Ludwigshafen/Frankenthal. Das gereinigte Abwasser, das aus der Kläranlage in den Rhein fließt, hat selbst bei Minustemperaturen wie in den vergangenen Tagen eine Temperatur von um die 20 Grad. Im Sommer können es auch locker zwei Grad mehr sein. Bislang ist das Wasser einfach in den Rhein geflossen, ohne die Abwärme zu nutzen.
Jetzt wollen die BASF, die Technischen Werke Ludwigshafen (TWL) und die Stadtwerke Frankenthal diese Temperaturen verwerten, um damit das Fernwärmenetz in Ludwigshafen und Frankenthal kräftig auszubauen. Möglich machen soll dies eine hocheffiziente Abwasserwärmepumpe.
Der Antrieb für das Projekt ist die Wärmewende, die die Städte und Landkreise vor eine gigantische Aufgabe stellt. „Bis zum Jahr 2045 müssen die Städte und Gemeinden bundesweit zu 100 Prozent CO2-neutral sein. Dieses Ziel ist in Stein gemeißelt“, sagt der kaufmännische Vorstand der TWL, Dieter Feid.
22 Prozent der beheizten Gebäude in Ludwigshafen am Fernwärmenetz angeschlossen
Schon jetzt sind 22 Prozent der beheizten Gebäude in Ludwigshafen an das bestehende Fernwärmenetz angeschlossen. Im Wortsinne befeuert wird dieses Netz von der Abfallverbrennung des Ludwigshafener GML-Müllheizkraftwerks.
Und auch die Klärschlammverbrennung in der Kläranlage – die Abgasfahne ist weithin sichtbar – nutzt die BASF schon seit 1992, um den Ludwigshafener Stadtteil Pfingstweide sowie die Justizvollzugsanstalt im Frankenthaler Stadtteil Mörsch und eine Schule zu beheizen. „Aber wir haben eben noch mehr Wärmequellen in der Kläranlage“, sagt Tilmann Hezel, als Senior Vice President für die Infrastruktur der BASF in Ludwigshafen verantwortlich.
Für den Ludwigshafener Baudezernenten Alexander Thewalt hat dieser Plan neben dem energetischen auch einen ökologischen Nutzen. „Die Flüsse in Europa sind ohnehin viel zu warm“, mahnt er. Und wenn nun die drei beteiligten Unternehmen dem Abwasser die Wärme entziehen, wird der Rhein an dieser Stelle auch nicht mehr so aufgeheizt wie bisher.
BASF, TWL und Stadtwerke Frankenthal prüfen Rentabilität des Vorhabens
Das sei konkreter Umweltschutz, der sich plötzlich auch rechne, nachdem die fossilen Energieträger wie Öl und Gas nicht mehr zum Dumpingpreis zur Verfügung stünden, meint Thewalt. Weiterer Vorteil: Weil das Abwasser mit 20 Grad Celsius schon relativ energiereich ist, braucht es nicht allzu viel Strom, um mit der Wärmepumpe das heiße Wasser zu erzeugen und in die Leitungen zu drücken.
Allerdings ist das Projekt noch längst nicht in trockenen Tüchern. Deshalb winden sich die Verantwortlichen um konkrete Aussagen herum, was Kosten und Preise für die Endkunden bedeutet. In diesem Jahr wollen BASF, TWL und Stadtwerke Frankenthal zunächst einmal durchrechnen, ob und zu welchen Konditionen sich der Ausbau des Fernwärmenetzes lohnen würde. Die Machbarkeitsstudie soll bis Ende 2024 fertig sein. Dann werde man endgültig entscheiden. Die Beteiligten sind jedoch optimistisch, dass sich das Projekt rechnet, zumal alle drei Unternehmen die Kosten gemeinsam stemmen würden.
Insgesamt, schätzt Feid, würde der Ausbau einen dreistelligen Millionenbetrag kosten – es wäre die größte Investition für die TWL überhaupt, bestätigt der Vorstand des Ludwigshafener Versorgers auf Nachfrage. Dazu gibt der Bund voraussichtlich allerdings einige Zuschüsse. Für die Kunden bedeutet das, dass sie – wenn sie sich an die 100-prozentig CO2-freie Fernwärmeversorgung anschließen lassen würden – die Heizung herausreißen könnten und einen Kellerraum gewännen. Fernwärme benötigt nämlich nur einen nicht allzugroßen Wärmetauscher und ein wenig Messtechnik. Das war’s.
Rund 18.000 weitere Haushalte könnten Fernwärme bekommen
Für das Projekt würde eine Leitung von der Kläranlage in Richtung Süden gebaut werden, etwa zehn Kilometer lang und knapp 70 Zentimeter dick. Die Zahl der potenziellen Abnehmer schätzen die Planer auf rund 18 000 Haushalte. Versorgt würde damit neben dem bestehenden Netz zusätzlich auch Ludwigshafen-Oggersheim und das angrenzende Gewerbegebiet mit zahlreichen Abnehmern. Schließlich muss sich die Leitung auch lohnen.
Außerdem würde Frankenthal ein ganz neues Fernwärmenetz bekommen und sich an die Leitung anschließen können. Ein weiterer Vorteil: Im Gegensatz zur Wärmepumpen-Heizung, die ein gut isoliertes Haus benötigt, um wirtschaftlich zu arbeiten, würde die Fernwärme auch in Altbauten funktionieren. „Die Hausbesitzer und Mieter bräuchten sich nie wieder Gedanken um den CO2-Ausstoß ihrer Heizung und die entsprechenden Abgaben zu machen“, sagt Dieter Feid, „Fernwärme ist ein tolles Produkt“.
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