Kultur - Kurpfälzer Künstler präsentiert Vorgeschmack auf sein erstes Album in seinem Heimatdialekt

EM-Song „Gibt’s do net“: Gringo Mayer rechnet ab

Von 
Stephan Alfter
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Rhein-Neckar. Die Kurpfalz hat ihren eigenen inoffiziellen EM-Song – und zwar mit allem, was dazu gehört – mit wirklich hässlichen Frisuren, mit einer absolut unterirdischen Klamottenauswahl und mit einem ziemlich fabelhaften Sänger. Tim G. Mayer alias Gringo Mayer hat mit „Gibt’s do net“ total pünktlich zum zweiten Gruppenspiel der Deutschen an diesem Samstag gegen Portugal eine kleine musikalische Abrechnung mit dem Fußballgeschäft vorgelegt. Vorweg gesagt: es ist nicht der akademische Blick, der den Wahl-Mannheimer in seinem Lied leitet. Es ist eher die Perspektive eines etwas abgehalfterten Liebhabers, der auf eine Frau blickt, die sich immer weiter von ihm entfernt.

„Ihr seid alle überbewertet“, hält er den Fußball-Profis vor, und was er über den Weltverband Fifa denkt, darüber schweigt er auch nicht. Dass er das heute alles auf Kurpfälzisch besingt, beschreibt indessen eine Entwicklung des Künstlers, die einige Jahre gedauert hat.

Gringo Mayer ist in der Region bereits bekannt. In seiner Heimatstadt Ludwigshafen war er mit seinem Bandprojekt „Die Felsen“ eine echte Nummer, bevor er sich in den vergangenen zwei Jahren immer öfter gefragt hat, wer er als Musiker sein möchte. Das funktionierte wie bei „Wer wird Millionär?“ manchmal auch über das Ausschließen anderer Optionen.

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„Ich bin kein Tim Bendzko“

„Ich bin kein Tim Bendzko“ konnte sich Mayer schließlich eingestehen. Nicht zuletzt sein Look mit einigermaßen ausgelatschten Westernstiefeln brachte ihm mit den Jahren den Spitznamen „Gringo“ ein. Dann zog sich der kurpfälzische Cowboy in eine abgelegene Hütte in der Nähe von Freiburg zurück und stellte in der Abgeschiedenheit fest, dass die Art, wie er spricht, zu seiner Identität gehört und dass er nun auch in seiner „Muttersprache“ singen möchte. Weg vom rockigen Deutsch-Pop, hin zu einer Art Musik, die ihn als Songwriter mit Wurzeln in der Pfalz beschreibt. „Das Hochdeutsch-Gesinge hat mir keinen Spaß mehr gemacht. Das, was ich jetzt mache, fühlt sich richtig an“, sagt er, grenzt sich aber bewusst von „altbackener“ Heimatmusik ab. Relevant sollen die Inhalte seiner Lieder sein – gerne mit etwas schwarzem Humor und ein bisschen mit Blues. Inspirieren lässt er sich ganz gerne von Austropop, also österreichischer Dialektmusik – von Acts wie Voodoo Jürgens oder Nino aus Wien. So etwas würde er gerne im Südwesten auch etablieren – eine Szene, die sich als regional und zeitgemäß sieht. Dass er große Stücke auf die verstorbene Joy Fleming hält, ist kein Geheimnis geblieben. Wie Fleming hat er einen Titel „Monnemer Dreck“ genannt – ohne dass er von dessen vorheriger Existenz schon etwas wusste.

Eine Reminiszenz an eine Zeit, in der der deutsche Schlager seine Blütezeit erlebt, ist das Video, das zu Gringo Mayers Song produziert worden ist. Seine Finger im Spiel hatte sichtbar Mario Conte, der schon in der Produktion der inzwischen zum Kultfilm gewordenen Doku „Kings of Kallstadt“ mit Simone Wendel in der „Hauptrolle“ die Fäden in der Hand hielt. Mit Gerry Brosius war überdies ein nicht ganz unbekannter Produzent mit im Team.

Gebürtiger Ludwigshafener

Tim G. Mayer wurde 1988 in Ludwigshafen geboren und besuchte dort das Theodor-Heuss-Gymnasium, auf das später auch der Rapper Apache 207 gegangen ist.

Nach dem Zivildienst begann er zunächst auf Grund- und Hauptschullehramt zu studieren, ehe er eine Ausbildung zum Mediengestalter absolvierte.

Mit der Formation Die Felsen trat Mayer Ende 2010 erstmals auf. Die Band stellte 2015 ihre musikalische Arbeit ein.

Anschließend gründete Mayer „Gringo Mayer“.

„Deutschland gewinnt“

Die Crew mimt einen Auftritt in der Hitparade des Zweiten Deutschen Elektrischen Fernsehens. Der Moderator (Stefan Hillebrand), der nicht ganz zufällig an Dieter-Thomas Heck erinnern sollte, ist für das Einsammeln der Stimmen via Wählscheiben-Telefon zuständig. Gringo Mayer tritt im übergroßen Anzug und mit breitem Hemdkragen auf die Bühne, während hinter ihm eine angedeutete Nationalmannschaft den Betrachter an die Auftritte jener Zeit mit Peter Alexander oder später Udo Jürgens denken lässt. „Deutschland wird Europameister“, ist Mayer überzeugt.

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

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