Rhein-Neckar. Um 64,5 Prozent sind die Straftaten in Zusammenhang mit Cannabis im Bereich des Polizeipräsidiums Mannheim im Jahr 2024 zurückgegangen. Das geht aus der jüngsten polizeilichen Kriminalstatistik hervor. Das Präsidium ist für die Städte Mannheim und Heidelberg sowie für den Rhein-Neckar-Kreis zuständig. Dass der statistische Rückgang ein Effekt der Cannabis-Teillegalisierung ist, liegt auf der Hand. Seit April 2024, also seit ziemlich genau einem Jahr, ist der limitierte Besitz von Cannabis sowie der Anbau zum Eigenkonsum erlaubt.
Das Cannabiskonsumgesetz war und ist allerdings umstritten. Während die Bundesärztekammer und die Gewerkschaft der Polizei die Abschaffung der Teillegalisierung fordern, weil sie die Gefahr einer Verharmlosung der Droge sehen beziehungsweise „Unschärfen im Gesetz“ sowie „fehlende Kontroll- und Nachweismöglichkeiten“ kritisieren, sieht die „Neue Richtervereinigung“ (NRV) laut einem Artikel des Deutschlandfunk die Justiz allerdings entlastet.
Cannabis-Teillegalisierung: Mehr Belastung für Polizei in Mannheim und der Region?
Was das neue Gesetz aber nachweislich bewirkt hat, ist ein deutlicher Rückgang der Straftaten in diesem Bereich. Das wird auch bei den Zahlen des Polizeipräsidiums Mannheim deutlich: „In Heidelberg und im Rhein-Neckar-Kreis sank die Zahl der Rauschgiftdelikte um mehr als die Hälfte, in Mannheim war es knapp ein Fünftel“, bestätigt Polizeisprecher Michael Klump auf Anfrage.
„Folglich entfielen zahlreiche geringfügige Delikte im öffentlichen Raum“, so Klump weiter. Doch bedeutet dies im Umkehrschluss auch eine Entlastung für die Polizei? „Allein aus dem Rückgang der Rauschgiftdelikte beim Polizeipräsidium Mannheim ließe sich schließen, dass eine Entlastung stattgefunden hat“, sagt Klump. Inwiefern sich das in der Praxis ebenso darstelle, lasse sich derzeit aber noch nicht abschließend bewerten.
Cannabiskonsumgesetz
In Deutschland gibt es geschätzt 4,5 Millionen Cannabis-Konsumenten . Die Zahl hat sich in den vergangenen 15 Jahren ungefähr verdoppelt. Die meisten Konsumenten sind junge Erwachsene zwischen 18 und 25 Jahren .
Seit der Teillegalisierung dürfen Erwachsene 25 Gramm bei sich haben, 50 Gramm zu Hause lagern und bis zu drei Pflanzen selbst anbauen.
Konsumenten können die Droge auch über sogenannte Cannabis Social Clubs beziehen. Das sind nicht kommerzielle Vereine, die den gemeinschaftlichen Anbau von Cannabis in begrenzten Mengen organisieren, um den persönlichen Bedarf der Mitglieder zu decken. Jeder Club darf maximal 500 Mitglieder aufnehmen.
In Rheinland-Pfalz wurden laut des zuständigen Landesamts für Soziales, Jugend und Versorgung bisher 22 Anträge von Social Clubs bewilligt. Darunter auch Anbauvereinigungen in Ludwigshafen , Worms sowie in den Landkreisen Bad Dürkheim und Südliche Weinstraße.
Im Kreis Bergstraße wurde noch kein Antrag auf Gründung einer Anbaugemeinschaft gestellt. Insgesamt wurden in Hessen bislang 36 Clubs beantragt und sieben bewilligt.
In Baden-Württemberg wurden aktuell 96 Anträge gestellt, 17 Clubs haben bereits Genehmigungen erhalten. Darunter eine in Mannheim .
Für Autofahrer gilt seit dem 22. August ein neuer THC-Grenzwert von 3,5 Nanogramm je Milliliter Blut . Wer mit mehr erwischt wird, riskiert 500 Euro Bußgeld, einen Monat Fahrverbot und zwei Punkte. Ist dabei zusätzlich noch Alkohol im Spiel, drohen 1000 Euro Bußgeld und ebenfalls ein Monat Fahrverbot sowie zwei Punkte.
In der zweijährigen Führerschein-Probezeit und für Fahrer unter 21 Jahren gilt ein striktes Cannabis-Verbot .
Verkauf und Einfuhr von Cannabis sind nach wie vor nicht erlaubt .
Auch sei bislang keine erhöhte Belastung durch Kontrollen bezüglich der Einhaltung der Konsumregeln im öffentlichen Raum erkennbar. „Ein erhöhter Kontrollaufwand durch die Überwachung der Konsumverbotszonen ist in der Breite nicht festzustellen, da die Gewährleistung der Sicherheit im öffentlichen Raum auch bereits vor der Einführung des Gesetzes ein elementarer Bestandteil der polizeilichen Arbeit war und die entsprechenden Bereiche durch die Streifentätigkeiten abgedeckt wurden“, erklärt der Polizeisprecher.
Durch das Konsumgesetz ist es nun ebenfalls straffrei, bis zu 25 Gramm Marihuana für den „Eigenbedarf“ bei sich zu haben – der Handel mit „Gras“ bleibt aber weiterhin verboten. Das stellt die Polizei vor ein Problem: Ist die Menge im Besitz eines Kontrollierten tatsächlich für den eigenen Konsum gedacht, oder wird sie vielleicht in Verkaufsabsicht mitgeführt?
„Diese Frage ist für die Polizei regelmäßig nur schwierig zu beantworten“, sagt Klump. Oftmals sei nicht nur die gefundene Menge entscheidend, sondern vielmehr eine Vielzahl verschiedener „polizeilich festzustellender Verdachtsindikatoren“. Das könne beispielsweise das vor der Kontrolle beobachtete Verhalten einer Person oder das Auffinden „tatrelevanter Gegenstände“ sein. Ob es hinreichende Verdachtsmomente für das tatsächliche Vorliegen einer Straftat gebe, entscheide dann jeweils die zuständige Staatsanwaltschaft.
Cannabiskonsumgesetz: Anstieg berauschter Autofahrer derzeit nicht zu erkennen
Wenn jetzt legal gekifft werden darf, liegt die Vermutung nahe, dass sich auch mehr Menschen unter Drogeneinfluss hinter das Steuer ihres Autos setzen. Mit der Teillegalisierung ging auch eine Erhöhung des erlaubten Grenzwertes einher: Ab 3,5 Nanogramm je Milliliter Blut gilt ein Autofahrer als beeinflusst.
Mit der Erhöhung des Grenzwertes wurden auch neue Tests bei der Polizei eingeführt. „Diese zeigen aber keinen Wert an wie bei einer Atemalkoholmessung, sondern lediglich den neuen relevanten Grenzwert“, präzisiert Klump.
Explizit verstärkt habe die Polizei ihre Kontrollen diesbezüglich zwar nicht, kontrolliere aber ohnehin im Straßenverkehr schon seit langem „mit hoher Frequenz“. Dabei – und insbesondere auch bei Großveranstaltungen – liege ein besonderes Augenmerk immer auf Autofahrern, die berauscht unterwegs sind. „Ein grundsätzlicher statistischer Anstieg ist nach hiesiger Einschätzung aber nicht zu erkennen“, sagt der Polizeisprecher.
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