Ludwigshafen. Seine ersten Einsätze hat „Christoph 112“ bereits hinter sich. Seit etwa einer Woche steht der Rettungshubschrauber des Typs EC 145 T2 auf dem Gelände des Berufsgenossenschaftlichen (BG) Klinik in Ludwigshafen-Oggersheim für bundesweite Einsätze in Sachen Corona bereit. Fünf Mal hat er bereits das getan, wofür er aus dem Reservepool der ADAC Luftrettung zur Verfügung gestellt wurde: Patienten zu transportieren, die an Covid-19 erkrankt sind und in einer Fachklinik dringend intensivmedizinische Hilfe benötigen.
„Das ist eine fliegende Intensivstation“, beschreibt BG-Chefarzt Paul Alfred Grützner die Besonderheit des Fluggeräts. Und damit ist es das ideale Gerät, um Corona-Patienten schnell zum Versorgungsort zu fliegen. Es gebe eine deutliche Spezifikation dieser neuen Lungenerkrankung, beschreibt Grützner die besondere Problematik. Patienten zeigten einen überraschenden, sehr schnellen Verfall, weshalb sie zügig eine intensivmedizinische Behandlung benötigten. „Das kennen wir von anderen Viruserkrankungen nicht“, sagt Grützner. Während normalerweise ein Transport den Zustand des Patienten durchaus verschlechtern könne, sei bei „Christoph 112 „die maximale medizinische Versorgung möglich. „Hier fliegen auch nur speziell ausgebildete Intensivmediziner mit.
Auch für Notfallsanitäter Mario Hohenegger bedeutet die Maschine eine absolute Erleichterung. Es gebe sehr viel mehr Platz, um den Patienten während des Fluges versorgen zu können. Und da die Verlegung eines Covid-19-Patienten quer durch die Bundesrepublik mehrere Stunden dauern kann, kommt dieses größere Platzangebot sowohl dem Kranken als auch dem medizinischen Personal zugute. Der Aktionsradius des älteren Bruders und drei Meter kürzeren Christoph 5 beschränkt sich meist auf die Metropolregion, weshalb der Patienten-Platz ausreiche.
Der Stationsleiter des Luftrettungszentrums und Pilot Norbert Spohn hat 13 Einsätze in den vergangenen sechs Tagen geflogen, fünf davon waren Verlegungen von Covid-19-Patienten, in sieben Fällen ging es um anderweitige medizinische Notfalleinsätze. Auch dafür steht Christoph 112 zur Verfügung, sofern es keine Anforderung in Sachen Corona gibt.
Covid-Einsätze seien besonders zeitaufwendig, nicht zuletzt wegen der hohen Hygienestandards: Die komplette Besatzung, selbst der Pilot fliegt mit Vollschutz inklusive Masken und Handschuhen. Auch die Desinfektion nach dem Einsatz erfordert noch mehr Zeit als üblicherweise.
Leistungsfähige Luftretter
Dass Christoph 112 auf dem Gelände der BG Klinik stationiert wurde, hat mehrere Gründe. Zum einen gebe es hier eine sehr große Erfahrung und Leistungsfähigkeit im Zusammenhang mit der Luftrettung, sagt der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) bei der Vorstellung des Hubschraubers am Freitag in Ludwigshafen. Zum anderen steht hier eine räumlich getrennte, zweite Rettungswache für das Personal zur Verfügung. Erst vor kurzem war die Mannschaft von Christoph 5 in neue Räume gezogen, die alte Unterkunft konnte jetzt reaktiviert werden. Durch die räumliche Trennung der Teams bleiben die Mannschaften auch im Infektionsfall einsatzbereit.
Großes Lob erhält Lewentz, dass es „in unfassbar schneller Zeit“ binnen drei Tagen möglich gewesen sei, den zusätzlichen Rettungshubschrauber an den Start zu bringen, so Chefarzt Grützner. Die Politik habe bewiesen, dass sie handlungsfähig sei. Alles deute daraufhin: Diese Krise sei beherrschbar. Allerdings sei die Corona-Krise der „weltweite Stresstest für die Gesundheitssysteme, die Wirtschaft und auch die Freiheitsrechte“, mahnt der Arzt. „Wir werden mit dieser Erkrankung die nächsten Monate, vielleicht sogar Jahre leben müssen“, sagt er. Deshalb seien im Gesundheitssystem auf Corona spezialisierte Einheiten nötig: „Dann ist die Verlegekapazität entscheidend für den Erfolg der Behandlungen“.
Der neue Hubschrauber
- Die ADAC Luftrettung hat Christoph 112 (benannt nach der Notrufnummer) aus dem Reservepool ihrer Hubschrauberflotte nach Ludwigshafen entsandt.
- Er ist bis zum 30. September hier stationiert. Nach Bedarf kann dieser Zeitraum verlängert werden.
- Wegen seiner hohen Reichweite kann Christoph 112 in ganz Deutschland angefordert werden. Zuständig ist die Leitstelle Ludwigshafen.
- Flugzeiten sind derzeit zwischen 7 und 20 Uhr. Bei Bedarf kann Christoph 112 aber auch rund um die Uhr und damit auch nachts fliegen – allerdings nur dann, wenn Sichtflugbedingungen herrschen. bjz
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