Frankenthal. Ein aus Ludwigshafen stammender Taekwondo-Trainer ist zu einer Gefängnisstrafe von drei Jahren verurteilt worden, weil er ihm anvertraute Kinder sexuell missbraucht hat - mit und ohne körperliche Berührung. Der heute 53-Jährige hat während von ihm geleiteten Kursstunden masturbiert. Zwei Jungen griff er außerdem in die Hose. Aufgrund des „voll umfänglichen“ Geständnisses dauert der Prozess am Landgericht Frankenthal gerade mal einen halben Tag.
Üblicherweise sitzen keine Eltern mit minderjährigen Sprösslingen im Gerichtssaal. Bei diesem Verfahren ist das anders: Betroffene Familien möchten mit eigenen Augen und Ohren die Verhandlung verfolgen. Drei Anwälte vertreten die Nebenkläger rechtlich.
Kindern bleibt Befragung vor Gericht erspart
Der so gar nicht sportlich wirkende 53-jährige, der seit seiner Festnahme in Untersuchungshaft sitzt, wird mit Handschellen in den Saal geführt. Alexander Melahn, Vorsitzender Richter der 7. Großen Strafkammer, die als Jugendschutzgericht fungiert, erläutert, dass es im Vorfeld Verständigungsgespräche zwischen den Parteien gegeben hat - angeregt vom Verteidiger. Dieser hatte vorab signalisiert, dass sein Mandant bereit ist, die angeklagten Vorwürfe komplett einzuräumen und damit einen unstreitig geführten Prozess zu ermöglichen. Was auch bedeutet: Den betroffenen Jungen bleibt eine Befragung vor Gericht erspart.
Die von der Staatsanwältin verlesene Anklage umfasst nur wenige Seiten: Zur Last gelegt werden insgesamt fünf sexuelle Missbrauchshandlungen, von denen acht Kinder, teilweise unter zehn Jahre alt, betroffen waren. Der nebenamtliche Trainer eines Kampfsportstudios mit mehreren Filialen nutzte ab Mai 2018 bis ins Jahr 2023 sowohl in Speyer wie in Schifferstadt von ihm geleitete Taekwondo-Trainingseinheiten, um sich selbst zu befriedigen - bis zum Samenerguss. Zwei Buben griff er in die Hose, um dabei deren Penis und Po zu berühren.
Vor der eigentlichen Beweisaufnahme mit nur einem einzigen Zeugen ziehen sich die Parteien zu einem Rechtsgespräch zurück. Danach erfährt das Publikum, dass man sich im Falle eines „voll umfänglichen“ Geständnisses auf einen Strafrahmen von zweieinhalb bis dreieinhalb Jahren Gefängnis geeinigt hat. Allerdings geben zwei der Nebenkläger-Anwälte zu bedenken, dass sie eine höhere Strafe für angemessen halten. Sie fordern außerdem Schmerzensgeld.
Zum Lebenslauf verliest der Verteidiger einen vorbereiteten Text, aus dem hervorgeht: Der Mann aus Ludwigshafen besitzt zwar keinen Schulabschluss, hat aber so gut wie immer gearbeitet - die letzten Jahre in einer Druckerei. Erhebliche Schulden haben zu einer Lohnpfändung geführt. Auf Nachfrage des Kammervorsitzenden gibt der 53-Jährige an, keine Drogen zu nehmen und Alkohol nur im „üblichen Rahmen“ zu trinken. Als ihn der Richter fragt, warum er nie überlegt habe, dass sein Verhalten ja irgendwann auffliegen muss, erklärt der einstige Trainer: „Keine Ahnung.“ Er gibt außerdem an, auch „keine Erklärung“ dafür zu haben, „warum ich das alles überhaupt gemacht habe“. Die Gründe wolle er in einer Therapie herausfinden.
Aussage und Schlussplädoyers ohne Öffentlichkeit
In dem Prozess geht es auch darum, dass neben dem sexuellen Missbrauch von Kindern obendrein das Vertrauen von befreundeten Eltern wie des nichts ahnenden Studiobetreibers hinterhältig wie folgenschwer ausgenutzt worden ist. Ein Nebenkläger-Anwalt weist auf die Bitterkeit der Vorkommnisse hin: Kinder, die im Kampfsporttraining eigentlich lernen sollen, sich selbstbewusst zur Wehr zu setzen, sind von einem Erwachsenen, den sie als Vorbild sahen, in der seelischen Entwicklung attackiert worden. Der 53-Jährige entschuldigt sich im Gerichtssaal für seine Taten und sagt, er würde gern alles ungeschehen machen, wenn er könnte.
Da der ermittelnde Kripobeamte zu Details befragt wird, die im Sinne des Jugendschutzes nicht bekannt werden sollen, muss das Publikum während der Zeugenvernehmung den Saal verlassen. Und auch die Schlussplädoyers laufen ohne Öffentlichkeit. Diese ist erst wieder zur Verkündung des Urteils zugelassen.
Die Strafkammer verhängt eine dreijährige Gefängnisstrafe. Wie der Vorsitzende Richter Melahn ausführt, habe sich zugunsten des Angeklagten ausgewirkt, dass dessen Geständnis den Kindern erspart hat, nach ihren Angaben bei der Polizei zusätzlich im Prozess ein weiteres Mal aussagen zu müssen. Positiv sei anzumerken, dass der 53-Jährige bislang nicht mit dem Gesetz in Konflikt gekommen ist. Hingegen wiege im negativen Sinne schwer, dass es mehrere junge Opfer gibt und das Vertrauensverhältnis zu Eltern wie Arbeitgeber „ausgenutzt“ worden ist.
Das Gericht spricht sich für eine Therapie aus. Angesichts der angehäuften Schulden - „der Angeklagte ist finanziell nicht leistungsfähig“ - benennt die Kammer keine konkrete Ausgleichssumme für die Opfer. Der Richter appelliert jedoch an den 53-jährigen, sich nach der Haftentlassung darüber Gedanken zu machen, wie er Schmerzensgeld aufbringen könne.
Trotz „Straf-Deal“ im Sinne einer Verständigung aller Prozessbeteiligten bleibt das Recht unberührt, gegen das Urteil vorzugehen. Innerhalb einer Woche kann Revision eingelegt werden.
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