die Behörden in der Türkei um die Übernahme der Strafverfolgung ersuchen. Ob und welche Variante die Frankenthaler Staatsanwaltschaft anstrebt, dazu will sich Ströber indessen nicht äußern. Nur so viel: Beide Vorgehensweisen seien verbunden mit bürokratisch sehr aufwendigen Verfahren.

Vermögen ist beschlagnahmt

Einen anderen Weg haben die Ermittler schon beschritten: Sie wollen den Tatverdächtigen finanziell austrocknen, sodass er im Ausland über kurz oder lang nicht mehr über genügend Geld für seinen Unterhalt verfügt. Die Hoffnung der Behörde: Dann wird der Mann sich freiwillig den deutschen Strafverfolgungsbehörden stellen. Deswegen hat die Staatsanwaltschaft am 14. August zusammen mit der Anklageschrift ans Landgericht auch die Beschlagnahme des Vermögens des Gastwirts beantragt. Dem ist das Frankenthaler Gericht gefolgt und hat einen entsprechenden Beschluss gefasst.

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Somit sind sämtliche Vermögenswerte, die der Mann im Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland hat, beschlagnahmt. Dies umfasst auch ausdrücklich das Weisenheimer Café. Es könne nun nicht mehr verkauft und zu Geld gemacht werden, sagt Ströber. Genau dies hatten die Besitzer des Cafés nach Erkenntnissen der Ermittler allerdings vorgehabt. Der Beschuldigte ist zur Hälfte Eigentümer des Lokals, die andere Hälfte gehört seinen Söhnen und einem stillen Teilhaber.

„Wenn der Mann über viel Vermögen im Ausland verfügt, dann würde sich der Erfolg unserer Maßnahme natürlich relativieren“, sagt Hubert Ströber. Allerdings gebe es keine Hinweise darauf, dass der Tatverdächtige große Vermögenswerte im Ausland angehäuft haben könnte. Und wenn ihn Verwandte oder Bekannte von Deutschland aus über andere Wege finanziell unterstützen – an den offiziellen Konten vorbei? „Gehen Sie mal davon aus, dass wir auf der Hut sind“, versichert Ströber, ohne indessen weitere Details nennen zu wollen, „wie erfolgreich wir damit sind, wird sich dann zeigen.“

Unterdessen läuft der Betrieb des Cafés weiter. Die Ehefrau des Tatverdächtigen hat sich via Instagram zu Wort gemeldet und sich “in aller Form von den schrecklichen Ereignissen” distanziert. Sie müsse sich jetzt mit übler Nachrede, Beleidigungen und Hassrede im Netz auseinandersetzte, obwohl sie selbst Leidtragende der Situation sei. Der Betrieb im Café läuft unterdessen weiter. Auf Instagram schreibt die Ehefrau: „Mein Team und ich würden uns freuen, wenn Sie uns auch weiterhin gewogen bleiben”.

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